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Reise in vergangene Zeiten

Ein historischer Thriller von Tess Gerritsen

© Die Berliner Literaturkritik, 06.12.10

MÜNCHEN (BLK) – Der Roman „Leichenraub“ von Tess Gerritsen ist im Juni 2010 im Blanvalet Verlag als Taschenbuch erschienen. Er wurde von Andreas Jäger aus dem Amerikanischen übersetzt.

Klappentext: Julia Hamill hat allen Grund, sich zu beklagen. Vor einem halben Jahr hat ihr Mann sich von ihr scheiden lassen, jetzt muss sie von ihrer Schwester erfahren, dass er in Bälde schon wieder heiraten wird. Zudem hat sie sich von einer redegewandten Maklerin ein baufälliges Haus bei Boston aufschwatzen lassen, das schon über hundert Jahre auf dem Buckel hat. Und jetzt steht sie mit einer Pflanzschaufel im heruntergekommenen Garten ihres Besitzes und muss im Schweiße ihres Angesichts beim Umgraben gegen widerspenstige Steine kämpfen. Aber es kommt noch schlimmer: Der Stein ist nämlich gar kein Stein. Und beim Umgraben des Gartens bekommt Hamill bald Unterstützung von den Forensikern der Polizei. Denn das, was sich ihren Schaufelhieben widersetzt, ist der Schädel einer Frau, die allerdings schon vor Baubeginn des Hauses ermordet wurde, und ihr Garten somit ein Friedhof. Als die Polizei wegen des Alters der Leiche das Interesse verliert, beginnt Hamill eigenständig zu ermitteln. Die Spur führt hin zu einem gefährlichen Frauenmörder, weit zurück in die Vergangenheit Bostons -- und wieder zurück in die Gegenwart, in der plötzlich auch das Leben von Hamill selbst auf dem Spiel zu stehen droht.

Tess Gerritsen kam 1953 in San Diego zur Welt. Sie studierte an der University of California, San Francisco Medizin und arbeitete anschließend als Internistin in Honolulu. In ihrer Mutterschaftspause begann sie mit dem Schreiben. Aus Spaß beteiligte sie sich mit einer Kurzgeschichte an einem Wettbewerb des Honolulu Magazine und gewann den ersten Preis. 1987 veröffentlichte Gerritsen ihren ersten Roman „Der Anruf kam nach Mitternacht“, einen romantischen Thriller. Anfang der 1990er Jahre zog Tess Gerritsen nach Maine. Sie ist verheiratet und Mutter zweier Söhne.

Leseprobe:

©Blanvalet Verlag©

Plain of Angels, Idaho

Sie war die Auserwählte.

Schon seit Monaten beobachtete er das Mädchen, seit dem Tag, als sie mit ihrer Familie in die Siedlung gezogen war. Ihr Vater war George Sheldon, ein mittelmäßiger Zimmermann, der im Bautrupp arbeitete. Ihre Mutter, eine farblose und unauffällige Frau, wurde der Gemeinschaftsbackstube zugewiesen. Sie waren beide arbeitslos und verzweifelt gewesen, als sie zum ersten Mal seine Kirche in Idaho Falls betreten hatten, auf der Suche nach Trost und Erlösung. Jeremiah hatte ihnen in die Augen geblickt, und er hatte gesehen, was für ihn das Entscheidende war: verlorene Seelen auf der Suche nach Halt, nach irgendeinem Rettungsanker.

Sie waren reif für die Ernte.

Jetzt wohnten die Sheldons mit ihrer Tochter Katie in Haus C, im neu erbauten Golgatha-Block. Jeden Sabbat saßen sie auf den ihnen zugewiesenen Plätzen in der vierzehnten Reihe. Im Garten vor ihrem Haus pflanzten sie Malven und Sonnenblumen, die gleichen farbenfrohen Pflanzen, die auch alle anderen Gärten zierten. Auf jede erdenkliche Weise fügten sie sich in die vierundsechzig anderen Familien in, welche die „Zusammenkunft“ bildeten; Familien, die miteinander arbeiteten, miteinander beteten und jeden Sabbatabend gemeinsam das Brot brachen.

Aber in einem bedeutsamen Punkt waren die Sheldons einzigartig: Sie hatten eine außergewöhnlich schöne Tochter. Die Tochter, von der er den Blick nicht wenden konnte.

Von seinem Fenster aus konnte Jeremiah sie auf dem Schulhof sehen. Es war gerade Mittagspause; die Schüler liefen draußen umher und genossen den warmen Septembertag, die Jungen in ihren weißen Hemden und schwarzen Hosen, die Mädchen in ihren langen pastellfarbenen Kleidern. Alle sahen sie gesund und sonnenverwöhnt aus, wie es bei Kindern sein sollte. Selbst unter all diesen schwanengleichen Mädchen stach Katie Sheldon hervor, mit ihren unbezähmbaren Locken und ihrem glockenhellen Lachen. Wie schnell so ein Mädchen sich verändert, dachte er. Binnen eines einzigen Jahres hatte sie sich von einem Kind in eine gertenschlanke junge Frau verwandelt. Ihre strahlenden Augen, ihr glänzendes Haar und ihre rosigen Wangen – all das waren Anzeichen von Fruchtbarkeit.

Sie stand zusammen mit zwei anderen Mädchen im Schatten einer Eiche, die Köpfe zusammengesteckt wie drei Grazien, die einander Geheimnisse zuflüsterten. Um sie herum ließen die anderen Schüler ihrer überschüssigen Energie freien Lauf – schwatzten, spielten Himmel und Hölle oder kickten einen Fußball hin und her.

Plötzlich bemerkte er, wie ein Junge auf die drei Mädchen zuging, und er runzelte die Stirn. Der Junge war vielleicht fünfzehn, mit einem blonden Haarschopf und langen Beinen, für die seine Hose schon zu kurz war. Auf halbem Weg über den Schulhof blieb der Junge stehen, als müsse er erst seinen Mut zusammennehmen, ehe er weiterging. Dann hob er den Kopf und marschierte geradewegs auf die Mädchen zu. Auf Katie.

©Blanvalet Verlag©

Literaturangabe:

GERRITSEN, TESS: Leichenraub. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Andreas Jäger. Blanvalet Verlag, München 2010. 448 S., 9,95 €.

Weblink:

Blanvalet Verlag

 


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