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Regisseur Rolf von Sydow wird 85

Sydow blickt auf ein umfangreiches Lebenswerk zurück

© Die Berliner Literaturkritik, 12.06.09

Von Anika von Greve-Dierfeld

BADEN-BADEN (BLK) — 85 Jahre und kein bisschen greise: „Ich bin gesund, ich kann gut laufen und noch prima sprechen“ sagt Rolf von Sydow augenzwinkernd kurz vor seinem 85. Geburtstag an diesem Donnerstag (18.6.). Der deutsche Unterhaltungsregisseur und Vater zahlreicher „Tatort“- und „Durbridge“-Krimis plant zwar kein großes Fest wie noch vor fünf Jahren. Stattdessen will er mit einem „engen Freund“, der einen Tag vor ihm Geburtstag hat, und seiner Frau „reinfeiern“. Zwar hat er sich aus der Regiearbeit inzwischen vollständig zurückgezogen. Aktiv aber ist er wie eh und je. „Ich schwimme dreimal die Woche, ich lese und vor allem: Ich schreibe“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Seit Jahren arbeitet er an seinem schon lange angekündigten Buch „Der Regisseur“ — es soll sein zweites Buch werden und setzt als eine Art Biografie dort ein, wo sein vielbeachtetes erstes Werk über die Nazi-Zeit, „Angst zu atmen“, endete: im Jahr 1948. Darin beschreibt er sein Leben, Begegnungen mit Schauspielern, Anekdoten aus seinem Berufsalltag. Viele Verlage hätten schon ihr Interesse bekundet, sagt er. Allerdings endet das Buch im Jahr 1983. „Da fehlen aktuell noch 25 Jahre“, sagt er und fügt lachend hinzu: „Darüber zu schreiben, dafür habe ich ja noch Zeit.“

Von Sydow blickt auf ein Lebenswerk mit mehr als 130 Film- und Fernsehproduktionen, Theaterinszenierungen, Kabarettprogrammen und Hörspielen zurück. Obwohl er nicht mehr inszeniert, ist er weiterhin schwer beschäftigt. „Ich habe mir eine Zweitwohnung in Berlin genommen, um mich noch besser meiner Arbeit bei der Berliner Akademie der Künste widmen zu können“, sagt er. Mit seiner Frau, mit der er seit 25 Jahren in dritter Ehe verheiratet ist, pendelt er zwischen seinem Wohnort Baden-Baden und der Bundeshauptstadt hin und her. „Reden halten, Vorträge halten, im Archiv recherchieren — immer unterwegs als alte Legende.“

Wenn es um Kitsch, Liebeskummer, Schmonzetten oder spannende Unterhaltung ging — Rolf von Sydow, der selbst als Schauspieler begann, verfilmte solche Stoffe stets mit sicherer Hand. Viele „Tatort“-Filme gegen auf sein Konto, zahlreiche Rosamunde-Pilcher-Werke wie „Wenn nur noch Liebe zählt“ oder „Morgen träumen wir gemeinsam“, entstanden unter seiner Regie. Bekannte Produktionen sind außerdem „Zwei Münchner in Hamburg“, „Jede Menge Leben“ oder „Heiß und Kalt“. Große Erfolge hatte er auch als Regisseur von Specials, etwa über Harald Juhnke, Manfred Krug oder Inge Meysel.

Sein Handwerk der „leichten Form“ lernte er schon früh als sogenannter Synchronregisseur etwa von William Wylers „Ein Herz und eine Krone“, bei dem er amerikanische Dialoge ins Deutsche übertragen musste.

Seine Jugend war alles andere als leicht. Von halbjüdischer Herkunft, hatte er in den ersten zwei Jahrzehnten seines Lebens unter der Nazi-Herrschaft zu leiden. 1942 geriet er als Soldat in kanadische Kriegsgefangenschaft, in der er seine Liebe zum Theater entdeckte. Später wurde er freier Regisseur und dazwischen Leiter des Fernsehspiels beim Südwestfunk (1973-77) sowie beim Saarländischen Rundfunk (1977-79).

Vom Leid der frühen Jahre spricht von Sydow nicht gerne. Nach einem Rückblick auf sein Leben gefragt, fällt ihm nur die Gegenwart ein: „Ich sitze gerade auf meiner schönen Terrasse“. Von einem leichten Herzinfarkt im vergangenen September hat sich von Sydow wieder erholt. Das einzige, was ihn manchmal wehmütig macht: „ich werde oft gebeten, Beerdigungsreden zu halten — auf Kollegen, die ich kannte und die nun nicht mehr sind.“


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