Von Susanne Schmetkamp
KÖLN (BLK) - Als hätten sie es geahnt: Passend zum Skandal um Plagiator Karl-Theodor zu Guttenberg stellt die Lit.Cologne Fragen zur Moral. Das Gute und das Schlechte im Menschen, seine Rechte und Werte, Anstand und Schuld sind Themen gleich mehrerer Veranstaltungen des Literaturfestivals, das am Mittwoch (16. 3.) in Köln beginnt. Den Auftakt macht die Jubiläumsveranstaltung „Amnesty International - 50 Jahre Einsatz für die Menschenrechte!“. Insgesamt bietet das Festival an elf Tagen 162 Veranstaltungen rund um die Literatur, darunter auch 68 Lesungen für Kinder.
„Ich glaube, es ist kein Zufall, dass gerade jetzt mehr Bücher zum Thema Moral erscheinen“, sagt Rainer Osnowski, einer der drei Geschäftsführer des Festivals. Die Bankenkrise habe die Welt erschüttert. „Nun will man die Menschen wieder zur Vernunft bringen.“ Bücher wie „Die Kunst, kein Egoist zu sein“ des Bestseller-Autors Richard David Precht oder „Wofür stehst du?“ von den Journalisten Axel Hacke und Giovanni di Lorenzo zeigten Versuche an, einen neuen Wertekanon zu formulieren. Die Philosophin Susan Neiman spricht mit Gesine Schwan über „moralische Klarheit“ und Helden. Alle diese Überlegungen werden auf dem Kölner Literaturfest vorgestellt.
Zur Moral gehört auch die Achtung der Menschenrechte, und dass die immer noch vielfach und weltweit verletzt werden, zeigt die Arbeit der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Zum Jubiläum lesen Künstler wie Benno Fürmann, Herbert Grönemeyer, Nina Hoss und Roger Willemsen aus Texten von Autoren, die wegen ihrer Meinungsäußerung verfolgt wurden. So sollen etwa der chinesische Autor und Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo und die Tunesierin Sihem Bensedrine gewürdigt werden.
Erwartet werden dieses Jahr internationale, aber auch viele deutschsprachige Autoren, darunter Cees Nooteboom, Moritz von Uslar, Helmut Krausser, Uwe Timm, Zsuzsa Bank, Donna Leon, Bernhard Schlink, Arno Geiger und Orhan Pamuk. Außerdem gibt es originelle Begegnungen wie etwa zwischen dem Ex-Umweltminister und Hobby-DJ Jürgen Trittin (Grüne) und dem DJ Hans Nieswandt. Eröffnet wird die Lit.Cologne, die im vergangenen Jahr 80.000 Besucher hatte, mit der Verleihung des Deutschen Hörbuchpreises. Das Festival geht bis 23. März.
Ein Höhepunkt dürfte der Abend mit dem Strafverteidiger Ferdinand von Schirach und dem Filmemacher Dominik Graf gehören, die über „Verbrechen und Schuld“ diskutieren. Graf wurde zuletzt für seine Mafia-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ gefeiert, von Schirach ist der Autor der Bestseller „Verbrechen“ und „Schuld“, in denen er selbst erlebte juristische Fälle literarisch aufbereitet.
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Moral hat auch ihren Preis, ebenso wie die anderen Veranstaltungen, darunter klassische Lesungen und Themenabende. Im Schnitt kostet ein Ticket 13 €, manche 31 oder 53 €. Nur der 24-stündige Literaturmarathon ist gratis. Trotzdem stehen die Besucher Schlange, viele Veranstaltungen sind lange vorher ausverkauft.