HAMBURG (BLK) – Der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki (88) sieht nicht nur das Fernsehen, sondern auch die Fernsehkritik in einer Qualitätskrise. Dem Politikmagazin „Cicero“ sagte er, die Fernsehkritik befinde sich „auf unterstem Niveau“, da sie „kein rechtes Echo“ habe. Fernsehkritiken würden „immer häufiger von Hospitanten und Volontären verfasst“. Es fehle „eine Debatte über das Niveau der Kritik selbst“.
Reich-Ranicki bekräftigte seine Grundsatzkritik am Fernsehen: „Die Intellektuellen werden vom Fernsehen ignoriert, bagatellisiert, vernachlässigt, deshalb ist das Programm so schlecht.“ Über den Wirbel, den er mit seinen diesbezüglichen Äußerungen bei der Gala zum Deutschen Fernsehpreis ausgelöst hat, sagte er: „Das war keine originelle Äußerung von mir. Nur – keiner hat gewagt, es zu sagen, daher diese ungeheure Aufregung!“
Der Moderatorin Elke Heidenreich (65), von der sich das ZDF nach ihrer polemischen Kritik an dem Sender getrennt hatte, warf Reich-Ranicki mangelndes Niveau ihrer Bücher-Sendung „Lesen!“ vor. „Die Methode der Elke Heidenreich gefällt zwar vielen Zuschauern, aber ich kann es nicht ertragen, wenn jemand sagt: Kauft dieses Buch! Nicht morgen, besser heute noch!’“, sagte er. „Diese Reklame für Bücher erscheint mir etwas billig.“ Er betonte: „Das, was wir damals im ‚Literarischen Quartett’ gemacht haben, fand auf einem anderen intellektuellen Niveau statt als die Heidenreich-Sendung“, die „halt eine Sendung für Frauen“ gewesen sei. „Und es ist ja tatsächlich so, dass mehr Frauen als Männer Bücher lesen.“ (dpa/mir)