MÜNCHEN (BLK) – Anfang April 2009 erscheint in der Lyrikedition 2000 die Gedichtsammlung „Im Garten Edenkoben“ von Johann Lippet.
Klappentext: „Im Gras lagen wir im Garten von Eden / koben drei Herrgottskäfer im Herrgottshaar / spielten Schlange im Gedicht“ heißt es im titelgebenden Gedicht von Johann Lippet. Eine Anspielung auf den gelungenen Spagat zwischen der Erwartung des geförderten Kunstbetriebs und der Freiheit des Schriftstellers. 1998 war Lippet Stipendiat in Edenkoben und seitdem ist von ihm eine Vielzahl von Gedichten erschienen. Doch auch der „gekrönte Dichter“ fängt mit jedem leeren Blatt neu an und es kommen immer mehr Sätze von Autoren in seinen Sprachspeicher, denen er „nicht ins Wort fallen“ möchte. Neben den namentlich genannten Kollegen in diesem Band – Thomas Kling und Ernest Wichner – kommen da noch unzählige weitere in Frage. Aber immer schafft es Johann Lippet, durch kurze prägnante Bilder oder durch selten schöne Beschreibungen von seiner einzigartigen Könnerschaft zu überzeugen, auch wenn die Themen bekannt erscheinen: „Schön wär’s sich zu begegnen unter dem Mistelzweig, / verlieben müsste man sich mal wieder, handfest, / und besaufen, was das Zeug hält, sich fühlen / Unglücksmittelpunkt von allem, einschließlich der Welt.“
Der Autor Johann Lippet, geboren 1951 in Österreich, studierte in Temeswar/ Rumänien Germanistik und Romanistik. Er arbeitete als Deutschlehrer und Dramaturg am Deutschen Staatstheater in Temeswar. Aussiedlung 1987, lebt als freischaffender Schriftsteller in Sandhausen bei Heidelberg. Er veröffentlichte Gedichtbände und Romane, u. a. in der Lyrikedition 2000 erschienen „Anrufung der Kindheit“ und „Vom Hören vom Sehen vom Finden der Sprache“. (phi)
Leseprobe:
© Lyrikedition 2000©
FINGERÜBUNGEN FÜR EINEN NEUBEGINN
Im Winter wenn Wünschen helfen soll
Da hat er sich gedacht
Du machst dir rasch jetzt ein Gedicht
Schreibst alle Wünsche darin auf
Und so hab ichs dann gemacht
Im Frühling wenn Wünschen auch noch helfen soll
Da hat er sich gedacht
Du hast ja dein Gedicht noch aus dem Winter
Schreibst aber noch eins auf zur Sicherheit
Und so hab ichs dann gemacht
Im Sommer wenn Wünschen nicht viel hilft
Da hat er sich gedacht
Du schreibst jetzt nicht mehr wartest ab
Und so hab ichs dann gemacht
Im Herbst wenn Wünschen gar nichts hilft
Da hat er sich gedacht
Du wünschst dir überhaupt nichts mehr
Setzt dich hin und schreibst jetzt endlich
Und so hab ichs dann auch gemacht
I GEKRÖNTER DICHTER
REGEN perlt ab
Fall des Himmels im Haar
Sonne geht auf
Schlag des Lichts im Auge
NICHTS bewegte sich kein Lüftchen
nichts zog dahin keine Wolke
die Sonne versank nicht hinter dem Horizont
da kam wie selbstverständlich die Frage auf:
Wie wäre es möglich den Himmel anzubohren
ZU schreiben wäre schon aber wie
nicht ins Wort fallen den anderen
die man ins Herz geschlossen ja ins Herz
mit sich trägt als Konterbande im Kopf
wie der Zauberkünstler das weiße Kaninchen im Zylinder
das Ei hinterm Ohr Wasser im rechten Schuh Blut im linken
FINGER ohne die Daumen in Dualform die Acht,
spitz in den Himmel wie Ahornblatt, die Ähre,
Egge, die Elster, alles getragen anderswohin,
zum Ursprung, dem Sprachherd, wie Eiterherd,
Krankheitsherd, der Schreibherd liegt im Gemüt
von Anmut bis Missmut das Verlangen, ein Zorn
eräugnet es sich.
WER denn sonst woher denn sonst wie denn sonst
wenn nicht der Wind mir hinterbrachte die Nachricht
Hinterlassenschaft hinterlegt hintenherum hinterhältig
von dem der da geht auf glitschigem Pfad moosbewachsen
Dem der da geht den Kopf voller Bilder fehlen die Worte
für die Orte der Erinnerung der Sünden liebste dennoch
Der da geht den Kopf voll
er Bilder wollte ich nicht sein
© Lyrikedition 2000©
Literaturangaben:
LIPPET, JOHANN: Im Garten Edenkoben. Lyrikedition 2000, München 2009. 96S., 8,50 €.
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