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PROSANOVA die Zweite

In Hildesheim gibt es rund ums vierte Mai-Wochenende ein Stelldichein junger Literaten

© Die Berliner Literaturkritik, 22.05.08

 

HILDESHEIM (BLK) – Ein „Who is Who“ der jungen deutschen Literaten-Riege erwartet die Besucher der zweiten PROSANOVA. Das größte Festival für junge, deutschsprachige Gegenwartsliteratur findet vom 22. bis 25. Mai in Hildesheim statt. Über dreißig Veranstaltungen kreisen hier um den Fokus „Poesie und Position“. Zu den Protagonisten zählen unter anderem Thomas Pletzinger, Jörg Albrecht, Thomas von Steinaecker, Daniela Danz, Florian Kessler, Harriet Köhler, Ann Cotten, Steffen Popp, Jagoda Marinic und Lennart Sakowsky.

Diese zehn Autoren der Jahrgänge 1975 bis 1985 sind in den Abendstunden des 23. und 24. Mai auf den zwei Veranstaltungen zu erleben, die nach dem Gesamt-Motto „Poesie und Position“ benannt sind. Diese bilden augenscheinlich das Kernstück des Festivals, geht es doch um eine öffentliche Standortbestimmung in Bezug auf die eigene Prosa und Poetik.

Im Februar haben die zehn Jung-Schriftsteller auf Einladung der Festival-Organisatoren vier Tage zusammen in einer leer stehenden Villa in Hildesheim-Himmelsthür verbracht. Ihre Aufgabe: nach Schnittmengen und Differenzen zu suchen, eigene Schreibansätze benennen und Standpunkte bestimmen. Die Literaten haben sich auf neun Begriffe (Generation, Perspektive, Figur u. a.) verständigt und ihre Ansichten darüber formuliert. Diese Texte bilden das Gerüst ihrer Diskussion auf der PROSANOVA und erscheinen pünktlich zum Festival in Buchform. Titel: „Treffen – Poetiken der Gegenwart. Ein Werkstattbuch.“ Hinzu gesellen sich poetologische Essays, die die Autoren bereits vor ihrem Aufenthalt in der Villa geschrieben haben. Das Buch ist per E-Mail unter der Adresse bella_triste@gmx.de zu bestellen.

Daraus lässt sich richtigerweise ableiten, dass die Redaktion der Hildesheimer Literaturzeitschrift BELLA triste für die künstlerische Leitung der PROSANOVA verantwortlich ist. Dies war auch beim ersten Durchgang (2005) der Fall. Mit-Herausgeber und Redakteur Martin Bruch ist es wichtig, auf die enge Verbindung zur Universität und dem Studiengang „Kreatives Schreiben und Kulturjournalismus“ zu verweisen, dem die Redaktion geschlossen angehört: „Darüber hinaus ist ein Festival in der Größenordnung aber nur denkbar mit der großartigen Unterstützung, die uns von universitärer Seite entgegengebracht wird“, erklärt er im Gespräch mit der BLK.

„Schon im letzten Semester durften wir ein Seminar zum Festival geben, zu den inhaltlichen Schwerpunkten, zur Konzeption, in diesem Semester helfen die über 70 Studierenden intensiv an der Vorbereitung der vier Tage Ende Mai mit“, so Bruch weiter. Der Studiengang bilde die Keimzelle des Ganzen. Weitere PROSANOVA-Mitarbeiter studieren „Szenische Künste“, „Philosophie, Künste, Medien“ oder „Kulturwissenschaften und ästhetische Praxis“.

Von Anfang an verstand sich das Festival als Forum für junge deutschsprachige Literatur – und als solches entwickelt es sich weiter. „Die PROSANOVA 2008 lässt sich sehr schön als Fortsetzung des Festivals vor drei Jahren lesen“, sagt Martin Bruch. „Das erste PROSANOVA-Festival im Mai 2005 war vor allem eine große Liebeserklärung an die junge deutschsprachige Gegenwartsliteratur. Daraus wird jetzt, um in diesem Bild zu bleiben, eine ernsthafte Beziehung: Es geht nun um Werkstatt und Dialog, Austausch und Verortung.“

Längst etablierte Autoren wie Marcel Beyer und Christian Kracht diskutieren andere Fragestellungen mit Kunst- und Kulturschaffenden. Beyer trifft in der Gesprächsrunde „Politik und Position“ auf den Journalisten Alexander Osang und den Regisseur Robert Thalheim. Sie debattieren zum Beispiel die Frage „Hat Kunst Raum für Politik?“. Und Kracht setzt sich zum Themenkreis „Pop und Position“ mit der Journalistin Mercedes Bunz (Tagesspiegel online) und Hans Platzgumer (Musiker und Schriftsteller) auseinander.

Prominente Vertreter anderer Künste sind keine Seltenheit auf dem Festival. Auch die Hamburger Musiker Frank Spilker (Sänger der Band „Die Sterne“), Lars Bulnheim und Tim Jürgens (beide von der Band „Superpunk“) geben sich die Ehre. Ein Mix, der dem Selbstverständnis der Macher entspricht. Ihnen ist wichtig, dass hier nicht nur gelesen und diskutiert wird. Stattdessen sollen etwa bekannte Lesungsformate neu belebt werden. Ein unkonventionelles Programm mit Live-Hörspielen, Lyrik-Wettbewerb, Konzerten und Live Poetry verspricht Abwechslung.

Live Poetry? Ein frisches Format, das in diesem Jahr im Rahmen der „Nachtblende I“ seine Festival-Premiere feiert. Finn-Ole Heinrich, Silvia Overath und Sebastian Rabsahl aka „Sebastian 23“ tippen live eigene Texte in ihre Laptops, die von Schauspielern vorgetragen und vom Publikum bewertet werden.

„PROSANOVA ist als Festival angelegt, auf dem man sich als BesucherIn vier Tage und Nächte komplett aufhalten kann“, sagt Martin Bruch. Das dürfte kein Problem sein: Das Programm reicht vom morgendlichen Brunch mit Filmen und Texten über Nachmittage mit szenischen Lesungen, Eigenproduktionen und Performances bis hin zu Abendveranstaltungen und Partys. Wer sich hier langweilt, hat es wahrscheinlich nicht besser verdient.

Literaturangaben:
BELLA triste (Hrsg.): treffen – Poetiken der Gegenwart. Ein Werkstattbuch. Mit Jörg Albrecht, Ann Cotten, Daniela Danz, Florian Kessler, Harriet Köhler, Jagoda Marinic, Thomas Pletzinger, Steffen Popp, Lennart Sakowsky und Thomas von Steinaecker. BELLA triste, Hildesheim 2008. 268 S., 15 €.

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