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Osama Bin Laden und „Der Karikator“

Bernd Zellers Buch „Ein Leben für den Terror“ aus dem Jahr 2007 - Ein Satire-Versuch

© Die Berliner Literaturkritik, 18.03.12

Dieser Text erschien erstmal am 12. Februar 2008 in diesem Magazin.

ZELLER, BERND: Ein Leben für den Terror. Die offizielle Autobiographie von Osama bin Laden. Macchiato Verlag, Jena 2007. 96 S., 15 €.

Von Martin Spieß

„Ladies and gentleman, we got him.“ Ein Satz reichte im Dezember 2003 aus, um jedem klarzumachen, wen die Amerikaner da erwischt hatten: Saddam Hussein. Der ja nur deswegen gestürzt wurde, weil er – zumindest laut USA – mit Al Qaida im Bunde war. Deren Kopf allerdings, Osama Bin Laden, ist weiterhin unauffindbar. Er taucht nur hin und wieder aus der Versenkung auf, um die USA mit einem neuen Video wütend zu machen. Was würde für ein Friede einkehren wenn es auch im Falle von Bin Laden eines Tages hieße: „We got him!“

Bis dahin ist die Begeisterung um den Terrorchef ungebrochen. Grund genug für den Jenaer Cartoonisten Bernd Zeller, „Die offizielle Biografie von Osama Bin Laden“ zu schreiben oder besser: zu „dokumentieren“, wie es auf dem Umschlag heißt. „Ein Leben für den Terror“ heißt das Buch, und es ist das „meistgesuchte Buch der Welt“ – so zumindest der Fake-Werbeaufkleber. Die Biografie, bestehend aus Text und sehr naturalistischen Zeichnungen, ist – wer hätt’s gedacht – frei erfunden. Und so reiht Zeller, der sich auf seiner Internetseite selbst wahnsinnig witzig „Der Karikator“ nennt, munter einen erdachten und unerträglich unwitzigen Biografieschnipsel an den anderen.

Bin Laden als beruflicher Entführer, als Student, als Stand-Up-Comedian, als Cartoonist, als Politiker – schließlich schreibt Bin Laden neue Showformate für das Internet: Born to Bomb, Al Qaida sucht den Superbomber oder Die Terror-Nanny. Selten so gelacht? Mitnichten. Für keinen noch so flachen Witz ist Zeller sich zu schade, und so kalauert er sich durch über 90 Seiten und produziert doch nur sich von den Leserzehen schälende Fußnägel. Den 11. September 2001 schließlich lässt Zeller mit nur einer beiläufigen und genau wie der Rest unpointierten Bemerkung zurück. Dabei ist 9/11 eigentlich ein, wenn man es makaber formulieren will, Schlüsselerlebnis in Bin Ladens Leben, das man, wenn man schon eine derartige Grenze überschreitet, aufs Breiteste ausschlachten sollte.

Denn eines steht fest: Die Idee der erfundenen Biografie ist brillant. Die Mittel, Lacher zu produzieren, sind hinlänglich bekannt. Parodie, Überzeichnung, Persiflage – die Liste ließe sich fortsetzen. Aber anstatt beispielsweise Bin Ladens Motivation zu persiflieren, bleibt Bin Laden in „Ein Leben für den Terror“ der ambitionierte Terrorchef, wenn Zeller ihm auch so lustige Makel wie einen kleinen Penis zuschreibt. Die erwünschte Rechnung – dass das Buch wenn nicht zum „meistgesuchten“, dann vielleicht zum meistgekauften Buch wird – geht nicht auf.

Ganz einfach deswegen, weil Zeller aus der an sich ziemlich lustigen Idee nicht das macht, was sie hergibt, hergeben könnte. Und so bleibt die gefakete Etikettierung nur ein frommer Wunsch. Und Osama Bin Laden hoffentlich in seinem Versteck, weit weg von Zivilisation, Kommunikation und einer Buchhandlung. Sonst sucht er sich womöglich das nächste Mal ein Ziel in Jena aus.


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