BERLIN (BLK) - Klaus-Dieter Lehmann, der Präsident des Goethe-Instituts, wird am 1. März (Montag) 70 Jahre alt. Er kam am 29. Februar 1940 zur Welt und hat deshalb nur jeweils in einem Schaltjahr einen „richtigen“ Geburtstag. In einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin sagt der Kulturmanager, welche Chancen er trotz der Vorherrschaft des Amerikanischen für die deutsche Sprache sieht und was auswärtige Kulturpolitik zur Krisenprävention tun kann. (dpa/wer)
Frage: Macht es überhaupt noch Sinn, neben Englisch auch Deutsch zu lernen?
Lehmann: „Natürlich können wir das Englische nirgendwo toppen. Englisch ist die Weltsprache, und in der Zeit der Globalisierung brauchen wir eine lingua franca als gemeinsame Verkehrssprache. Aber wir haben uns in der Vergangenheit vom Englischen zu sehr beeindrucken lassen. Inzwischen gibt es hunderttausende junge Menschen, die in unseren Schulprogrammen etwa in Indien, Südamerika, Afrika, Mittel- und Osteuropa wieder Deutsch lernen. Sie haben damit gute Berufschancen bei im Ausland tätigen deutschen Firmen. Oder sie können zu uns zum Studieren kommen. Auch in der Literatur und Philosophie kann das Deutsche wieder einen größeren Stellenwert bekommen. Und schließlich hat die Politik zum Glück ja erkannt, dass die deutsche Sprache auch der Schlüssel zur Integration ist.“
Frage: Kann Ihre Arbeit zu einer friedlicheren Welt beitragen?
Lehmann: „Der Kulturdialog kann nicht allein Vorurteile, Ungerechtigkeiten und fundamentalistische Auffassungen aus der Welt schaffen, aber ohne ihn geht es ganz sicher nicht. Wichtig ist allerdings, dass wir mit Offenheit auf andere zugehen - nicht nach dem Motto: Wir wissen schon alles und zeigen Euch, wie es geht. Wir verstehen unsere Arbeit als eine Lerngemeinschaft, bei der beide Seiten sich einbringen können und den anderen zum Nachdenken anregen. Dabei muss man viel Geduld haben, kurzfristige Erfolge gibt es nicht.“
Frage: Wie stark herrscht im Ausland noch das Bild vom „bösen Deutschen“ vor?
Lehmann: „Das ist weitgehend verschwunden. Man nimmt den Deutschen inzwischen ab, dass sie das Nachdenken über ihrer eigene Vergangenheit sehr ernsthaft betrieben haben. Das ist uns in der Außensicht offensichtlich gut und glaubhaft gelungen. Und weil wir uns so intensiv mit diesem barbarischen Ereignis befasst haben, wird uns auch eine Sensibilität zugeschrieben für die Gewalt, die es in der Welt andernorts gibt. Zudem stehen bei uns - anders als etwa bei den USA oder China - die wirtschaftlichen Interessen nicht an erster Stelle, die Kultur hat ihren eigenen Stellenwert. Diese Unabhängigkeit gibt uns Glaubwürdigkeit.