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Aus Harry Rowohlts Brief-Archiven

© Die Berliner Literaturkritik, 08.12.13

Dieser Text erschien erstmals am 20.04.2005 in diesem Literaturmagazin.

ROWOHLT, HARRY: Der Kampf geht weiter! Nicht weggeschmissene Briefe.
Verlag „Kein & Aber”, Zürich 2005. 464 S., 22,80 €.

Von Olaf Reins

Seit der am 27. März 1945 in Hamburg Eppendorf geborene Harry Rowohlt sich 1997 mit seiner „Zeit”-Kolumne zur Ruhe gesetzt hat, warten seine Fans sehnsüchtig auf neuen Stoff. Und den liefert er hier. Endlich wieder etwas Neues vom Autor Harry Rowohlt, des Übersetzers von Flann O‘Briens Werken, die er auf kongeniale Weise ins Deutsche übertrug, oder auch Bestseller wie „Die Asche meiner Mutter” von Frank McCourt, „Puh, der Bär” und „Der Wind in den Weiden”, die er für uns übersetzte.

Dass wir dieses Buch des Autors, Vortragskünstlers und Übersetzers überhaupt vorliegen haben, ist nicht zuletzt Verdienst des Verlegers Peter Haag und der Herausgeberin Anna Mikula. Aus 80 Leitz-Ordnern mit cirka 30.000 Seiten, wie wir aus dem sowohl erfreulich kurzen, als auch informativen Vorwort erfahren, hat sie etliche Briefe von und an Harry Rowohlt ausgewählt. Die Vermutung liegt nahe, dass sich das Treffen einer solchen Auswahl, so schwierig sie auch gewesen sein mag, dennoch weit weniger schwierig gestaltet haben dürfte als ihre Beschränkung auf „nur” 464 Seiten.

Postalische Vorübungen

Sein vielseitiges Talent bewies der Autor in der Zwischenzeit von 1997 bis heute auch auf anderen Feldern, eben als hoch gelobter Übersetzer, aber auch als Nebendarsteller in der „Lindenstraße”, der Mutter aller TV-Seriendauerbrenner, in der er als „Penner Harry” auch einem dem Lesen womöglich weniger stark zugeneigten Publikum zu einem Begriff wurde. Doch alles dies ist natürlich nicht dasselbe, und so ist es umso erfreulicher, endlich mal wieder etwas Originäres aus seiner Feder vorliegen zu haben.

Womit wir es in dieser Sammlung zu tun haben, sollten Sie am Besten gleich selbst nachlesen!

Egal, ob Sie sich mit einem Kopfsprung mitten hinein ins briefliche Geschehen begeben oder doch lieber chronologisch mit den postalischen „Vorübungen” des elfjährigen Harry Rowohlt beginnen, in welcher bereits präludierte, was später zur Entfaltung und Reife gelangen sollte. Es wird in jedem Fall zu einem vergnüglichen Abenteuer werden, den Zickzacklinien dieser Briefwechsel zu folgen. So virtuos wie Rowohlt vorliest und übersetzt, so vielfältig sind auch die Stimmlagen in diesen Briefen. Man bricht in verblüfft-vergnügtes Gelächter aus über die wie selbstverständlich daherkommende Sprachgewalt, die überraschende Erkenntnis am Rande oder auch das Zentrale im Marginalen.

Zeit als Geschenk

In „Der Kampf geht weiter”, Briefen von und an Harry Rowohlt aus den Jahren 1966 bis 2004, erleben wir den Autor in angeregter, stets kurzweiliger, vor Geist und (teils sarkastischem) Witz sprühender Korrespondenz mit Gott und der Welt. Nur selten (wie etwa in seinem Brief an Jürgen W. Möllemann) erscheint sein Duktus unversöhnlich.

Er wendet sich in seinen Briefwechseln an seine „Brüderchen”, die Autoren, die er übersetzt hat, an seine Verleger, an Buchhändler, an Journalisten, und er antwortet, bei aller Ironie, die seinen Zeilen eignet, immer interessiert, selten ungeduldig, seinen Leserbriefschreibern und gelegentlichen Bittstellern. Und nicht zuletzt dies ist es, was den Menschen Harry Rowohlt auszeichnet: Einerlei, wer die Adressaten seiner geschliffenen, voltenschlagenden brieflichen Opuskuli sind, ob sie nun Frank McCourt heißen, Ledig-Rowohlt oder Siegfried Unseld, oder ob es sich bei ihnen um seine Leser und Bewunderer handelt – mit wachem Geist und geradezu diebischem Vergnügen an der gelungenen Formulierung erteilt der fulminante Stilist Rowohlt jedem zielsicher die ihm gebührende Antwort.

Wie sagte doch der 1979 in Erlangen verstorbene Schriftsteller Sigmund Graff so treffend: „Man kann auch Zeit schenken. Die Zeit für einen Brief zum Beispiel. Die Zeit sorgt, dass diese Zeit ein immer selteneres und vornehmeres Geschenk wird.” Diese Worte gelten heute mehr denn je.

Es bleibt zu hoffen, dass Harry Rowohlt auch die weggeschmissenen Briefe gut aufbewahrt hat. Für einen zweiten Band.


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