Von Theresa Münch
Sport, Alkohol, Drogen: „Nach jeder dieser drei Sachen wurde ich süchtig“, sagt Hermann Wenning. Er hat gestohlen, betrogen, auf der Straße geschlafen, Therapien abgebrochen, monatelang im Knast gesessen, bis er es nach sieben Jahren im Drogensumpf wieder zurück aufs Siegertreppchen schaffte. Süchtig sei er noch immer, schreibt der 46-jährige Sportler in seinem Buch „Lauf zurück ins Leben“. „Man kann die Sucht nicht besiegen“, weiß er nun. Mit ihr zu leben ist sein Ziel. Es ist ein Kampf, Tag für Tag.
Eigentlich ist es eine Drogengeschichte wie viele. Erst Ecstasy, dann harte Drogen, der Absturz in die Kriminalität, schließlich ein Kreislauf aus Drogenglück, Gefängnis, Therapie und Rückfall. Bücher ehemaliger Junkies über den Drogensumpf gibt es viele. Die Stärke dieses Lebensberichts aber ist, dass kein Co-Autor mit im Spiel war. Der frühere Leistungssportler Wenning hat seinen Weg selbst aufgeschrieben: schmerzlich ungeschönt, sympathisch ehrlich und oftmals ein wenig unbeholfen. Er erzählt, dass der allererste Rausch immer der schönste ist. Berichtet vom so wichtigen Schuss in die Vene schon vor dem Frühstück und schreibt, dass er lange Zeit mit seinem Leben als obdachloser Junkie mit Bewährungsstrafe vollkommen zufrieden war.
Suchtgefährdet war Wenning wohl schon immer. In der Kindheit im Münsterland trieb er Sport bis zum Umfallen, für Freunde oder gar Freundin hatte er keine Zeit. Er wurde ein Workaholic, hatte zeitweise drei oder vier Jobs. Schließlich begann mit einer einzigen Ecstasy-Pille die Drogenkarriere. Nun scheint er nach langem Kampf mit dem Laufen wieder eine gesündere Sucht gefunden zu haben. „Man läuft sich in einen Rausch, der im Prinzip viel schöner ist als ein Drogenrausch“, schreibt er. Beim Laufen produziert der Körper Glückshormone, die chemisch denen der Opiate ähneln.
In „Lauf zurück ins Leben“ hat Hermann Wenning viele ungemütliche Wahrheiten aufgeschrieben - über sich selbst und über das System. Nur fünf Prozent der Drogentherapie-Patienten würden nicht rückfällig, schreibt er. Junkies wegsperren helfe nicht, denn gerade im Knast sei seine Sucht so richtig erwacht. Mit einfachen Worten beschreibt Wenning eine für die meisten fremde Welt. Sein Comeback als Sportler war nicht glorreich, aber es war ehrlich. Er hat gekämpft, ist hingefallen, wieder aufgestanden und hat schließlich gewonnen.
Literaturangabe:
WENNING, HERMANN: Lauf zurück ins Leben. Bericht einer Lebenskrise. Berlin University Press, Berlin 2010. 281 S., 19,90 €
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