Hintergründiger Humor: „Die Vereinigung jiddischer Polizisten“
BERGISCH GLADBACH (BLK) – Schauspieler Armin Rohde ist die ideale Besetzung für diese Geschichte. Der kanadische Autor Michael Chabon hat seinen Krimi „Die Vereinigung jiddischer Polizisten“ nur so mit hintergründigen Humor gespickt – und diesen transportiert Rohde ebenso überzeugend wie die skurrile Absurdität der Story. Schauplatz ist ein fiktives jüdisches Siedlungsgebiet um die Stadt Sitka an der Südwestküste von Alaska. Geflüchtete Juden und ihre Nachfahren siedeln dort seit 60 Jahren, Amts- und Umgangssprache ist das aus Osteuropa mitgebrachte Jiddisch. Auch der Detektiv Meyer Landsman lebt in dieser Gegend. Genauer gesagt in genau dem heruntergekommenen Hotel, in dem nun ein ehemaliges Schach-Wunderkind ermordet aufgefunden wird. Landsman, geschieden und gebeutelt vom Alkoholismus, nimmt die Ermittlungen auf. Besonders pikant: Seine Ex-Frau, auch Polizistin, ist seine Vorgesetzte. Der Ermordete soll zu einer ultrareligiösen Vereinigung gehört haben. Doch wie ist er in das Hotel gekommen? Bald wird Meyer Landsman zurückgepfiffen, er soll der Sache nicht weiter auf den Grund gehen. Das stachelt ihn natürlich an, den Fall auf eigene Faust weiterzuverfolgen.
„platzDADA!“ – Wort- und Klangkunst vom Feinsten
BASEL (BLK) – Dada ist lebendiger denn je! Das beweist das höchst sorgfältig produzierte Album „platzDADA!“ aus dem Schweizer Christoph Merian Verlag. Das international besetzte Pago Libre Sextett interpretiert die absurde Poesie von Hans Arp, Kurt Schwitters und Daniil Charms aus den 20er Jahren ganz neu: mit der beeindruckend klar und exakt akzentuierenden Singstimme von Agnes Heginger und Elementen aus Jazz, zeitgenössischer klassischer Musik, HipHop- und Elektro-Musik. Das ist Wort- und Klangkunst vom Feinsten. Dabei fällt auf, dass die heutigen Dada-Interpreten mit sehr viel mehr Lässigkeit und hörbarer Lust am Witz agieren, wo die Originale noch ungleich ernsthafter und missionarischer bei der Sache waren. Zu hören sind Schwitters Gute-Laune-Reim „Schnauze, Puppe!“ und Arps „Uhrmusik: Sekundenzeiger“ ebenso wie reine lautmalerische Werke, darunter eine Weiterentwicklung von Schwitters „Ursonate“. Die Künstler vom Pago Libre Sextett stammen aus der Schweiz, Österreich, Irland, Russland und Frankreich. Geschickt verbinden die Musiker die einzelnen Stücke, so dass die CD einfach hintereinanderweg gehört werden kann – wobei sich immer ein Blick auf die Texte im ausführlich gestalteten Booklet lohnt. Ein Hör-Werk als Gesamtkunst-Werk.
„Grimpel“ ist anders – Armin Rohde liest Clement Freuds Klassiker
DÜSSELDORF (BLK) – „Grimpel“ ist eindeutig ganz anders als die anderen Kinder in seinem Alter. Er ist ungefähr 10 Jahre alt, genau weiß das aber keiner – denn nur dann und wann kaufen seine Eltern einen Kuchen und behaupten, er sei nun ungefähr ein Jahr älter geworden. Schauspieler Armin Rohde versetzt sich in der Hörfassung von Clement Freuds wiederentdecktem Klassiker mit hörbarer Lust in die Rolle des zwar leicht vernachlässigten, aber höchst einfallsreichen Grimpel. Eines Tages findet Grimpel einen Zettel mit der Nachricht, dass seine Eltern für fünf Tage nach Peru gereist sind. Weil ihm das Alleinsein ebenso wenig schmeckt wie der kalte Tee und die trockenen, belegten Brote, die ihm seine Eltern hinterlassen haben, sucht Grimpel in der Nachbarschaft neue Freunde. Diese sind allerdings meist mindestens so skurril wie seine eigenen Eltern.
Der in London lebende Clement Freud, Enkel des berühmten Psychoanalytikers Sigmund Freud, schrieb „Grimpel“ im Jahr 1968 und die auf dem Hörbuch ebenso zu findende Fortsetzung „Grimpel superhöchstbestens“ im Jahr 1974. Die von Rohde angenehm unaufdringlich interpretierten „Grimpel“-Geschichten sind zeitlose Perlen der Kinderliteratur, die auch noch heute jeden Erwachsenen fesseln.
„Der 7. Sonntag im August“ – Zeitschleifen-Abenteuer mit Tiefgang
HAMBURG (BLK) – Wer hätte sich das nicht schon einmal gewünscht: Ferien, die nie zu Ende gehen. Der 11-jährigen Freddy wird genau dieser Wunsch erfüllt. Sie erlebt am Ende ihrer Sommerferien bereits den „7. Sonntag im August“, ohne dass der Schulbeginn am Montag irgendwie näher rücken würde. Ziemlich schnell aber merkt Freddy, dass es gar nicht so lustig ist, in einer Zeitschleife festzustecken – vor allem weil ihre viel beschäftigten Eltern und ihre fiese, zickige Schwester Mia rein gar nichts davon zu bemerken scheinen. Laura Maire liest die Hörfassung von Sabine Ludwigs Roman mit so viel Gespür für die Stimmungen von Freddy, ihrer Familie und ihren Freunden, dass es eine wahre Lust ist, ihr zuzuhören. Mit ihrer hellen, klaren Stimme kostet Maire die witzigen Momente der fantastischen Geschichte voll aus. Viel Gefühl investiert sie in die ernsteren Szenen, die dem Hörer noch lange im Gedächtnis bleiben und die am Ende Freddys Leben verändern werden: Da ist zum Beispiel die Oma, die das Mädchen plötzlich viel besser versteht, weil sich ein Sonntagsbesuch an den anderen reiht und endlich Zeit zum Zuhören ist. Oder die Erkenntnis, dass Freddys Freundin Vero eigentlich gar keine richtige Freundin ist. Ein spannendes Hör-Abenteuer mit Tiefgang. Ab 8 Jahren.
Rufus Beck in Bestform: „Der Meteoritenlöffel“
HAMBURG (BLK) – Bei diesem Ein-Mann-Hörspiel zieht Rufus Beck wieder alle Register seines Könnens: „Der Meteoritenlöffel“ heißt die rasante Geschichte, die sich der britische Maler, Autor, Regisseur und Fotograf Philip Ridley ausgedacht hat. Helden der aberwitzigen, jetzt neu aufgelegten Story sind die Geschwister Fillys und Fergal Donner. Bei ihnen daheim hängt der Haussegen ziemlich schief, denn Herr und Frau Donner streiten sich ohne Ende. Grundsätzlich sind sie verschiedener Meinung, und schon der nichtigste Anlass genügt ihnen, um handgreiflich zu werden und die Fetzen fliegen zu lassen. Da entwickeln die Kinder wie von selbst sehr eigentümliche Überlebensstrategien. Eine Tages naht aber die Rettung. Eine geheimnisvolle Frau schenkt den Geschwistern einen sogenannten Meteoritenlöffel. Der soll alle ihre Probleme lösen, bringt aber erstmal lediglich das Haus der Donners zum Einsturz. „Harry Potter“-Interpret Beck lebt sich auch in diese absurde Erzählung so gut ein, dass der Hörer schon nach wenigen Minuten glaubt, einem ganzen Haufen wilder Figuren gegenüberzustehen, die nicht unterschiedlicher sein könnten. Zum Kichern komisch.
Literaturangaben:
CHABON, MICHAEL: Die Vereinigung jiddischer Polizisten. Lübbe Audio, Bergisch Gladbach 2008. 433 Min., 19,95 €.
FREUD, CLEMENT: Grimpel. Patmos, Düsseldorf 2008. 160 Min., 18,95 €.
LUDWIG, SABINE: Der 7. Sonntag im August. Oetinger Audio, Hamburg 2008. 212 Min., 16,95 €.
PAGO LIBRE SEXTETT: platzDADA! Christoph Merian Verlag, Basel 2008. 70 Min., 19 €.
RIDLEY, PHILIP: Der Meteoritenlöffel. Silberfisch bei Hörbuch Hamburg, Hamburg 2008. 145 Min., 9,95 €.
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