Von Susanna Gilbert-Sättele
Martha Grimes, die amerikanische Expertin für britische Krimis, lässt ihren liebenswerten Inspektor Richard Jury nun schon zum 20. Mal ein verzwicktes Verbrechen aufklären:
„Inspektor Jury kommt auf den Hund“ ist nach Angaben des Verlages ein „raffiniertes, vielschichtiges Verwirrspiel“, das allerdings Geduld und Realitätssinn der Leser auf eine harte Probe stellt. Der Versuch nämlich, „eine Geschichte in der Geschichte in der Geschichte“ zu schreiben, wurde als eine höchst unwahrscheinliche, logisch nicht durchgängig nachvollziehbare und in der Auflösung wenig überzeugende Erzählkonstruktion realisiert, die das Lesevergnügen erheblich schmälert.
Superintendent Jury, der nach Eigenmächtigkeiten vorübergehend vom Dienst suspendiert ist, trifft in einer Bar einen sympathischen Fremden. Man trinkt einige Gläser und kommt ins Plaudern, bis ihm Harry, der neue Bekannte, eine höchst tragische Geschichte von seinem Freund Hugh Gault erzählt. Der, so sagt Harry, sei in einer psychiatrischen Klinik gelandet, nachdem fast ein Jahr zuvor seine Frau Glynnis, der Sohn und der Hund Mungo nach einer Hausbesichtigung auf dem Lande spurlos verschwunden seien. Nur Mungo sei nach Monaten wieder aufgetaucht. Und so kümmere er sich um das Tier, den kranken Freund und die Auflösung des Rätsels um Glynnis und das Kind.
Mit überraschender Naivität glaubt Jury alles, was ihm der Fremde auftischt, und macht sich mit Hilfe seiner Freunde, allen voran mit dem spleenigen Gutsbesitzer Melrose Plant, daran, dem Geheimnis auf die Spur zu kommen. Dies wird noch dadurch erschwert, dass eine Frau in dem verlassenen Haus ermordet aufgefunden wird, in dem Glynnis zuletzt gesehen worden war. Jury, der in der Toten die vermisste Ehefrau vermutet, fällt aus allen Wolken, als die richtige Mrs. Gault wohlbehalten in der Klinik ihres Mannes aufkreuzt. Und vollends verwirrt ihn die Aussage des Ehepaares, dass sie ein Jahr zuvor ihren einzigen Sohn bei einem Bootsunfall verloren haben.
Bis Jury die Wahrheit ans Licht bringt, führt er noch etliche langatmige Gespräche, die sich nicht nur um den Fall, sondern vor allem um Quantenphysik drehen, denn Harry gibt vor, Physiker und damit Hughs Kollege zu sein, mit dem gemeinsam er ein Buch zu schreiben beabsichtige. Ebenso bemüht wirkt es, wenn die Bestsellerautorin Passagen einstreut, in denen Hund Mungo aus seiner Perspektive einen Beitrag zur Geschichte beisteuert.
Grimes neues Buch liest sich amüsant, besonders wenn sie die Schrulligkeiten ihrer Hauptakteure herausarbeitet. Dennoch: Den Witz und Charme früherer Jury-Abenteuer erreicht es nicht. „Uh, war das langweilig“, stöhnt denn auch ein enttäuschter Leser im Internet. Und ein anderer sieht in dem neuen Grimes-Krimi „ein klassisches Beispiel“ dafür, „was passiert, wenn der Schriftsteller nicht mehr will, der Verlag aber denkt, dass aus der Serie noch etwas rauszuholen sei.“
Literaturangaben:
GRIMES, MARTHA: Inspektor Jury kommt auf den Hund. Goldmann Verlag, München 2008. 416 S., 19,95 €.
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