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Mit Tricks die große Liebe finden?

Jakob Arjounis neuer Roman „der heilige Eddy“

© Die Berliner Literaturkritik, 12.08.09

Kann ein Typ namens Eddy, der in Berlin-Kreuzberg lebt, als Trickbetrüger sein Leben finanziert und es des Öfteren mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, ein Heiliger sein? Um das herauszufinden, muss der geneigte Leser sich das neue Werk von Jakob Arjouni zur Brust nehmen.

Jakob Arjouni hat seinen Roman „Der heilige Eddy“ in elf Kapitel unterteilt. Gleich im ersten mit dem Titel „Deger- oder Dregerlein“ beschreibt er, wo und wie Hauptfigur Eddy seinen Lebensunterhalt bestreitet, denn der Autor schildert darin eine typische Arbeitssituation des Mittvierzigers und passionierten Musikers: Am Berliner Hauptbahnhof rempelt Eddy — unter akribischer Vorbereitung — wie zufällig einen Geschäftsmann an, um sich dann vielmals für sein Missgeschick zu entschuldigen.

Schließlich lädt Eddy ihn zum Essen ein: „Machen Sie sich keine Sorgen, Sie werden’s überleben“, sagte Eddy lächelnd und ein bisschen frech und deutete einen freundschaftlichen Ellbogencheck an: „Komm, Deger- oder Dregerlein, altes Haus, du hier zur öden Computermesse, eigentlich nur mit der Aussicht auf ein paar Bier mit langweiligen Kollegen und später im Hotelzimmer vielleicht noch einen Porno, und jetzt auf einmal: verrückte Begegnung mit original Berliner, der dich zu abgefahrenen Speisen in ein Einheimischen-Restaurant einlädt — davon kannst du in Bochum noch in fünf Jahren erzählen!“

Fast genauso lang, wie Eddy sich mit seinen Tricks und Betrügereien über Wasser hält, macht er schon Musik. Mit seinem besten Freund Arkadi zusammen bildet er das „Gitarren- und Gesangsduo“ Lover’s Rock. Die beiden Kumpels treten auf mit Coversongs und eigenen Stücken und haben ihr Publikum „in Fußgängerzonen, U-Bahnstationen, auf Wochenmärkten und bei kleinen Festivals“ — aber nie in Eddys Kiez.

Darauf legt Kleinganove Eddy, seinem Berufsethos folgend, sehr großen Wert: „Denn zwischen dem, was sich die meisten Leute vorstellen, wenn er mit seinem dreiundvierzig Jahren und seiner stets gepflegten, ordentlichen Erscheinung angab, er sei Musiker, und dem was sie zu sehen und hören bekommen hätten, (…) bestand ein entscheidender Unterschied. Sollte die Polizei sich jemals in der Nachbarschaft nach ihm erkundigen, wäre die Reaktion nicht mehr so was wie: Ach, der Herr Stein, so ein netter Mann, fast ein bisschen zu nett, falls Sie verstehen, was ich meine, (…).“

Zurück in seinem bürgerlich-linksalternativen Kreuzberger Kiez begegnet Eddy im Hof seines Hauses erst zwei Bodyguards und dann im Treppenhaus dem Subjekt, das die beiden beschützen (sollen): den meistgehassten Berliner, die „Neuköllner Heuschrecke“. Die heißt Horst König und hat es mit Imbissbuden in den Vereinigten Staaten von Amerika zu Millionen auf seinem Konto gebracht. Da der Geschäftsmann verantwortlich gemacht wird für die Zerschlagung der Berliner „Deo-Werke“ in Tempelhof, haben ihn die Hauptstadtbewohner — mithilfe der lokalen Presse — zum „Stadtfeind Nummer eins“ erklärt.

Eddy erkennt Horst König sofort — hängt dessen Konterfei doch plakatgroß in der ganzen Stadt herum –, lässt sich aber nichts anmerken, sondern wittert vielmehr eine — wenn auch kleine Chance — eines Geschäfts: „Und darum rief er nun, während er mit lautem Schritt das nächste Stück Treppe hinaufstieg: ,Oh, unser neuer Nachbar! Herr Miller, nehme ich an, sehr erfreut! Habe mich schon gefragt, ob Sie womöglich mit Horace Miller verwandt sind, dem berühmten walisischen Philosophen und Ruderer…‘“

Dann geht alles ganz schnell — was genau, wird hier nicht verraten, sonst ist das Lesevergnügen keines mehr. Wer also wissen möchte, wie es für Eddy eigentlich mit den Frauen läuft, wie er sich in die schöne Tochter von Horst König verguckt, wie Arkadi und er sich fast entzweien und wie es mit Eddys Karriere weitergeht, dem sei Jakob Arjounis Roman ans Herz gelegt.

Der Autor schafft es, den Leser mit viel Witz in seinen Bann zu ziehen: Kurzweilig und unterhaltsam ist die Lektüre, in die Arjouni auch geschickt gesellschaftskritische Töne eingebaut hat. Überhaupt zeichnet er ein sehr lebendiges Bild des heutigen Berlins als moderne Weltstadt — ohne Tricks.

Von Maren Bredereck

Literaturangabe:

ARJOUNI, JAKOB: Der heilige Eddy. Diogenes Verlag, Zürich 2009. 256 S., 18,90 €.

Weblink:

Diogenes Verlag


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