WARSCHAU (BLK) – Ein Buch des polnisch-amerikanischen Autors Jan Tomasz Gross über den polnischen Antisemitismus hat bereits am Tag seines Erscheinens in Polen die Justiz auf den Plan gerufen. Die Staatsanwaltschaft in Krakau prüfe den Vorwurf der Verleumdung der polnischen Nation, sagte am Freitag (11. Januar 2008) eine Sprecherin. Anlass zur Aufnahme des Verfahrens hätten entsprechende Pressepublikationen gegeben. Bereits im Sommer 2006 hatte eine Gruppe von polnischen Parlamentariern nach der Erstveröffentlichung der Publikation in den USA die Einschaltung der Justiz verlangt.
In seinem Buch „Die Angst. Antisemitismus in Polen nach dem Krieg. Geschichte des moralischen Niedergangs“ beschreibt der Autor antijüdische Ausschreitungen nach Kriegsende. Er gibt der katholischen Kirche eine Mitschuld am Antisemitismus. In der polnischen Bevölkerung habe es nach 1945 breite Zustimmung für antijüdische Ausschreitungen gegeben, schreibt Gross. Einen Grund dafür sieht er in der Aneignung des Eigentums der Holocaust-Opfer durch polnische Bürger und in der anschließenden Angst vor der Rückkehr der Juden. Beim größten polnischen Nachkriegspogrom waren im Juli 1946 in Kielce 40 Juden ermordet und etwa 80 weitere verletzt worden.
Gross hatte bereits im Jahr 2000 mit einem Buch über das Pogrom von Jedwabne, an dem 1941 unter deutscher Besatzung polnische Einwohner des ostpolnischen Ortes teilnahmen, heftige Debatten ausgelöst.
Das polnische Strafgesetzbuch sieht für Beleidigung der polnischen Nation und des Staates eine Gefängnisstrafe von bis zu drei Jahren vor. Allerdings wird die das Gesetz derzeit vom Verfassungstribunal überprüft. (dpa/wip)