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Lyrik über das Weltgeschehen

Über die Weltwährung „Bancor“ und die große Politik

© Die Berliner Literaturkritik, 05.03.10

Von Tobias Roth

Der Lyriker Daniel Falb, 1977 in Kassel geboren, hat einen neuen Band zur Lyrik-Reihe von Kookbooks, die er 2003 mit „die räumung dieses parks“ eröffnete, hinzugefügt. „BANCOR“, der Titel des Bandes, spielt auf die Weltwährung an, die während der Konferenz von Bretton Woods zwar im Gespräch war, aber zu Gunsten des US-Dollars als Leitwährung fallen gelassen wurde. Ziel war die Stabilisierung der Wechselkurse und die Öffnung zum Welthandel, dessen imperialistische Auswirkung wir gerade leben und erleben. Die Lyrik, das fein ziselierte „als ob“, stellt sich hier vom Titel an unter das Zeichen eines transparenten „was wenn“, um die Konstellationen der nichts weniger als goldhinterlegten Gegenwart schärfer hervortreten zu lassen.

So kann man also von so genannter politischer Lyrik ausgehen; die fünf Gedichte Falbs in der Anthologie „alles außer tiernahrung“ (Rotbuch 2009), einer Sammlung „politisch“ gelabelter Lyrik, finden sich im vorliegenden Band wieder. Bezeichnet das aber mehr als Lyrik, die sich zur Gegenwart durchlässig und kommentierend verhält?

Falbs virtuose Bildsprache erzeugt Kurzschlüsse, deren erratische Konfrontation plötzlich bekannte Formeln wie „porentief rein“ bloßstellt vor der intensiven Lesehaltung, dem gebannten Blick. Die Funktion dieser Lyrik als semantischer Hebebühne, auf die die Narrheit der Welt gestellt wird, soll nicht davon ablenken, dass diese Bühne selbst fein gebaut ist. Viele Bilder und Bildreihen sind schlagend, decken sich selbst wie Kurantmünzen. Zuweilen verdichtet sich das zur Sentenz, in moralischer Tradition: „du vermisst die bestände, indem du sie abfischst.“ Aber da bleibt eine Crux. Politisierte Lyrik hat solches Hindeuten als Aufgabe: Das spielt sich im Bereich inhaltlicher, weil realpolitischer Stringenz ab, nicht vorrangig im genuin lyrischen Kurant. Die „Weltsprache der modernen Lyrik“, so hat es auch hier den Anschein, misst (mit Lichtenberg zu reden) als kostbarer Spazierstock ab, wo sie als politische Nadel stechen wollte und sollte.

 

Literaturangabe:

FALB, DANIEL: Bancor. Kookbooks, Idstein / Berlin 2009. 64 S., 19,90 €.

Weblink: Kookbooks

 

 

 


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