Von Christina Quast
BOCHUM (BLK) - Texten als Sport: Mit Worten und Reimen traten die Finalisten der 14. deutschsprachigen Meisterschaften im Poetry Slam am Samstagabend (14.11.) in Bochum an. Bei der munteren Dichterschlacht war der Wuppertaler Patrick Salmen im Einzel unschlagbar: Mit einem eindringlich-witzigen Plädoyer für seinen Bart und dem ironischen Wunsch nach einer Kaffeemaschine begeisterte er die fast 2.000 Zuschauer in der ausverkauften Jahrhunderthalle. Nach Mitternacht konnten sich auch Jasper Diedrichsen und Moritz Neumeier als „Team und Struppi“ feiern lassen: Wilde bis atemlose Parodien auf das Bürgertum brachten dem Duo aus Schleswig- Holstein die Team-Meisterschaft ein.
Die Regeln beim Poetry Slam sind knapp: Die Textathleten haben fünf Minuten Zeit, um ihre selbstgeschriebenen Texte dem Publikum nur mit Mikrofon und Zettel zu präsentieren. Andere Hilfsmittel wie Requisiten und Kostüme sind verboten. So kommen die Akteure überwiegend in Jeans und T-Shirt auf die Bühne. Unter die Finalisten hatte es dabei nur eine Frau im Einzel und das weibliche Team „Le Poonie“ geschafft. Poetry Slammer lesen nicht vor, sondern sprechen mit dem Publikum, das mit lauten Zwischenrufen und spontanem Jubel auf gelungene Wortakrobatik reagiert.
Mit einem Freestyle-Vortag eröffnete „Der Tom“ die Finalrunde. Der Poet ließ sich regelmäßig Wörter zurufen und brachte in seinem Text „Gehacktes“, „Waschmittel“ und „trigonometrische Funktionen“ unter, ohne den Faden zu verlieren. Seine Konkurrenten hielten mit Kurzgeschichten, Gereimtem, Rap oder Comedy dagegen, denn dem Genre ist beim Poetry Slam keine Grenze gesetzt. Die Idee entstand als Alternative zu Lesungen während der 1980er Jahren in Chicago.
Manchen Finalisten kratzte schon die Stimme, weil sich die Textkünstler über Vorrunden und Halbfinals qualifizieren mussten. Zu den deutschsprachigen Meisterschaften unter dem Titel „Slam2010“ kamen rund 175 Teilnehmer. Damit gilt der Wettstreit im Rahmen der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 als größtes Poetry Slam Festival in Europa.
Beim Poetry Slam geht es weniger um die Konkurrenz unter den Akteuren, sondern mehr um den Spaß mit dem Publikum, das in der Jahrhunderthalle häufiger von den Stühlen sprang und auch über die Meister entschied. Zwölf Wertungstafeln waren unter den Zuschauern verteilt, die jeden Vortag mit maximal zehn Punkten belohnten. Keine einfache Aufgabe, denn beim Poetry Slam gilt, dass ein Poet aus Respekt vor seinem Text nicht ausgebuht wird, aber die Jury für die Punktevergabe hörbar kritisiert werden darf.
Für die Sieger wurden fast durchweg die Höchstnoten gezückt. Mit 97,5 Punkten ging Einzel-Meister Patrick Salmen von der Bühne. „Team und Struppi“ holten sogar 98 der 100 möglichen Punkte, da niedrigster und höchster Wert gestrichen werden. Als Pokal hielten die neuen Poetry-Slam-Meister schließlich einen Cocktail-Shaker in den Händen, der auch direkt zum Einsatz kommen durfte. Denn Textathleten müssen nicht zur Dopingkontrolle.
BLK-Notizblock
Internet