Werbung

Werbung

Werbung

Nichts, das mich hält

Der Gedichtband „Nichts, das mich hält“ von Jürg Halter

© Die Berliner Literaturkritik, 16.07.09

ZÜRICH (BLK) – Im September 2008 ist beim Ammann Verlag der Gedichtband „Nichts, das mich hält“ von Jürg Halter erschienen.

Klappentext: „Auf was wartest du noch? / Ich sage dir: / Eine Schneeflocke wiegt 0,004 Gramm, / und zu gleichen Teilen fällst du aus allen Wolken.“ Nach seinem vielbeachteten Erstling „Ich habe die Welt berührt“, legt der junge Schweizer Dichter Jürg Halter mit „Nichts, das mich hält“ einen überraschenden zweiten Gedichtband nach. Die neuen Gedichte zeichnen sich durch einen melancholisch-leichten Ton aus und handeln u. a. von der Vergänglichkeit oder der Abwesenheit der Liebe: „Nach meinem Tod wünsche ich / wie hartes Brot / in einer Schwarz tragenden Familie / herumgereicht und / in unverblühter Erinnerung an dich / gebrochen zu werden.“
In Halters zeitlos gegenwärtigen Gedichten fragt sich ein zweifelndes Ich: „Doch, sag mir, Spieglein an der Wand: Wie lange noch / willst du mich eigentlich beweisen?“ Spielerisch greift Halter die großen Themen auf und besetzt sie durch ungewohnte Wendungen und Brüche neu. Manchmal werden gar Naturgesetzte außer Kraft gesetzt: „Stell dir vor, der Stein, den du in der Hand hältst, / hält dich.“ Mit seiner bestechend anschaulichen Sprache beweist Jürg Halter nicht zuletzt, daß sich weit jenseits des Lyrikzentrums Berlin eine Stimme erhoben hat, der es zuzuhören lohnt.

Jürg Halter ist 1980 in Bern geboren. Er studierte dort an der Hochschule der Künste und ist heute Dichter und Mundart Rapper. Bekannt wurde er durch seinen Gedichtband „Ich habe die Welt berührt“ (2005). (rud/ber)

Leseprobe:

© Amman Verlag ©

DAS GESPRÄCH

Vor nicht allzu langer Zeit
trafen sich Suizid und Heldentod
in einer Konkurs gegangenen Bar
zum Gespräch über den Nutzen der Sehnsucht.

Noch hatte keiner der beiden das Wort ergriffen,
da löste sich von der Decke der Kronleuchter.
Begrub die zwei Tunichtgute unter sich. –
Das Gespräch, das sie führten, hält bis heute an.

SPIEGELBILD

Wenn ich die Augen schließe,
hörst du auf zu sein?
Lies mir von den Lippen.

Wenn ich lange schon schweige,
vernimmst du meine Stimme noch?

Lies zwischen meinen Zeilen.

Lausche weiter.

Doch sag mir, Spieglein an der Wand: Wie lange noch
willst du mich eigentlich beweisen?

KERNFUSION

Wir drehen uns im Kreis,
ich, Proton, du, Neutron.

Kommen zu keinem
gemeinsamen Stillsein.

Wenn ich über etwas schweige,
schweigst du über etwas anderes.

Wir spiegeln uns gegenseitig,
bis sich nichts mehr regt in uns.

Wer bin ich und wer bist du?
Unsere Fusion bleibt aus.

Neue Namen müssen her.
Sind nur Schall und Rauch.

DER PLAN VOM LEBEN

Er steht am Fenster,
schaut über die Lichter der Stadt.

Haucht unterkühlt ans Glas und
faßt sich in den Nacken.

Endlos perlt der Champagner.

Was er nicht ausspricht:
wenn er es doch
nur anders sagen könnte.

Das Telefon klingelt.

Er antwortet und fährt mit dem Finger
die Naht seines Hemdkragens entlang.

Die Welt ist so ursprünglich!

Was er besitzt, ist
ein großer Plan,
mehr nicht.


© Ammann Verlag ©

Literaturangabe:

HALTER, JÜRG: Nichts das mich hält. Gedichte. Ammann Verlag, Zürich 2008. 64 S., 15.90 €.

Weblink:

Ammann Verlag


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: