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Lehrer schreibt Schulsatire

„Föhn mich nicht zu“ ist das neue Werk des Jungautors Stephan Serin

© Die Berliner Literaturkritik, 04.05.11

SERIN, STEPHAN: Föhn mich nicht zu, rororo. Berlin 2011, Taschenbuch, 256 S., 9,95 €.

Von Luisa Jacobs

Bernhard Bueb, Ursula Sarrazin, Amy Chua - sie alle wissen ein Lied zu singen über das Spar-Vokabular der Jugendlichen und die Zappelphilippe in den Schulklassen. Mit dem Buch „Föhn mich nicht zu“ mischt nun der Junglehrer Stephan Serin beim Untergangsszenario der Bildungsapokalyptiker auf seine eigene Art mit. „Mein Unterricht war ein täglicher Kampf um das Einhalten sprachlicher Minimalstandards“, schreibt der 32-Jährige.  

In Serins Erstlingswerk stehen Referendare und Lehrer einer anarchischen Schülerherde gegenüber. Pädagogen werden bedroht, Schüler erscheinen nicht zum Unterricht, Jugendliche kommunizieren nur noch mit minimalem Aufwand. „Hast du U-Bahn? - Hab Bus! – Binisch auch Bus. - Weißt du gestern? - Nee, weiß nisch.“ Und das alles auf einem Gymnasium in Berlin-Mitte.

Bewusst vermischt Serin ernste Vorfälle, die sich tatsächlich so ereignet haben, mit stark überzeichneten, fiktiven Konflikten. Er wurde tatsächlich von einem Schüler bedroht, doch die Geschichte über den starken Murat, den der eingeschüchterte Serin aus Angst bedingungslos bevorzugt, ist frei erfunden. Der Wechsel zwischen Realität und Fiktion ist allerdings verwirrend. Mal scheint Serin den ernsten Hintergrund der Vorfälle zu verharmlosen, mal sind die Schilderungen so übertrieben, dass sie selbst an deutschen Problemschulen kaum vorstellbar sind.

Man darf mein Buch nicht zu ernst nehmen“, warnt der Jungautor. Vieles sei überspitzt, manches habe er tatsächlich erlebt, andere Anekdoten stammten von Kollegen. Serin spielt mit den Ängsten und dem Rollenkonflikt eines angehenden Lehrers. „Am Anfang waren die Texte eine Art Therapie“, erinnert er sich. Letztlich wolle er aber vor allem unterhalten. Die Wirkung der Texte hat der Autor auf der Berliner Lesebühne „Chaussee der Enthusiasten“ erprobt. Den Zuschauern gefiel es. Die Schwierigkeiten hat Serin dabei bewusst in den Vordergrund gerückt: „Wenn immer alles glatt läuft, ist das doch langweilig.“

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Anders als etwa der frühere Salem-Direktor Bueb oder die Grundschullehrerin Ursula Sarrazin sieht sich der in der DDR geborene Serin nicht als öffentlicher Mahner. Mit Kritik und Erziehungs-Ratschlägen hält er sich zurück. Schließlich unterrichtet er erst wenige Jahre und könne die Leistung der Schüler nicht im Längsschnitt bewerten. Die frühe Trennung der Kinder nach der Grundschule hält er aber für falsch, ebenso wie das Abitur in zwölf Jahren. Der Zeitdruck nehme Lehrern und Schülern die nötigen Freiheiten. Auch die Erziehungsideale der amerikanischen „Tigermutter“ Amy Chua seien falsch: „Es bringt nichts, Kinder zu dressieren. Kinder brauchen Spiel und Freiraum.“

In seinem zweiten Buch will Serin über die Zeit nach dem Referendariat und über den Kampf um die Festanstellung schreiben. Der Erzähler wird darin vermutlich resigniert nach Hamburg wechseln – wie viele Lehrer, denn in Hamburg werden sie noch verbeamtet. Serin selbst will in Berlin bleiben. „Aber man weiß ja nie, was die Zukunft bringt.“

Weblink: rororo


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