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Prag feiert die Rückkehr von Vaclav Havel als Theaterautor

Weltbekannt wurde Havel als Dissident und Autor schon zu Zeiten, als in der damaligen Tschechoslowakei noch der Kommunismus herrschte

© Die Berliner Literaturkritik, 23.05.08

 

Von Katerina Zachovalova

PRAG (BLK) – Das Theaterstück heißt „Abgang“, doch es markiert die Rückkehr von Vaclav Havel als Dramatiker. 20 Jahre lang hatte der 71-Jährige nicht mehr für die Bühne geschrieben, am Donnerstagabend (22. Mai 2008) feierte der „Abgang“ Uraufführung im Prager Theater Archa, einem mittelgroßen Haus, bekannt für seine Experimentierfreudigkeit. Zehn Minuten Schlussapplaus und Standing-Ovations waren der Lohn. „Eine außergewöhnliche erfolgreiche Produktion“, fasste die Zeitung „Lidove Noviny“ den Premierenabend am Freitag (23. Mai 2008) zusammen.

Weltbekannt wurde Havel als Dissident und Autor schon zu Zeiten, als in der damaligen Tschechoslowakei noch der Kommunismus herrschte. Nach der friedlichen Wende wählten Havels Landsleute ihn 1989 zum Präsidenten. Mehr als ein Jahrzehnt tauschte er den heimischen Schreibtisch mit den Amtsräumen der Prager Burg. „Sicher, der Ruhm des Autors spielte eine Rolle (für den Erfolg), aber die Inszenierung ist in jedem Fall eine Erfahrung für sich“, schrieb die Tageszeitung „Hospodarske Noviny“. „Die Qualität des Texts ist nun durch das Theater bestätigt.“

Havels Hauptfigur, Vilem Rieger, ist ein Ministerpräsident, der seine Regierungsvilla verlassen soll. Einst hatte Rieger noch Prinzipien, nun stellt er sich als selbstverliebter Schwächling heraus, der seine Werte aufgibt und die neue Führung erpresst.

Der Gegenspieler Riegers ist der Politiker Vlastik Klein. In der Realität heißt Havels politischer Gegenpol Vaclav Klaus, Nachfolger im Präsidentenamt und Verfechter der freien Märkte. Rede- und Briefduelle zwischen Havel und Klaus sind in Tschechien legendär. Aber nein, es gebe keine Verbindungen zwischen dem wahren Leben und seinem Stück, erklärte der oft schelmische Havel vor Journalisten.

„Es geht um die archetypische Erfahrung einer Welt im Verfall, verfallende Werte, den Verlust der Sicherheit“, sagte Havel vor der Uraufführung. Das Werk, lustig und gleichzeitig tieftragisch, spiegelt die teils grausigen Umbrüche wider, die die schmerzliche Geschichte Mitteleuropas im 20. Jahrhundert prägten.

Inspiriert von den Führern und Ereignissen des Prager Frühlings von 1968, begann Havel bereits 1989 mit den Arbeiten an „Abgang“. Aber schnell steckte er das Manuskript zurück in die Schublade, nannte es „vorgeschichtlich“, weil die samtene Revolution das kommunistische Regime zu Fall gebracht hatte. Erst 2007 beendete er den Text dann doch noch.

Wie so häufig, wenn Havel sich in der Öffentlichkeit bewegt, hatte Trubel die Theaterarbeit an dem „Abgang“ begleitet. Zunächst sollte es am Prager Nationaltheater uraufgeführt werden, doch die dortige Intendanz wollte Havels Frau, die Schauspielerin Dagmar Havlova, nicht als Gastakteurin akzeptieren. An der neuen Bühne dann meldete sich Havlova nur drei Wochen vor der Premiere krank.

Regisseur David Radok ist der Sohn der tschechischen Theaterlegende Alfred Radok, der 1976 bei Proben zu Havels Einaktern starb. „Der Gesamteindruck von Radoks Inszenierung: nahezu perfekt, vielleicht ein bisschen zu kalt, ein bisschen zu kühl“, rezensierte die Zeitung „Mlada Fronta Dnes“. Noch in diesem Jahr soll der „Abgang“ auch in London und Bratislava auf die Bühne kommen.


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