MÜNCHEN (BLK) – Die Bayerische Staatsbibliothek gibt 75 Bände aus der 1933 von den Nazis geraubten Privatbibliothek Thomas Manns an das Thomas-Mann-Archiv in Zürich zurück. Es handle sich dabei um Übersetzungen der Werke Manns in verschiedene Sprachen aus den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts, teilte die Staatsbibliothek am Mittwoch (12. November) in München mit. Die Bücher sollen in Abstimmung mit Frido Mann, dem Enkel Thomas Manns und Sprecher der Familie, am kommenden Mittwoch (19. November) in Zürich übergeben werden. Eine bibliotheksinterne Arbeitsgruppe zum Auffinden von NS-Raubgut hatte sich nach einem Hinweis 2007 auf die Suche nach den Beständen gemacht und war fündig geworden.
Das Haus Thomas Manns in München war im August 1933 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden. Zuvor war es der Familie gelungen, bis zu zwei Drittel der dort untergebrachten Privatbibliothek Manns nach Zürich in Sicherheit zu bringen. Der Rest fiel in die Hände der NS-Behörden. Gezielt wurden die Übersetzungen von Manns Werken danach aussortiert und an die Bayerische Staatsbibliothek überstellt. Dazu zählen nach Angaben der Bibliothek Übersetzungen der großen Romane „Die Buddenbrooks“ oder „Der Zauberberg“. In zwei Bänden fänden sich Unterschriften von Thomas Mann, außerdem trügen mehrere Bände Widmungen der Übersetzer an den Autor.
Die Bayerische Staatsbibliothek beteiligt sich seit 2003 nach eigenen Angaben aktiv und mit Nachdruck an der Fahndung nach NS-Raubgut. Sie orientiere sich damit an der Verpflichtung zur Suche nach verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgut in ihren Beständen, die alle öffentlichen Institutionen der Bundesrepublik 1999 in einer gemeinsamen Erklärung eingegangen waren. Deutschland und mehr als 40 weitere Staaten hatten sich verpflichtet, von Nationalsozialisten geraubtes Kulturgut, vor allem aus jüdischem Besitz, auch nach Ablauf gesetzlicher Fristen an die Eigentümer oder deren Erben zurückzugeben.
Die Staatsbibliothek bedauerte zutiefst die Hintergründe und Umstände, wie die Bücher 1933 ins Haus gelangt seien und „ebenso die damalige Verstrickung der Bibliothek in das geschehene Unrecht“. Weitere Rückgaben von NS-Raubgut würden derzeit vorbereitet, neben jüdischen Vorbesitzern etwa auch an die Zeugen Jehovas, Freimaurerlogen oder an die Vereinigung Katholischer Religionslehrer sowie Organisationen der Arbeiterbewegung. (dpa/mir)