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Nostalgie in Bad Ischl

Alfred Komareks Roman „Doppelblick“

© Die Berliner Literaturkritik, 07.04.08

 

INNSBRUCK (BLK) – Alfred Komareks Roman „Doppelblick“ ist im Haymon Verlag erschienen.

Klappentext: Es ist Frühling. Daniel Käfer macht in Hamburg Karriere und er steht in Graz am Grab seines Bruders: zu viel Disziplin, zu viel Anspannung, zu viel Ärger in all den Jahren… Wie hoch darf der Preis für beruflichen Erfolg sein?

Käfer ist schon dazu entschlossen, den nächsten Karriereschritt nicht zu tun, und – noch wichtiger – seine gemeinsame Zukunft mit Sabine zu festigen, als ihn ein Auftrag seines Konzerns ins Salz kammergut führt. Diesmal kommt er nicht mit leeren Händen: Käfer soll ein geeignetes Haus finden für ein Seminarzentrum seines Medienunternehmens und darf dabei kräftig investieren. Das bedeutet wirtschaftliche Belebung, neue Arbeitsplätze. Die Ausseer teilen Käfers Begeisterung für sein neues Projekt nur bedingt, hat sich doch Ähnliches erst vor kurzem als Luftblase erwiesen. Bald darauf stößt er aber im kaisergelben Bad Ischl auf großes Interesse. Mit dem ehemaligen Gasthof Doppelblick entdeckt Käfer überdies ein faszinierendes Bauwerk, das seinen Plänen in idealer Weise entspricht. Doch der Eigentümer, nobel verarmt, verschroben, dem schönen Verfall hingegeben und der Poesie des Untergangs, möchte um keinen Preis verkaufen. Und aus der Freude am Wiedersehen mit Sabine wird sehr rasch ratlose Verwirrung…

Dieser vierte und abschließende Daniel-Käfer-Roman bringt die Wiederbegegnung mit den von den Lesern längst liebgewonnenen Menschen des Ausseerlandes und verbindet Daniel Käfers Weg mit dem nostalgisch verklärten Glanz des ehemaligen Kaiserstädtchens Bad Ischl. (nor/wip)

 

Leseprobe:

© Haymon Verlag ©

Ein paar Stunden später hatte Daniel Käfer den Kopf voller Bilder, nebst Informationen aller Art. Ein Wiedersehen mit Hallstatt vorerst. Das schöne Schloss Grub am anderen Ufer sei derzeit zu haben, erzählte Schiller, allerdings zu einem horrenden Preis, und überdies sei es ja nur mit der Bahn zu erreichen. Käfer hatte dann Goisern ein wenig kennen gelernt, bäuerlicher als Aussee, von deutlich mehr Lutheranern bevölkert, doch sehr verwandt im Wesen – das mochte wohl auch ein Grund für die liebevoll ausgelebte Rivalität zwischen diesen beiden Gemeinden sein. Mit Ischl wollte sich Schiller bei nächster Gelegenheit ausführlich beschäftigen. Umso mehr Zeit nahm er sich für Ebensee, weil dieses weitläufige Gemenge von Industrie, Bauerngütern, Freizeitbauten und Villen viel Platz für neue Projekte bot – und das zu vergleichsweise günstigen Preisen. Traunkirchen dann, klein, fromm und im Sinne des Wortes bildschön zwischen See und Felsen gebaut. Hier könne Käfer unter Umständen schon fündig werden, wie auch in Altmünster mit seinen Schlössern und Adelssitzen. Gmunden endlich, den See mit großer Gebärde umfangend, offen für das weite Land dahinter, zumindest vordergründig noch von immer heiterem Schönheitssinn und selbstbewusstem Reichtum geprägt. Doch diese Stadt wirkte auf Daniel Käfer schon zu groß, war zu vielschichtig für ein Projekt, das Distanz und Geborgenheit verbinden sollte.

Jetzt war die Ente wieder beflissen blubbernd und schnurrend auf dem Rückweg. Eustach Schiller hielt mit dem Ellenbogen das Klappfenster einen Spalt breit offen und genoss die Frühlingsluft. „Auf zu neuen Ufern!“

Käfer seufzte. „Vielen Dank für ihre salzkammergütliche Bildungsoffensive, mein Guter. Aber was zu viel ist, ist zu viel. Schluss also für heute!“

„Wie sie möchten. Aber natürlich sind auch die Randgebiete des Salzkammergutes rings um den Wolfgangsee, den Attersee und den Mondsee für Sie interessant.“

„Wird schon so sein. Kann aber warten.“

„Freilich. Wir sind bald wieder in Ischl. Darf ich Sie zu einem atmosphärisch stimmigen Mittagessen einladen? Fällt unter Spesen im Zuge der Geschäftsanbahnung.“

„Gerne! Wohin?“

„In die Schratt-Villa, vormals Villa Felicitas. Sie folgen einfach der Umfahrung Richtung Salzburg. Die Beziehung zwischen Frau Schratt und Kaiser Franz Joseph darf ich wohl als bekannt voraussetzen? Rätsel gibt sie dennoch bis heute auf, sogar wenn man von der Frage absieht, ob da was war oder nicht, erotisch gesehen. Jedenfalls hat Elisabeth höchstselbst die Angelegenheit eingefädelt, weil ihr die unerschütterliche Liebe und Zutraulichkeit ihres Gatten offenbar ein wenig lästig wurde. Als sich diese kaiserlich-theatralische Liaison dann vielleicht doch als zu innig darstellte, griff Elisabeth zur spitzen, wenn nicht gar giftgetränkten Feder. Dieses Gedicht …, ich glaube fast, dass ich die letzte Strophe zitieren kann: „Sie schnürt den Bauch sich ins Korsett, / dass alle Fugen krachen / hält sich gerade wie ein Brett / und äfft noch andere Sachen / im Häuschen der Geranien / wo alles fein und glatt / dünkt sie sich gleich Titanien, / die arme dicke Schr…“

Schiller verstummte erschrocken, als Käfer seine Ente so heftig abbremste, dass die Reifen quietschten. „Was zum Teufel ist los?“

Käfer hatte das Fahrzeug an den Straßenrand gelenkt und kümmerte sich nicht um die vielsagenden Gesten jener Lenker, die mit knapper Not einem Auffahrunfall entgangen waren. „Herr Schiller! Da oben, sehen Sie nicht?“

„Was soll da oben sein?“

„Das große Gebäude auf der Hügelkuppe. Warten Sie …, auf dem Schild an der Fassade steht Doppelblick.“

© Haymon Verlag ©

Literaturangaben:
KOMAREK, ALFRED: Doppelblick. Roman. Haymon Verlag, Innsbruck 2008. 192 S., 17,90 €.

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