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Lessings Locke und andere Raritäten

Am 31. Januar eröffnet das Kamenzer Lessing-Museum eine Dauerausstellung

© Die Berliner Literaturkritik, 28.01.11

Von Jörg Schurig
KAMENZ (BLK) - Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781) ist so etwas wie der Ober-Aufklärer in Deutschland. Mehr als 1.200 Straßen und Plätze tragen hierzulande seinen Namen. In 40 Sprachen wurde das Werk des Dichters übersetzt. Sein Drama „Nathan der Weise“ war lange Pflichtlektüre an Schulen, die „Hamburgische Dramaturgie“ gilt als Wegbereiter des deutschen Nationaltheaters. Lessings Wurzeln liegen in Kamenz in der sächsischen Provinz. Am 31. Januar eröffnet hier das bundesweit einzige Lessing-Museum seine neue Dauerausstellung. Als Verfechter religiöser Toleranz ist der Namensgeber auch 228 Jahre nach Uraufführung des „Nathan“ hochaktuell. 

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1984 hatte das Museum letztmals seine Ausstellung neu geordnet.«In der Zwischenzeit erbrachte die Forschung neue Erkenntnisse», begründet Museumsdirektorin Sylke Kaufmann den Wechsel. „Es gibt Aspekte in Lessings Leben, die erst in den vergangenen Jahren verstärkt eine Rolle spielten, so seine Italienreise 1775.“ Damals besuchte er auch Livorno. Die toskanische Stadt war zum Freihafen erklärt worden und ein Ort von seltener Toleranz. Synagoge, Moschee und Kirche - alle waren gleichberechtigt. Heute gehen Forscher davon aus, dass dieser Eindruck zur Initialzündung für den „Nathan“ mit seiner Ringparabel wurde.

Fortan kann man Lessing im Museum auf zwei Wegen ergründen. Ein «äußerer Pfad» geht seiner Biografie nach, ein Kubus im Inneren des Raumes widmet sich ausgewählten Werken. Die angrenzende „Bibliothek der schwebenden Bücher“ zeigt den Meister samt Bänden auf einem Deckengemälde im Dichterhimmel - der Raum thematisiert die Lessing- Rezeption bis hin zu Übersetzungen ins Japanische. Später einmal soll das ganze Haus, in dem derzeit auch die Stadtbibliothek residiert, Lessing gehören. Die obere Etage ist dann für Sonderausstellungen gedacht. Lessings Geburtshaus war 1842 bei einem Brand zerstört worden, 1931 baute man ihm ein Museum.

Was wäre eine Ausstellung ohne die kleinen Sensationen. Die Kamenzer haben beispielsweise eine Locke ihres großen Sohnes zu bieten. Zweifel an deren Herkunft hat Sylke Kaufmann nicht. „Die Locke stammt aus dem Besitz von Lessings Stieftochter Amalie König und ist in der Familie weitervererbt worden. Aus diesem Kreis heraus wurde sie uns angeboten“, erzählt die Direktorin und geht von einer „relativ klaren Beweislage“ aus. Genetisch will sie die Haare aber lieber nicht überprüfen lassen. „Reliquien sollte man nicht mit naturwissenschaftlichen Mitteln untersuchen“, lächelt die Museumschefin.

Klar, ein bisschen Zauber muss auch beim Aufklärer Lessing sein. Kinder dürfte ein ausgestopfter Feldhamster interessieren. „Ein Totfund“, baut Kaufmann potenziellen Nachfragen von Tierschützern vor. In der Ausstellung illustriert er die Fabel vom Hamster und der Ameise. Bisher kann das Museum nur einen Bruchteil seiner Schätze zeigen. Etwa 5.000 Bücher, 700 Gemälde, Stiche und andere Kunstobjekte sowie Material zu Lessing-Aufführungen im Theater haben die Kamenzer gesammelt. Im Juni 2010 schenkte ein Privatmann dem Museum einen Taschenkalender mit Illustrationen von 1776. Das kostbare Stück stammt aus dem Jahr von Lessings Eheschließung mit Eva König.


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