BONN (BLK) - Das Nibelungenlied wird UNESCO-Weltdokumentenerbe. Den Beschluss traf das Internationale Komitee des Programms „Memory of the World“ (Gedächtnis der Welt), wie die Deutsche UNESCO-Kommission am Donnerstag in Bonn berichtete. Die Dichtung um den Drachentöter Siegfried und seine Liebe zur burgundischen Königstochter Kriemhild gilt als herausragendes Beispiel der europäischen Heldenepik – vergleichbar mit der griechischen Troja-Sage.
Das UNESCO-Register wird die drei wichtigsten und vollständigsten Handschriften des Nibelungenlieds listen. Sie werden in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe, in der Bayerischen Staatsbibliothek in München und in der Bibliothek des Klosters St. Gallen (Schweiz) aufbewahrt. Das Nibelungenlied wurde um 1200 von einem unbekannten Dichter auf Basis vorwiegend mündlicher Überlieferungen niedergeschrieben. Es besteht aus etwa 2400 Strophen.
Das Nibelungenlied ist der elfte deutsche Beitrag in dem Dokumenterbe, das als „Schatzkammer“ der Geistesgeschichte der Menschheit gilt und die wichtigsten Dokumente der Weltkultur enthalten soll. Kern des UNESCO-Programms ist es, die Dokumente digital aufzubereiten und sie über das Internet öffentlich zu machen. Dafür kooperieren Museen, Bibliotheken und Archive weltweit.
Die Karlsruher Handschrift C gilt als die älteste der erhaltenen Handschriften aus dem 13. Jahrhundert. Die Landesbank Baden-Württemberg hatte sie 2001 vom Adelshaus Fürstenberg in Donaueschingen erworben und der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe übergeben. Dort wird sie in einem Tresor geschützt, eine Kopie ist ausgestellt.
Die Entscheidung des internationalen Komitees für die Aufnahme des Nibelungenlieds wurde auf deutschen Vorschlag auf einer Tagung in Bridgetown (Barbados) getroffen. Sie muss vom UNESCO-Generaldirektor formal noch bestätigt werden.
Hintergrund: „Gedächtnis der Menschheit“
Das UNESCO-Programm „Memory of the World“ - „Gedächtnis der Menschheit“ - will historisch bedeutsame Dokumente bewahren helfen und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Das Register ist ein weltumspannendes digitales Netzwerk mit wertvollen Buchbeständen, Handschriften, Partituren, Unikaten, Bild-, Ton- und Filmdokumenten. Es umfasst derzeit rund 160 Dokumente aus aller Welt. Darunter sind mit der Aufnahme des Nibelungenlieds auch elf aus Deutschland.
Registriert sind etwa die 21 Thesen der polnischen Solidarnosc, die Kolonialarchive Benins, Senegals und Tansanias, der Azteken-Codex in Mexiko, die Archive des Warschauer Ghettos oder das älteste noch erhaltene Manuskript des Korans „Mushaf von Othman“ aus Usbekistan. Deutschland arbeitet seit 1999 an der Umsetzung des Programms mit. Zu den deutschen Einträgen gehören unter anderen Gutenbergs Erfindung des Buchdrucks (Göttinger Gutenberg-Bibel), Goethes literarischer Nachlass, Beethovens 9. Sinfonie, Fritz Langs Stummfilmklassiker „Metropolis“ oder die Märchen der Brüder Grimm.
Ziel des 1992 gestarteten UNESCO-Programms ist es, dokumentarische Zeugnisse von außergewöhnlichem Wert in Archiven, Bibliotheken und Museen zu sichern. Daneben sollen die Dokumente auf modernen informationstechnischen Wegen aufbereitet werden, um einen weltweiten Zugang zu ermöglichen. Mit dem Eintrag in das Register verpflichten sich die Herkunftsländer, für Erhalt und Verfügbarkeit des jeweiligen dokumentarischen Erbes zu sorgen. (dpa/ber/mül)