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Neues auf dem Kinderbuchmarkt

Mr Gum, Kenny und der Drache und Jonna mit ihrer Gurilla Mutter machen Freude beim Lesen

© Die Berliner Literaturkritik, 20.07.10

Großartig fiese Type: „Mr Gum“

Mit „Mr Gum“ hat der britische Autor Andy Stanton eine großartig fiese Type mit großer Zukunft geschaffen. „Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum!“ heißt der erste Band der vielversprechenden Reihe. Und der erste Satz des von Harry Rowohlt furios übersetzten Romans beschreibt den furchterregenden Helden der Geschichte ganz treffend so: „Mr Gum war ein wildwütiger alter Mann mit rotem Bart und zwei blutunterlaufenen Augen, und damit starrte er einen an wie ein Krake oder Oktopus, der sich in einer bösen Höhle zusammengekringelt hat.“ Genau so hat Illustrator David Tazzyman diesen Mann auch gezeichnet.

Mr Gum hasst Kinder, Tiere, Spaß und Mais mit Butter und Salz. Sein Haus gleicht einer Mühlhalde, nur der Garten davor ist komischerweise sehr schön und gepflegt. Dafür sorgt eine kleine Fee, die Mr Gum immer mit der Pfanne auf den Kopf haut, wenn er die Gartenarbeit vernachlässigt. Eines Tages kommt der Riesenköter Jakob, „so freundlich wie Toast“, des Weges, sieht den unberührten Garten und macht sich freudig daran, Rasen und Blumenbeete zu ruinieren. Mr Gum ist entsetzt und sinnt auf Rache. Jakob-der-Hund ist seines Lebens nicht mehr sicher, doch die neunjährige Polly steht ihm bei.

Das klingt nach einer simplen Geschichte. Doch Stanton bringt es mit seinem Sprachwitz, seinen Wort-Neuschöpfungen und Wort- Umdeutungen fertig, daraus eine Story zu stricken, bei der man sich beim Lesen (oder Hören mit Harry Rowohlt als begnadetem Sprecher) vor Lachen am liebsten auf dem Boden wälzen würde. In Großbritannien sind schon sieben „Mr Gum“-Bände erschienen. In Deutschland kommt im August Teil 2 heraus: „Mr Gum und der Mürbekeksmilliardär“. Ab 8 Jahren.

Eine Affenliebe: „Ich, Gorilla und der Affenstern“

Jonna ist entsetzt. Zwar hat sie sich sehnlichst gewünscht, dass sie endlich das schreckliche Waisenhaus verlassen kann. Doch dann steht eine wirklich seltsame Adoptivmutter vor der Tür, um das Mädchen mitzunehmen: ein Gorilla. „Ich, Gorilla und der Affenstern“ heißt das herrlich skurrile Kinderbuch der schwedischen Autorin Frida Nilsson. Sie erzählt auf einfühlsame und witzige Art, wie sich Kinder manchmal dafür schämen, dass ihre Eltern so gar nicht in unsere genormte Welt passen.

Gorilla ist eine temperamentvolle Affenfrau, die im buchstäblichen Sinne am Rande der Gesellschaft lebt. Ein Schrottplatz, mit dem sie ihren Lebensunterhalt verdient, ist Gorillas und nun auch Jonnas Zuhause. Jonna freut sich zwar, dass ihr Gorilla Fürsorge und Aufmerksamkeit schenkt - doch die Affenfrau mit den um die Beine schlackernden Leggins ist ihr beim Stadtbummel oder im Restaurant furchtbar peinlich. Langsam aber freunden sich die Beiden an. Vor allem als Jonna erfährt, dass Gorilla eigentlich viel lieber Bücher als Schrott verkaufen würden, fasst das Mädchen Vertrauen.

Doch die fragile Harmonie ist bedroht. Der habgierige Bürgermeister der Stadt will Gorillas Schrottplatz kaufen und auf dem Gelände „das größte Schwimmbad Nordeuropas“ bauen. Um diesen Plan durchzusetzen, schreckt er auch vor Erpressung nicht zurück. Willigt Gorilla nicht ein, will er Jonna wieder ins Waisenhaus bringen. Wie Jonna am Ende darum kämpft, bei Gorilla bleiben zu können und dabei das Geheimnis ihrer neuen Mutter entdeckt - das ist in der wunderbaren Erzählung nachzulesen. Illustrator Ulf K. hat sehr pointierte, freche Zeichnungen zu dem Band beigesteuert.

Kenny“ ist alles andere als ein „Hasenfuß“

Kenny Kaninchen ist ein Außenseiter. Statt mit seinen Klassenkameraden zu balgen, steckt er sein Schnäutzchen lieber in Bücher. Dabei ist Kenny alles andere als ein „Hasenfuß“. Das zeigt sich, als sich eines Tages ein Ungeheuer auf dem Grundstück der Kaninchen-Familie breitmacht. Mit „Kenny und der Drache“ erzählt der amerikanische Autor und Zeichner Tony DiTerlizzi, Illustrator der „Spiderwick Geheimnisse“, eine sehr zartfühlende Geschichte von Mut und Freundschaft. Seine mit feinem Strich gezeichneten Illustrationen machen das Buch zu einem kleinen Kunstwerk.

Kenny merkt schnell, dass es sich bei dem Drachen um keinen typischen Vertreter seiner Art handelt: Grahame („wie der Schriftsteller“) ist ein belesenes Schuppentier mit Sinn für Kochkunst und Poesie. Das würde natürlich keiner der Dorfbewohner glauben, die das Ungeheuer von ihrem besten Drachentöter niedermetzeln lassen wollen. Kenny ist entsetzt, dass der Drachentöter ausgerechnet sein bester Freund ist, der Antiquar und pensionierte Ritter Georg. DiTerlizzi gelingt es, Kennys Sorgen und Ängste ganz aus der Sicht des kleinen Kaninchens und so absolut glaubwürdig zu erzählen. Um Grahame zu retten, ersinnt Kenny eine List - und wandelt sich vom „Bücherwurm“ zu einem tatkräftigen, mutigen Jungen. Ab 8 Jahren. (dpa/ton)

Literaturangaben:

STANTON, ANDY: Sie sind ein schlechter Mensch, Mr Gum! Sauerländer Verlag, Mannheim 2010. 200 S., 12,90 €.

Als Hörbuch gesprochen von Harry Rowohlt, Sauerländer Audio, 12,95 €.

NILSSON, FRIDA: Ich, Gorilla und der Affenstern. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2010. 176 S., 12,95 €.

DITERLIZZI, TONY: Kenny und der Drache. cbj, München 2010. 144 S., 12,95 €.


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