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Alles über Gesundheitsirrtümer

Der Ratgeber „Vegetarier leben länger“ von Michael Prang sollte in keiner Hausapotheke fehlen

© Die Berliner Literaturkritik, 01.06.10

Von Susanna Gilbert-Sättele

Wohl jeder kann sich an Gesundheitsratschläge der Oma, des Onkels oder von Freunden erinnern: Demnach ist langes Schlafen gesund und Schnarchen harmlos. Eine Zecke muss links heraus gedreht und der Kopf bei Nasenbluten in den Nacken gelegt werden. Der Mediziner Michael Prang hat diese von Generation zu Generation vererbten Tipps unter die Lupe genommen und „Die 101 größten Gesundheitsirrtümer“ herausgefiltert. „Bei genauer Betrachtung machen viele alte Gesundheitsvorschläge nicht gesünder, sondern im schlimmsten Fall sogar krank“, leitet Prang sein medizinisch fundiertes und dennoch verständlich und unterhaltsam geschriebenes Buch ein. Bekanntgeworden ist der Autor als „Morning Doc“ des Fernsehsenders Sat.1.

Keine Frage: Jede Nacht nur ein paar Stunden zu schlafen, ruiniert auf Dauer die Gesundheit. Daran zweifelt auch Prang nicht. Wohl aber verweist er darauf, dass zu viel Schlaf auch schaden kann. So seien Sterblichkeit und Krankheitsauffälligkeiten bei jenen Menschen deutlich erhöht, die im Durchschnitt mehr als acht Stunden pro Tag schlafen. Prang erklärt dies auch damit, dass sich die meisten Langschläfer zu lange im Dunkeln aufhalten und somit zu wenig Vitamin D produzieren. Ob eine Nacht erholsam ist, hänge weniger von der Schlafdauer als der Qualität des Tiefschlafs ab. Einfach mal so richtig lange auszuschlafen, um neue Energie zu tanken, funktioniere deshalb nicht. Stattdessen müsse jeder sein individuelles Schlafmaß finden. Zwischen sieben und acht Stunden Schlaf hält der Mediziner im Normalfall für das Optimum.

Falsch, so findet der Mediziner, ist auch der alte Ratschlag, bei Nasenbluten den Kopf in den Nacken zu legen. Das nütze nicht viel. Viel erfolgreicher sei, die Nasenflügel für mindestens zwei Minuten bei nach vorne geneigtem Kopf zusammenzudrücken. Ein kalter Lappen im Nacken helfe zusätzlich.

Wer kennt nicht die mütterliche Mahnung aus seiner Kinderzeit, Lesen bei Schummerlicht schade den Augen? „Das ist ein Irrtum“, schreibt Prang, und all jene, die mit der Taschenlampe unter der Bettdecke in ihrem Winnetou schmökerten, können aufatmen. Zwar könnten die Augen bei anstrengendem Lesen trocken werden und brennen. „Doch sobald man aufhört zu lesen, ist alles wieder in Ordnung.“

Es gibt heute noch viele Menschen, die fest davon überzeugt sind, dass Haare schneller wachsen, wenn man sie öfter schneidet. Auch das ist nach Prangs Ansicht ebenso eine Mär wie die Behauptung, Haare würden dadurch dunkler oder dicker.

Nicht wenige Menschen essen keine Kirschen, weil ihre Mutter sie stets vor Bauchschmerzen gewarnt hatte, wenn sie dazu Wasser trinken wollten. Die Warnung stammt aus einer Zeit, als das Trinkwasser noch Keime enthielt, die das Obst im Magen zum Gären brachten. Mit der Behauptung „Mohrrüben sind gut für die Augen!“ wollen viele Eltern ihren Nachwuchs zum Knabbern der Stängel verführen. Eines der wichtigsten Vitamine für die Funktionsfähigkeit der Augen ist das Vitamin A, schreibt Prang. Der Körper könne im Darm aus Beta Carotin in Verbindung mit Fett selbst Vitamin A herstellen. Man müsste täglich mehrere Kilo Mohrrüben essen, um den Tagesbedarf des Körpers an Beta Carotin allein durch Mohrrüben zu decken. Prang räumt auch mit dem Irrtum auf, eine Zecke linksherum aus dem Körper drehen zu müssen: Deren Stechapparat habe kein Gewinde, sondern sei ein Saugrüssel, mit dem die Zecke Blut aufnimmt. Deshalb sollte das Insekt so schnell wie möglich mit einer Pinzette heraus geholt werden.

Für Diskussionen beim Damenkränzchen dürfte Prangs Aussage sorgen, dass Kosmetikartikel gegen Cellulite an den Schenkeln, den Hüften oder am Po nichts nützen. Erfreut über den Kauf entsprechender Präparate sei vor allem die Kosmetikindustrie, denn sie verdiene dabei prächtig. Das meiste Geld dürfte dabei zu Unrecht über den Verkaufstresen gehen, „denn die Mittel beeinflussen die Cellulite in der Regel nicht“, stellt der Mediziner klar. Grund: Keines der Mittel erreiche die unteren Hautschichten. Statt Cremes empfiehlt Prang die effektiveren und dazu noch kostenlosen Mittel Abbau von Übergewicht und Sport.

So unterhaltsam wie in Prangs Büchlein ist Unterricht selten. Den Band wieder aus der Hand zu legen, fällt schwer, denn der Leser stößt auf jeder Seite auf interessante Fakten - sei es zu Fieber, Hautverbrennungen und Diabetes oder zu Migräne und die männliche Potenz. Eigentlich sollte der kurzweilige Ratgeber in jeder Hausapotheke parat liegen.

Literaturangabe:

PRANG, MICHAEL: Vegetarier leben länger: Die 101 größten Gesundheitsirrtümer. Verlag C. H. Beck, München 2010. 159 Seiten, 9,95 €.

Weblink:

C. H. Beck Verlag


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