MÜNCHEN (BLK) – In der Übersetzung von Klaus Berr ist Anfang November der umjubelte Kriminalroman „Das Grab ist erst der Anfang“ von Kathy Reichs erschienen.
Klappentext: Nachtschwarz. Eiskalt. Atemlos. - Tempe Brennan jagt einen Mörder. Ihren eigenen. Nachtschwärze, Eiseskälte, Grabesstille - als Tempe zu sich kommt, ringt sie in Todesangst nach Atem. An Händen und Füßen gefesselt liegt sie lebendig begraben an einem Ort, wo sie niemand rufen hört. Allmählich kehrt ihre Erinnerung an die letzten Stunden wieder... Forensikerin Tempe Brennan ist es gewohnt, dass Mörder die Spuren ihrer Tat so zu verwischen versuchen, dass nicht einmal Expertinnen ihres Rangs sie aufzudecken vermögen. So ermittelt sie mit Detective Andrew Ryan im schneeverwehten Chicago gerade bei einer Reihe seltsamer Todesfälle: Drei Frauen wurden ermordet, alle auf grausame, aber verschiedene Weise. Es hat den Anschein, als gäbe es keine Verbindung zwischen den Morden. Bis Tempe schließlich doch die Handschrift eines Serienkillers erkennen kann. Umso schockierter ist sie, als man ihr vorwirft, sie habe eine Autopsie absichtlich manipuliert und ein Verbrechen vertuscht. Was Tempe nicht wissen kann: Ihre Arbeit wird sabotiert. Von jemandem, der sie um jeden Preis scheitern sehen will. Jemand aus ihren eigenen Reihen. Und so wird Tempe schon bald einen ganz besonderen Mörder jagen müssen: ihren eigenen.
Wenn man Anthropologin und Schriftstellerin zugleich ist – was liegt dann näher als beides zu verbinden? Kathy Reichs Romanfigur Dr. Temperance Brennan findet sich in jedem ihrer Romane wieder und ermittelt, wie ihre Schöpferin, mit Hilfe der Forensik in diversen Mordfällen. Dabei gerät die 40-jährige Protagonistin stets selbst in Lebensgefahr. Bereits mit ihrem ersten Buch „Tote lügen nicht“ aus dem Jahr 1997, erhielt die Mutter von drei Kindern den Arthur-Ellis-Award und veröffentlichte seitdem rund ein Dutzend neuer Kriminalromane. Weitere Werke der 1950 in Chicago Geborenen sind unter anderem „Knochenarbeit“, „Mit Haut und Haar“ sowie „Hals über Kopf“. (ros)
Leseprobe:
©Blessing Verlag©
Kalt. Taub. Verwirrt. Ich öffnete die Augen. Dunkelheit. Schwarz wie ein arktischer Winter. Bin ich tot? Einem limbischen Befehl gehorchend, atmete ich tief ein. Mein Hirn registrierte Gerüche. Schimmel. Modrige Erde. Etwas Organisches, das auf das Vergehen der Zeit hinwies. War dies die Hölle? Ein Grab? Ich lauschte. Stille. Undurchdringlich. Aber nein. Es gab Geräusche. Luft, die durch meine Nasenlöcher rauschte. Blut, das mir in den Ohren pochte. Leichen atmen nicht. Tote Herzen schlagen nicht. Andere Gefühle mischten sich ein. Härte unter mir. Ein Brennen auf der rechten Seite meines Gesichts. Ich hob den Kopf. Bittere Galle flutete mir den Mund. Ich bewegte die Hüften, um Druck von meinem verdrehten Hals zu nehmen. In meinem linken Bein explodierte der Schmerz. Ein Stöhnen zerriss die Stille. Instinktiv rollte mein Körper sich fötal zusammen. Das Pochen wurde lauter. Ich lag zusammengerollt da und lauschte dem Rhythmus meiner Angst. Dann die Erkenntnis. Das Geräusch war aus meiner eigenen Kehle gekommen. Ich spüre Schmerz. Ich reagiere. Ich lebe. Aber wo? Ich spuckte Galle und versuchte, die Hand auszustrecken. Spürte Widerstand. Merkte, dass meine Handgelenke gefesselt waren. Ich zog ein Knie an die Brust. Beide Füße hoben sich gleichzeitig. Ich ließ die Hände sinken. Ich versuchte es ein zweites Mal, diesmal fester. Wieder feuerten Neuronen mein Bein hoch. Einen weiteren Schrei unterdrückend, versuchte ich, Ordnung in mein wirres Denken zu bekommen. Man hatte mich an Händen und Füßen gefesselt und abgelegt. Wann? Wo? Wer? Warum? Die Suche im Datenspeicher nach jüngst zurückliegenden Ereignissen brachte nichts. Und die Lücke im Gedächtnis reichte noch viel länger zurück. Ich erinnerte mich an ein Picknick mit meiner Tochter Katy. Aber das war im Sommer. Der Eiseskälte nach musste es jetzt Winter sein. Traurigkeit. Ein letzter Abschied von Andrew Ryan. Das war im Oktober. Hatte ich ihn danach wiedergesehen? Ein leuchtend roter Pullover zu Weihnachten. Dieses Weihnachten? Ich hatte keine Ahnung. Desorientiert suchte ich nach irgendeinem Detail aus den letzten paar Tagen. Doch alles blieb verschwommen. Vage Eindrücke ohne rationale Form oder Abfolge tauchten kurz auf und verschwanden wieder. Ein Gestalt, die aus dem Schatten trat. Mann oder Frau? Wut. Schreien? Weswegen? Gegen wen gerichtet? Schmelzender Schnee. Licht, das in Glas funkelt. Der dunkle Rachen eines Türspalts. Erweiterte Gefäße pochten in meinem Schädel. Sosehr ich mich auch bemühte, ich konnte meinem umnebelten Verstand keine Erinnerungen entlocken. Hatte man mich mit Drogen vollgepumpt? Hatte ich einen Schlag auf den Kopf abbekommen? Wie schlimm war mein Bein dran? Falls ich es schaffte, mich zu befreien, konnte ich dann gehen? Kriechen? Meine Hände waren taub, mein Finger unbrauchbar. Ich versuchte, die Handgelenke nach außen zu drücken. Spürte kein Nachgeben der Fessel. Tränen der Frustration brannten mir hinter den Lidern. Nicht weinen! Ich biss die Zähne zusammen, drehte mich auf den Rücken und riss meine Füße auseinander. Flammen schossen mir in den linken Unterschenkel. Dann wusste ich nichts mehr.
©Blessing Verlag©
Literaturangabe:
REICHS, KATHY: Das Grab ist erst der Anfang. Blessing Verlag, München 2009. 384 S., 19,95 €.
Weblink: