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Peter Grosz gibt Spitzeldienst zu

Er habe von 1974 bis 1977 deutschstämmige Autoren oberserviert

© Die Berliner Literaturkritik, 22.02.10

MAINZ (BLK) - Für den rumänischen Geheimdienst Securitate hat der Schriftsteller und künstlerische Leiter der Oppenheimer Festspiele, Peter Grosz, in den 70er Jahren Autorenkollegen bespitzelt. Das räumte Grosz in einer zehnseitigen Erklärung ein, die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegt und über die auch der Südwestrundfunk (SWR) berichtete. Die Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller warf Grosz in der Mainzer „Allgemeinen Zeitung“ eine „Denunziation der schlimmsten Art“ vor und fordert die „Aufklärung des Geschehens, wie in der Stasi-Debatte“.

Grosz spionierte demnach auch Müllers Ex-Ehemann, den rumänisch- deutschen Autor Peter Grosz, aus. Wagner hatte Grosz im vergangenen Jahr mit dem Verdacht konfrontiert. „Ich habe ihm gegenüber gestanden“, heißt es in der jetzt verbreiteten Erklärung von Grosz. Er habe Wagner die Umstände erläutert, „die mich zu dieser verwerflichen Mitarbeit gezwungen haben“. Auf Druck der Securitate habe er für den Geheimdienst von 1974 bis zu seiner Ausreise 1977 als „Quelle“ deutschstämmige Autoren oberserviert.

Wagner warf Grosz in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (Montagausgabe) indes Verrat an Freunden vor. „Grosz gehörte zum harten Kern der Securitate-Helfer. Diese wurden gezielt eingesetzt, und zwar nicht nur zur Informationsbeschaffung, sondern auch zur Manipulation des jeweiligen Opfers. Sie drangen systematisch in dessen Privatleben ein“, sagte Wagner.

Grosz habe sogar noch in einem persönlichen Gespräch im vergangenen Jahr versucht, seine IM-Tätigkeit zu verharmlosen. Er habe seine Spitzelei später nie bedauert, sagte Wagner. Er wisse nicht, wie Grosz den Betrug und den Verrat an den Kollegen Gerhard Ortinau und Wiliam Totok, denen er immerhin eine Freundschaft vorgetäuscht habe, wiedergutgemacht haben wolle.

Nachdem die Vorwürfe nun bekannt wurden, spricht Grosz von einer „öffentlichen Kampagne“ gegen ihn und beklagt in seiner Erklärung eine „öffentliche Zurschaustellung, die fatal an spätstalinistische Schauprozesse erinnert“. Im Radiosender SWR 2 plädierte Sigfrid Gauch, Literaturreferent des Landes Rheinland-Pfalz, für eine Debatte über die eigentlichen Täter: „Wir sprechen nicht von den Securitate- Tätern, die ganze Menschenleben zerstört haben, wir sprechen nur von denjenigen, denen der Überlebenswille wichtiger war als hier todesmutige Widerstandsstärke zu zeigen.“

Grosz, der in Nieder-Olm lebt, setzt sich seit seiner Ausreise nach Deutschland für junge Autoren und Theatermacher ein – „auch im Versuch, Schuld und Scham für meine Erpressbarkeit in Rumänien abzutragen“, wie es in der Erklärung heißt. Auf die Frage, ob er künftig nicht mehr Leiter der Oppenheimer Festspiele sein werde, sagte Grosz der dpa: „Darüber haben andere zu entscheiden.“ (dpa/ kör)


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