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Raubkopierer in Peru

Jubel über Nobelpreis für Vargas Llosa

© Die Berliner Literaturkritik, 06.12.10

Von Gonzalo Ruiz-Tovar

LIMA (BLK) - In der peruanischen Hauptstadt Lima kann sich der Preis eines Buches auf einer Distanz von nur wenigen Metern vervierfachen: „El sueño del celta“ (Der Traum des Kelten), der neue Roman des frischgebackenen peruanischen Literaturnobelpreisträgers Mario Vargas Llosa, ist ein gutes Beispiel für die umtriebigen Raubkopierer in dem südamerikanischen Land.

So kann der Reporter völlig unbehelligt zur besten Geschäftszeit auf der Straße mit einem Anbieter illegal nachgedruckter Bücher um den Preis feilschen. Der Mann bietet seine „heiße“ Ware nur fünf Meter vom Eingang zu einer der größten Buchhandlungen der Millionenmetropole auf einer der Haupteinkaufsstraßen im Nobelviertel Miraflores feil.

Zunächst verlangt der fliegende Händler 30 Soles, umgerechnet 8,10 Euro, für den neuen Bestseller von Vargas Llosa. Nach einigem Hin und Her senkt er seine Preisforderung auf 5,40 Euro. Als der potenzielle Kunde nicht anbeißt und weiterschlendert, ruft er ihm noch sein letztes Angebot zu: 4,80 Euro.

In der Buchhandlung aber kostet dasselbe Buch umgerechnet 18,60 Euro. Für Europa wäre das noch ein verhältnismäßig günstiger Preis, aber nicht in dem armen Andenland Peru. Mit dem selben Betrag könnte ein Angestellter zum Beispiel zehnmal in einem der Restaurants der Gegend zu Mittag essen.

Klar, wer eine Raubkopie ersteht, muss Abstriche gegenüber dem Original machen. Bei den illegalen Exemplaren können schon mal bis zu 100 Seiten fehlen, es wimmelt von Rechtschreibfehlern, und der Druck ist bisweilen miserabel. Dennoch greifen viele Peruaner zum Billigexemplar.

Seit „El sueño del celta“ am 3. November offiziell in den Buchhandel kam, wird Lima von einer Flut von Raubkopien überschwemmt. Wie viele illegale Exemplare des Romans im Umlauf sind, kann niemand sagen. Experten schätzen, dass es mindestens 100 000 sind. Das wären fünfmal so viele, wie die erste offizielle Auflage des Verlages Alfaguara.

Hunderte illegal arbeitender Händler schlagen sich auf diese Weise durch. Wer etwa im Stadtteil San Isidro an einer roten Ampel halten muss, wird von einem ganzen Schwarm von Verkäufern belagert. Und auch auf den unübersichtlichen, arabischen Basaren ähnelnden Märkten bieten Händler Bücher an. Die auf dem Tisch sind zwar meist legale Ausgaben. Aber wenn sich der Kunde über den hohen Preis beklagt, greift der Händler unter den Tisch und bietet die billige Raubkopie an. Die Gesetze sind lax, und durchgesetzt werden sie kaum.

Dem Staat entgehen so nach Berechnungen der Medien jährlich umgerechnet mindestens sieben Millionen Euro Steuern. Die Verluste der Autoren, Verleger und aller, die legal im Buchhandel arbeiten, dürften wesentlich höher liegen. Allerdings kommt der Buchhandel im Vergleich zu anderen Branchen noch mit einem blauen Auge davon. So liegt der Anteil legal verkaufter Musik in Peru Schätzungen von Experten zufolge bei nur fünf Prozent des Gesamtmarktes.


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