TEL AVIV (BLK) - Die Israelische Nationalbibliothek kämpft vor Gericht um die Rechte an unbekannten Texten des jüdischen Schriftstellers Franz Kafka. Israelische Medien berichteten am Dienstag (8.9.), ein Prozess vor einem Gericht in Tel Aviv solle insbesondere verhindern, dass zwei ältere Privaterbinnen die Texte aus dem Nachlass von Kafkas Verleger Max Brod ins Ausland verkaufen. Das deutsche Literaturarchiv Marbach hatte Interesse daran geäußert. Im Nachlass von Max Brod wird auch das Manuskript zur „Hochzeitsvorbereitung auf dem Lande“ vermutet. Die um die 80 Jahre alten Damen können nun wegen der juristischen Kämpfe ihr gesamtes Erbe - das auch Geld in Millionenhöhe, Immobilien und Schmuck umfasst - nicht antreten. Eine von ihnen soll verarmt sein.
Vor seinem Tod 1924 hatte Franz Kafka seinen Freund Max Brod gebeten, seine Werke zu verbrennen. Dieser brachte sie jedoch zur Veröffentlichung und Kafka errang Weltruhm. Der jüdische Schriftsteller und Verleger Brod musste 1939 vor den Nationalsozialisten aus Prag nach Israel fliehen. In einem Koffer hatte er die Werke von Kafka dabei.
Nach Brods Tod 1968 ging der Nachlass mit vielen Kafka-Texten an seine ehemalige Sekretärin, Esther Hoffe. Hoffe verkaufte einen Teil der Texte, darunter den „Prozess“ für etwa zwei Millionen Dollar, einen anderen Teil bewahrte sie in Safes in Israel und der Schweiz auf. Nach ihrem Tod vor zwei Jahren im Alter von 101 Jahren vererbte sie den Brod-Nachlass an ihre Töchter Ruth und Hava, beide Holocaust-Überlebende.
Israelische Medien hatten vergangenes Jahr berichtet, die wertvollen Dokumente würden in einer Wohnung in Tel Aviv aufbewahrt, in der schlechte sanitäre Umstände herrschten und zahlreiche Katzen und Hunde lebten. Bitten um Herausgabe des Werks, damit dieses angemessen aufbewahrt werden kann, wiesen die Erbinnen zurück.
Israelische Zeitungen schrieben am Dienstag, das Gericht in Tel Aviv müsse nun über das Erbe der Schwestern entscheiden, von dem der Brod-Nachlass nur einen Teil darstellt. Die hoch betagten Frauen hätten um Freigabe zumindest des Erbteils gebeten, das nichts mit Kafka zu tun hat. Eine entsprechende Klage sei auch an das Oberste Gericht in Jerusalem gegangen.
„Es kann nicht sein, dass Hava Hoffe hungert, während auf der Bank Millionen liegen“, sagte der Anwalt der Schwestern, Jeschajahu Etgar, der israelischen Zeitung „Jediot Achronot“. „Niemand hätte gedacht, dass dieser Nachlass je in einen so kafkaesken Gerichtsprozess verwickelt werden würde“, sagte er. (dpa/hel/kum)