Von Thomas Borchert
KOPENHAGEN (BLK) – Viel freundlicher Beifall, aber auch etliche fragende Gesichter: Das neue Stück des Berliner Dramatikers Roland Schimmelpfennig, „Mann trifft Frau: Theorie und Praxis“, hat dem dänischen Publikum bei der Uraufführung am Mittwochabend (26. März 2008) in Kopenhagen einiges abverlangt. Mit nur zwei Personen, dafür aber zahllosen Zeit- und Raumsprüngen, ständigem Wechsel zwischen Fiktion und Wirklichkeit sollte hier der Versuch eines Paares ausgelotet werden, sich in einer Fantasiewelt nahe zu kommen und einander zu genügen. Schimmelpfennig (40), einer der meist gespielten deutschen Gegenwartsdramatiker, lässt den Versuch scheitern.
Das Kopenhagener Theater Kaleidoskop/K2 und die Produzenten vom Holland House kündigten die Uraufführung mit dem schönen Satz an: „Eine Begegnung zwischen zwei Menschen beinhaltet viele Risiken, von denen die Liebe eins ist.“ Das lernt der männliche Part, gespielt von Jesper Lohmann, im Lauf des Stückes, als er eine Frau (Trine Dyrholm) anheuert, um nur für ihn Fantasiewelten zu schaffen.
Nachdem sie begreift, dass es dem Mann nicht um Sex geht, beginnt die schwierige Reise beider von Annäherung über Verliebtheit bis zur Trennung. Jede Phase ist begleitet von fantasierten Begegnungen als New Yorker Bibliothekare in den fünfziger Jahren, zufällige Supermarkt-Bekanntschaft unserer Tage und als englische Forschungsreisende im Afrika des 19. Jahrhunderts.
Was wie ein chronologischer Ablauf klingt, präsentierte sich auf der Kopenhagener Bühne als oft vertracktes, stark rhythmisiertes Springen zwischen allen Ebenen. Schimmelpfennig selbst nennt das „kompositorisch verzwickt“ und verlangte den beiden in Dänemark zur allerersten Garde gehörenden Schauspielern alles ab. Die dankbarere Rolle hat Dyrholm als ständig ausagierende Frau, die mit kleiner Tochter und versoffenem Ehemann daheim zeitweise gern in die Fantasiewelten ihres Auftraggebers flieht. Aber dem Realitäts- oder Praxisprinzip kann sie ebenso wenig entfliehen wie der zunächst kontemplativ vor sich hin theoretisierende Mann. Ihn holt die Realität ein, als die Frau weg vom Spiel zu ihrer wirklich kranken Tochter muss.
Am Ende siegt das Realitätsprinzip ganz und beide verlassen einander. Regisseur Jacob F. Schokking arbeitete bei seiner Inszenierung massiv mit großen und aufwendigen Video-Projektionen hinter den Schauspielern. Bei aller Raffinesse hatte das Stück seine Stärken vor allem in verbal, aber auch optisch auf den nackten Kern reduzierten Passagen. „Wir gehören zusammen“ versichern beide sich immer wieder, bis er zu fragen beginnt: „Wirklich?“