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Letzter Ayla-Band erscheint

MacGyver der Steinzeit – „Ayla und das Lied der Höhlen“

© Die Berliner Literaturkritik, 09.06.11

AUEL, JEAN M.: Ayla und das Lied der Höhlen. Heyne Verlag, 1120 S., 27,99 €.

Von Oliver Hollenstein

Alles begann damit, dass Jean M. Auel nicht einschlafen konnte. Es war im Winter 1977, als die Amerikanerin auf die Idee kam, eine Kurzgeschichte über eine junge Frau zu schreiben. Aus der Kurzgeschichte wurden sechs Bücher, aus der jungen Frau Ayla wurde ein Urmenschen-Mädchen, das unter Neandertalern aufwächst und als Fremde in beiden Welten ihren Platz im Leben finden muss. Mehr als 45 Millionen Mal verkauften sich die ersten fünf Ayla-Bände weltweit. Nun erscheint der letzte Band: „Ayla und das Lied der Höhlen“.

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Zum Serienfinale bleibt sich die Autorin treu: Auf 1120 Seiten macht Ayla das, was sie auch in den ersten fünf Bänden macht. Als eine Art Urzeit-MacGyver reist sie durch die Welt, erfindet allerhand nützliche Dinge, muss böse Intrigen überstehen, viele Menschen kennenlernen und - sie ist nun in der Ausbildung zur Heilerin -rituelle Gedenkstätten besichtigen. Ein ausgedehnter Drogentrip, leidenschaftlicher Sex, rasende Eifersucht und harmonische Versöhnung dürfen auf dem Weg natürlich nicht fehlen.

Es wäre einfach, Auels Geschichten als seichten Kitsch abzutun - und ungerecht. Was Millionen Fans fasziniert, ist nicht, was in ihren Geschichten passiert. Es ist die Welt, in die sie die Leser entführt. Das Leben vor rund 30.000 Jahren, das unserem heutigen Leben gleichzeitig so fern und doch so nah ist. Auels Urmenschen sind keine grobschlächtigen Halbaffen, sondern reflektierte Erwachsene, die denken und fühlen wie wir - und die mit den selben Problemen kämpfen: Eifersucht, Sinnsuche, Diskriminierung, Erfolgsdruck, Alkoholismus.

Ist das nicht etwas unrealistisch? Auel lacht und ihre Augen beginnen zu leuchten. „Unser Bild von Urmenschen ist leider von Hollywood-Klischees geprägt. Die Wissenschaft sieht das ganz anders“, erzählt die Autorin in einem Londoner Hotel. Mit ihrem runden Gesicht, ihrer großen Brille und ihrem Halstuch wirkt die 75-Jährige, als würden ihre fünfzehn Enkel und acht Urenkel gleich nebenan auf die Oma warten, damit sie ihnen endlich noch eine Geschichte erzählt.

  „Unsere Vorfahren haben sich um Behinderte und Schwache Gekümmert“, sagt Auel. Das sei wissenschaftlich erwiesen. Ebenso, dass es keine Kriege gab damals und dass die Medizinmänner schon erstaunliche Dinge konnten. „Die Urmenschen waren keine blutrünstigen Primitiven. Sie waren Menschen wie wir.“

Seit sie vor mehr als 30 Jahren ihren ersten Roman schrieb, ist Auel mit ihrer akribischen Recherche in der Wissenschaft zur anerkannten Urzeit-Expertin geworden. Für ihre Bücher hat sie Unmengen Literatur gewälzt. Sie hat Überlebenstrainings in der Wildnis gemacht, gelernt wie man Fell zu Leder macht und Naturheiler befragt. Die Höhlen, die sie beschreibt, hat sie - „selbstverständlich“ -  alle besucht.

Es ist dieses schier unerschöpfliche Wissen, das Leser auch beim sechsten Ayla-Band immer wieder in Erstaunen versetzt: Die Mischung aus detaillierter wissenschaftlicher Beschreibung und Fiktion erweckt eine Welt zum Leben, die vielleicht wirklich so gewesen sein könnte. Ausführlich beschreibt Auel, wie die Urmenschen auf Jagd gehen, ihre Hütten bauen oder Kranke versorgen.

Jedermanns Sache dürfte Auels Buch aber nicht sein. Der ungeduldige Leser des 21. Jahrhunderts dürfte Mühe haben, sich für die Detailfülle zu begeistern. Auch die zahlreichen Redundanzen erfordern bisweilen Geduld. Die Millionen Fans von Ayla werden solche Kleinigkeiten dagegen kaum aufhalten. Sie lieben Auel gerade dafür: Die Ayla-Serie ist eine Historien-Soap vor atemberaubender Kulisse.

 

 

Interview: Oliver Hollenstein

LONDON (BLK) - Vor mehr als 30 Jahren veröffentlichte Jean M. Auel ihre erste Geschichte über das Steinzeitmädchen Ayla. Drei Millionen Mal verkauften sich die Geschichten der mutigen Steinzeitfrau auf der Suche nach ihrem Platz im Leben allein in Deutschland. An diesem Dienstag (29.3.) wird - sehnsüchtig erwartet von Fans in aller Welt - der letzte Band veröffentlicht. Im Interview mit der Nachrichtenagentur dpa erzählt die 75-jährige Autorin, wie man über die Steinzeit schreibt und wie es sich anfühlt, nach 30 Jahren die eigene Heldin zu verabschieden.

Ihre Bücher spielen vor rund 30.000 Jahren und erzählen die Geschichte einer jungen Frau in der Welt von Urmenschen und Neandertalern. Wie sind sie auf die Idee gekommen, gerade über die Steinzeit zu schreiben?

Auel: „Ich habe mit 18 geheiratet und fünf Kinder bekommen, bevor ich 25 war. Irgendwann waren die Kinder aus dem Haus, mein Studium abgeschlossen - und ich hatte Zeit. Eines Abends kam mir diese Idee: für eine Kurzgeschichte. Ich wollte über eine junge Frau schreiben, die mit Menschen zusammenlebt, die anders sind als sie selbst. Ich habe mich dann an meine Schreibmaschine gesetzt, aber um ein oder zwei Uhr morgens dachte ich: Das macht Spaß, aber ich habe keine Ahnung, worüber ich hier schreibe. Am Morgen habe ich dann in ein Lexikon geschaut und entdeckt: Es gab tatsächlich eine Zeit, in der es zwei verschiedene Arten von intelligenten Menschen gab.“

Ihre Urmenschen denken und fühlen wie moderne Menschen. Glauben Sie nicht, dass die Menschen in der Steinzeit eher mit Überleben beschäftigt waren als mit Liebe, Eifersucht und Saufgelagen?

Auel: „Heute lernen wir schreiben. Die Steinzeitmenschen haben gelernt, wie man in der Wildnis überlebt. Das heißt aber nicht, dass sie weniger menschlich waren als wir. Unser Bild von Urmenschen ist leider von Hollywood-Klischees geprägt. Die Wissenschaft sieht das ganz anders. Die Urmenschen sind unsere Ur-Ur-Ur-Ur-Großeltern. Sie hatten Mitgefühl und haben für Schwache und sogar für Behinderte gesorgt. Sie waren keine blutrünstigen Primitiven.“

Sie bereiten sich mit wissenschaftlicher Akribie auf ihre Bücher vor. Wie viel in ihren Geschichten ist Wissenschaft, wie viel Fiktion?

Auel: „Die Wissenschaft gibt mir den Hintergrund und ich baue darum meine Geschichten. Ich habe beispielsweise von einem Neandertaler-Skelett gelesen. Der Mann war schon von früher Jugend an blind auf einem Auge, ein Arm war amputiert. Er war ein Krüppel. Das sind die Fakten. Ich habe dann weiter gedacht: Er konnte nicht jagen mit seiner Gruppe. Wer kümmert sich um einen Krüppel? Vielleicht jemand, der ihn geliebt hat. Und so habe ich meinen eigenen Neandertaler-Clan geschaffen. Wissenschaftler sind objektiv, sie müssen beweisen. Ich bin subjektiv. Ich kann die Lücken des Puzzles mit meiner Fantasie ausfüllen.“

Wie reagieren Wissenschaftler auf ihre Bücher?

Auel: „Sehr positiv. Ich glaube, sie mögen die Tatsache, dass ich die menschliche Seite der Urmenschen zeige. Ich habe mal einen Brief von einem tschechischen Paläontologen bekommen. Er hat mir schrieben: "Wie kann es sein, dass jemand der auf der anderen Seite der Welt lebt, so über diese Menschen schreibt, wie ich mir sie vorstelle?"“

Sie haben in mehr als 30 Jahren sechs Bücher, Hunderttausende Wörter über ihre Heldin Ayla geschrieben.

Auel: „Rund 1.750.000 Wörter, um genau zu sein.“

Was ist Ayla für sie?

Auel: „Sie ist vermutlich eine Freundin. Eine Freundin, die ich gerne hätte. Ich kenne sie besser als viele meiner realen Freunde. Und ichwerde sie vermissen.“

Für das letzte Buch haben sie neun Jahre gebraucht.

Auel: „Ja, das tut mir leid. Irgendwie ist immer wieder das Leben dazwischen gekommen. Ich habe fünf Kinder, fünfzehn Enkel, acht Urenkel. Ich will manchmal ins Kino gehen oder verreisen. Und ich bin 75 Jahre alt. Da fällt es mir einfach schwerer, mich so viele Stunden zu konzentrieren. Aber vielleicht bin ich auch nur faul geworden.“

Ist der neue Band definitiv der letzte der Serie?

Auel: „Die Geschichte hat ein gutes Ende. Ich bin zufrieden. Aber ich würde nicht sagen, dass es definitiv der letzte Band ist. Ich habe noch nicht entschieden, was ich als nächstes mache. Vielleicht mache ich einen langen Urlaub. Aber es gibt immer Möglichkeiten, wie die Geschichte weitergehen könnte.“

Vielleicht noch einmal ein Buch zu einem anderen Thema?

Auel: „Vielleicht auch das. Der Beginn der Landwirtschaft ist ein interessantes Thema. Warum sind die Menschen nach Millionen Jahren des Herumziehens als Jäger und Sammler sesshaft geworden? Warum haben sie plötzlich Zäune um ihre Tiere gebaut? Mal schauen.“

Weblink: Heyne Verlag


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