Werbung

Werbung

Werbung

Neue Sachbücher

Neuerscheinungen aus den Bereichen Linguistik, Medizin, Soziologie und Geschichte

© Die Berliner Literaturkritik, 08.12.08

 

Der Blinde, der wieder sehen lernte“ rührt und interessiert

HAMBURG (BLK) – Als „Der Blinde, der wieder sehen lernte“ ist Michael May bekanntgeworden. Unter diesem Titel hat Journalist Robert Kurson nun die „wahre Geschichte“ des Mannes aufgeschrieben, der als Kind bei einer Explosion sein Augenlicht verloren hatte und es vier Jahrzehnte später wiedererlangen sollte – dank eines Verfahrens, bei dem die Netzhaut mit Stammzellen nachgezüchtet wird. May erzählt, er habe zunächst gezögert, als ihm mitgeteilt wurde, sein Sehvermögen könne wiederhergestellt werden. Denn die Blindheit empfindet der US-Amerikaner keineswegs als Mangel: Er ist ein erfolgreicher Skifahrer, er ist verheiratet, hat zwei Söhne und führt ein glückliches Leben. Nach der Operation nehmen Mays Augen die visuellen Informationen zwar auf, aber sein Gehirn kann sie nicht mehr verarbeiten. Autor Kurson versucht, Wissenschaft und leichte Erzählung zu verbinden, als eine Mischung aus Schicksalsgeschichte und Fachbuch über die Hirn- und Stammzellenforschung. Mays Lebensgeschichte klingt fast schon ein wenig zu schön, um wahr zu sein. Sie weckt, wenn sie denn in allen Teilen mit der Realität übereinstimmt, Emotionalität – und die Hollywood-Produzenten. Die Filmrechte sind längst verkauft.

 

Linguist Deutscher findet in „Du Jane, ich Goethe“ richtige Worte

MÜNCHEN (BLK) – Ein Blick in die Geschichte der Sprache macht es ein wenig einfacher, mit ihr umzugehen, meint Guy Deutscher – und der Name des Autors ist hier eindeutig Programm. Unter dem Titel „Du Jane, ich Goethe“ führt der in Israel geborene Wissenschaftler unterhaltsam in die Evolutionsgeschichte der Sprache ein. Unterlegt mit amüsanten Beispielen, erklärt er unter anderem, wie aus einfachen Lauten komplexe Bedeutungen wurden. Deutscher zeichnet Wandel und Zerstörung von einigen der gut 6.000 existierenden Sprachen ebenso nach wie die Erschaffung neuer Sprachen und neue Erkenntnisse, die die Sprachforschung in den vergangenen Jahren gewonnen hat. Eine seiner Thesen: Die Früher-war-alles-besser-Stereotypen gab es schon in der Vergangenheit immer wieder, die Sprache war stets im Wandel begriffen. Schwieriger zu verstehende Fachbegriffe der Linguistik setzt er nur dort ein, wo sie nicht zu umgehen sind.

 

Ist Multikulti gut? Paul Scheffer über „Die Eingewanderten“

MÜNCHEN (BLK) – Der Soziologe Paul Scheffer hat in den Niederlanden vor mehreren Jahren eine Migrationsdebatte ausgelöst mit seinem Essay „Das multikulturelle Drama“. Nun legt er nach und widmet sich im neuen Buch „Die Eingewanderten“ erneut den Gastarbeitern, Aussiedlern, politisch Verfolgten und ihren Nachkommen. Scheffer erklärt darin auf über 500 Seiten Geschichte, Politik und Ursachen der Migration und versucht so die Grundlage zu liefern, um heutige Konflikte und Probleme zu verstehen. Den westlichen Gesellschaften wie den Niederlanden, Deutschland, Großbritannien und Frankreich wirft Scheffer vor allem Versäumnisse im Verhältnis zu ihren Migranten vor. Es fehle in den Aufnahmeländern noch immer eine Vorstellung davon, wie mit kulturellen Unterschieden umzugehen sei, kritisiert der eher konservative Wissenschaftler. Das Multikulti-Konzept sei gescheitert, die Integration muslimischer Migranten in Deutschland insgesamt eher misslungen und eine neue Integration nur durch eine Leitkultur möglich, argumentiert Scheffer. Den Entwurf einer Erneuerung der Gesellschaft bleibt er seinen Lesern aber schuldig.

 

Bedrückend und erweiternd – Schönkers Erinnerungen an Auschwitz

DÜSSELDORF (BLK) – Mit seinen Kindheitserinnerungen unter dem Titel „Ich war acht und wollte leben“ fügt Heinrich Schönker mehr als nur einen Stein in das große Bild des Grauens der Konzentrationslager und des Holocaust. Denn Schönker, beim Überfall der Deutschen auf Polen acht Jahre alt, erzählt nicht nur von seiner eigenen Kindheit in Auschwitz, wo später das berüchtigte Todeslager entstand. Er berichtet auch, wie sich sein Vater als letzter Vorsitzender der jüdischen Gemeinde von Auschwitz für diese einsetzte und Ende 1939 in Berlin sogar Adolf Eichmann traf, den Leiter des Judenreferats im Reichssicherheitshauptamt. Zu dieser Zeit gab es noch den Plan, die Juden aus Schlesien zu entfernen, indem von Auschwitz aus ihre Ausreise nach Palästina organisiert würde, ein Plan, der schließlich am Desinteresse des Auslands scheiterte. Die Familie Schönkers überlebt, nicht einmal oder zweimal, sondern etliche Male, im Ghetto von Krakau und im KZ Bergen-Belsen, bei sogenannten Säuberungen und bei Überfällen, in Lagern und bei Vertreibungen. Das Vorwort zu diesem mitreißenden und sehr berührenden, weil bedrückenden Buch schrieb Charlotte Knobloch, die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland.(dpa/mir)

Literaturangaben:
DEUTSCHER, GUY: Du Jane, ich Goethe. C.H. Beck, München 2008. 416 S., 24,90 €.
KURSON, ROBERT: Der Blinde, der wieder sehen lernte. Hoffmann und Campe, Hamburg 2008. 368 S., 23 €.
SCHEFFER, PAUL: Die Eingewanderten. Carl Hanser Verlag, München 2008. 536 S., 24,90 €.
SCHÖNKER, HEINRICH: Ich war acht und wollte leben. Patmos, Düsseldorf 2008. 235 S., 24,90 €.

Verlage


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: