Werbung

Werbung

Werbung

Literatur-Nobelpreisträgerin Nadine Gordimer wird 85

Südafrikanerin als erste Frau Afrikas geehrt

© Die Berliner Literaturkritik, 20.11.08

 

Von Ralf E. Krüger

JOHANNESBURG (BLK) – Nadine Gordimer ist bereits zu Lebzeiten eine Literatur-Legende. Als erste Frau Afrikas, die je mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet wurde, steht sie weltweit nach wie vor hoch im Kurs. Ihren 85. Geburtstag an diesem Donnerstag (20. November) wird sie daher fern der Heimat feiern. „Ich werde gemeinsam mit Carlos Fuentes – einem guten Freund von mir – in Mexiko feiern; er wird 80 Jahre alt“, sagte die Südafrikanerin der Deutschen Presse-Agentur dpa. Trotz ihres hohen Alters ist sie eine Art Jetsetterin, die engen Kontakt mit den edlen Federn ihrer Zunft pflegt. Vor dem Abstecher nach Mexiko stand noch ein Vortrag in Kalkutta auf dem Programm: „Ich liebe Indien und hoffe, Amartya Sen dort zu treffen“, verriet sie im Vorfeld ihres Geburtstags.

Dem von ihr geschätzten Gründungspräsidenten des demokratischen Südafrikas, Nelson Mandela, hatte sie zu dessen 90. Geburtstag vor kurzem erklärt: „Hohes Alter allein ist keine Leistung. Was zählt ist, was man aus den Jahren gemacht hat.“ Die Schriftstellerin mit dem ausgeprägtem Gerechtigkeitssinn hat selbst eine Menge aus ihrem Leben gemacht. Zwar hat sie sich nie als politische Autorin gesehen, doch spielte Politik in ihrem Leben stets eine große Rolle. Die Zeit der Rassentrennung in ihrer Heimat war es, die sie prägte und ihren Romanen den Stempel aufdrückte. Auch heute noch meldet sie sich mutig zu Wort, wenn es um Ungerechtigkeiten dieser Welt geht.

Etwa, wenn sie die brutalen Machenschaften des autokratischen Präsidenten von Südafrikas Nachbarland Simbabwe, Robert Mugabe, anprangert. Oder in ihrer eigenen Heimat den Vorsitzenden des regierenden Afrikanischen Nationalkongresses(ANC), Jacob Zuma, als gefährlichen Politiker kritisiert. Mit Blick auf einen von ihm zum Lieblingslied erkorenen alten Kampfsong über ein Maschinengewehr erklärte sie: „Wenn man ihn sich ereifern hört und nach seinem MG rufen hört, dann denke ich an Hitler in der Münchner Bierhalle.“

Die Bücher der zierlich wirkenden, aber sehr couragiert auftretenden Autorin wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und wiederholt ausgezeichnet. Für „Der Besitzer“ erhielt sie den renommierten britischen Booker-Preis, den auch ihr ebenfalls mit dem Literatur-Nobelpreis geehrter Landsmann John M. Coetzee zweimal bekam. 1991 hatte sie die begehrteste Auszeichnung der Literaturwelt erhalten. In schnörkelloser, mitunter distanziert wirkender Sprache beschrieb sie das Los schwarzer und weißer Opfer der Rassentrennung und forderte die Machthaber immer wieder heraus. Offen trat sie für den ANC ein. Fast alle ihre Bücher landeten daher auf dem Index.

Seit ihrer Kindheit hatte sie Geschichten zu Papier gebracht. Ihren ersten Roman „Entzauberung“ veröffentlichte sie 1953, ein Jahr nach der Scheidung von ihrem ersten Mann. Schon damals beschäftigte sich die in Springs (bei Johannesburg) geborene Tochter eines aus Litauen stammenden jüdischen Uhrmachers und einer Engländerin mit der Rassentrennung. Nach der Wende am Kap mahnte sie: „Der Kampf ist noch nicht vorbei. Der Wiederaufbau ist vielmehr ein Teil davon.“ Ihr Buch „Die Hauswaffe“ (1998) handelte von der Nach-Apartheid-Zeit, die weiter von sozialer Ungleichheit und Kriminalität geprägt ist. Sie selbst bekam das bei einem Überfall zu spüren.

Mit Blick aufs jugendliche Alter der Täter meinte sie später: „Es war sehr traurig zu sehen, dass so junge Leute nichts Besseres zu tun haben, als alte Frauen zu überfallen. Was für eine Verschwendung von menschlichem Talent.“ Die Täter zogen mit Wertsachen ab – darunter ihrem mit sentimentalen Erinnerungen behafteten Ehering. Gordimer lebt seit dem Tod ihres zweiten Mannes 2001 allein nahe der Deutschen Schule in Johannesburg. Die Autorin, die sich selbst als nicht religiös, aber zum buddhistischen Gedankengut hingezogen sieht, hatte den Tod des aus Nazi-Deutschland geflohenen Kunstsammlers und Mäzens Reinhold Cassirer nur schwer verwunden.


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: