Er gilt als Vater der Quantentheorie und eröffnete der Welt der Physik ungeahnte Möglichkeiten: Max Planck (1858-1947). Am 19. Oktober 1900 stellte der damals 42-jährige Wissenschaftler in einem Vortrag vor der Physikalischen Gesellschaft zu Berlin ein neues Strahlungsgesetz vor; erst später wurde klar, dass dieses Gesetz mit der klassischen Physik unvereinbar war. Ein „seiner Natur nach ausgesprochen konservativer Denker, der an der Harmonie, der Geschlossenheit der Physik seine Freude hatte“ (Werner Heisenberg), wurde zum „Revolutionär wider Willen“. Die Revision der klassischen Strahlungstheorie war unumgänglich, experimentelle Ergebnisse bestätigten die Quantenhypothese E = hv.
„Max Planck. Die Entstehung der modernen Physik“ nennt der Historiker Dieter Hoffmann seine jetzt erschienene Biografie in der Reihe C.H. Beck Wissen. Auf 128 Seiten vermittelt der Mitarbeiter am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte in Berlin die Grundzüge von Max Plancks Leben und Werk – in gebotener Kürze und einem breiten Lesepublikum. Konkreter Anlass ist der 150. Geburtstag des Nobelpreisträgers im April 2008, Ausgangspunkt die jahrzehntelange Beschäftigung Hoffmanns mit einem Mann, der nicht nur eine maßgebliche Forscherpersönlichkeit war, sondern einer der frühen Wissenschaftsmanager der Moderne.
Keinen untadeligen Wissenschaftshelden, keine Lichtgestalt stellt Dieter Hoffmann vor, sondern einen Mann mit Widersprüchen. Max Planck revolutionierte das physikalische Denken, verhalf der Relativitätstheorie zum Durchbruch, wurde in den 1920er-Jahren zum Repräsentanten der deutschen Wissenschaft, und doch war sein Verhalten, gerade in der Zeit des Nationalsozialismus, zwiespältig und geprägt von Ambivalenzen und Fehleinschätzungen. Der „Zertrümmerer“ der klassischen theoretischen Physik blieb politisch zögerlich und kompromissbereit gegenüber den braunen Machthabern. Dieter Hoffmann zeichnet ein differenziertes Bild, ein Porträt, das – sich abhebend von bisherigen Darstellungen – auch Grau- und Zwischentöne enthält.
Max Planck, 1858 geboren, studierte zunächst Mathematik und Naturwissenschaften in München, ab 1873 dann Physik bei Hermann von Helmholtz und Gustav Kirchhoff in Berlin. 1879 promovierte er „Über den zweiten Hauptsatz der Wärmetheorie“, mit der Studie „Gleichgewichtszustände isotroper Körper in verschiedenen Temperaturen“ habilitierte er sich ein Jahr später. Von 1885 bis 1889 war er Professor für mathematische Physik in Kiel, 1889 wurde er Nachfolger von Kirchhoff in Berlin. Seine Arbeiten zur Wärmestrahlungstheorie, begonnen 1894, gipfeln 1900 in der Formulierung des Planckschen Strahlungsgesetzes, „eine(r) einzigartigen(n) Tat, die nicht nur der Physik, sondern dem Weltbild aller Menschen eine neue Wendung gegeben hat“ (Max von Laue).
Als einer der Ersten erkannte Max Planck die Bedeutung der Arbeiten Albert Einsteins (spezielle Relativitätstheorie, 1906), 1913 holte er den um 20 Jahre Jüngeren an die Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. Als Repräsentant und Sprecher der deutschen Wissenschaft (ab 1912 beständiger Sekretär der Preußischen Akademie, ab 1913/14 Rektor der Berliner Universität, 1930-1937 Präsident des Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft) forcierte Max Planck maßgeblich die Entwicklung der modernen Physik. Forschungspolitisch hoch engagiert und aufgeschlossen vertrat er jedoch eine national-konservative Wissenschaftspolitik.
„Plancks politische Ansichten und Haltungen wurzelten [...] in den familiären Prägungen des deutschen Protestantismus und waren durch Staatsfrömmigkeit und strengste Pflichtauffassung geprägt“, schreibt Dieter Hoffmann. Er war bestimmt kein Nazi, doch er habe sich anfangs den neuen Machthabern weitgehend angepasst, vielleicht sogar anzudienen versucht, so der Autor in „FOCUS online“. Erst ab Mitte der 1930er-Jahre ging Planck auf Distanz gegenüber dem NS-Regime. 1938 legte er sein Amt in der Akademie der Wissenschaften in Protest gegen die Gleichschaltung nieder.
Die Nachkriegszeit machte Max Planck zum Mythos. Seiner ungebrochenen internationalen Reputation war es zu verdanken, dass die Organisationsform der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft, obwohl instrumentalisiert für die Ziele des Dritten Reiches, nach dem Zweiten Weltkrieg weiter bestand und sich seit 1946 mit seinem Namen verbindet. Ihrem Archiv und seinen Kollegen des interdisziplinären Projekts zur Geschichte der Quantenphysik am Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte gilt der besondere Dank Dieter Hoffmanns. Seine angekündigte wissenschaftliche Biografie steht noch aus – und wird, so ist zu hoffen, der wissenschaftlichen Bedeutung und Persönlichkeit Max Plancks in allen ihren Facetten gerecht.
Literaturangaben:
HOFFMANN, DIETER: Max Planck. Die Entstehung der modernen Physik. Verlag C.H. Beck, München 2008. 128 S., 7,90 €.
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