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Lyrik aus China

Mingxiang Chen gibt klassische Gedichte von 125 Schriftstellern heraus

© Die Berliner Literaturkritik, 04.03.10

Von Tobias Roth

Lyrik ist schwer zugänglich. Schwer zu übersetzen. Je älter desto mehr. Übersetzte, alte Lyrik scheint ergo auf dem Gemeinplatz überaus schwer zugänglich. Dass solchen Befürchtungen schon editorisch über weite Strecken entgegengewirkt werden kann, zeigt die Anthologie „Frühling im Jadehaus“, die klassische chinesische Lyrik versammelt.

Die Herausgeber und Übersetzer Mingxiang Chen und Hildburg Heider haben gut 240 Gedichte aus der klassischen Zeit der chinesischen Dichtung ausgewählt: und die umfasst immerhin den Zeitraum vom 3. Jahrhundert v.Chr. bis zum 13. Jahrhundert. Um diese Dichtung und ihre Übersetzung aufzuschließen, sind den Texten nicht nur Landkarten, Anmerkungen zu den Dichterbiographien und Literaturhinweise beigegeben. Jedem Gedicht folgen unmittelbar Erläuterungen zu Ortsnamen, politischen Verhältnissen, Anspielungen. Darüber hinaus ist manches Gedicht in vier Versionen präsent: im Original, in Pinyin-Umschrift und neben der eigentlichen Übersetzung auch in einer direkten Interlinearversion. In diesen umfangreichen Apparaten sieht man über Flüchtigkeitsfehler hinweg. Chens Nachwort hingegen fällt mit nur sieben Seiten mager aus, und vermag es kaum, zum Verständnis beizutragen. Die Entwicklung mehrerer Jahrhunderte fällt oft in die Pauschalität eines (Ab)Satzes, Geschichte und Literaturgeschichte finden kein fruchtbares Gleichgewicht.

In den Gedichten aber ist die Schwebe zwischen unverstellt Augenblicklichem und Allgemeinem ein fragloses, lapidares Spracherlebnis, das sich mit größter Ruhe im Naturraum vollzieht. Die angenehm schlichten Übersetzungen, die sich fast nie zu strenger Form, zuweilen auch nicht in vollständige Sätze zwingt, fällt zuweilen schräg aus der Stilhöhe, wenn etwa eine Situation „brenzlig“ wird oder ein lyrisches Ich „sternhagelvoll“. Diese Kontraste mögen im Original angelegt sein, lassen sich so aber schwerlich wirksam ins Deutsche bringen. Dennoch: vieles ist lyrisch und nicht nur interessant.

 

Literaturangabe:

CHEN, MINGXIANG: Frühling im Jadehaus. Klassische chinesische Gedichte. Reclam Verlag, Ditzingen 2009. 256 S., 12 €.

Weblink: Reclam

 

 

 


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