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Reiseprosa aus dem Sowjetstaat

Presseschau vom 17. März 2008

© Die Berliner Literaturkritik, 17.03.08

 

BERLIN (BLK) – Die „FAZ“ bespricht zwei Neuausgaben von Hector Berlioz’ „Memoiren“ und Wolfgang Koeppens „Nach Russland und anderswohin“. Die „SZ“ rezensiert Benno Hurts Roman „Eine Reise ans Meer“ und Kerstin Hensels neuen Gedichtband „Alle Wetter“. Außerdem in der Presseschau: „Der Stierkampf“, „Der kosmische Volltreffer“ und Abdourahman A. Waberi.

„Frankfurter Allgemeine Zeitung“

Die „FAZ“ bespricht die beiden Neuausgaben von Hector Berlioz’ (1803-1869) „Memoiren“. Dabei handele es sich um „eine der großen Künstler-Autobiographien des neunzehnten Jahrhunderts“, meint der Rezensent Klaus Heinrich Kohrs. Berlioz blicke darin aus dem Londoner Exil auf die Februar-Revolution in Paris. Die Ausgabe des Hainholz Verlags sei der Übersetzung von Hans Scholz zugrunde gelegt, während der Bärenreiter-Verlag die vollständige Neuübersetzung von Dagmar Kreher vorlege, schreibt Kohrs.

Band 8 der Werkausgabe Wolfgang Koeppens „Nach Russland und anderswohin“ rezensiert die „FAZ“. Die auf Radioessays fußenden Reiseberichte seien in außergewöhnlich hohem Maße literarisch durchformt. „Dieser umfassendste der Berichte“ sei zudem der heute noch interessanteste, da er „den Sowjetstaat drei Jahrzehnte vor seinem Zusammenbruch“ zeige, findet der Rezensent Walter Hinck. Das Tempo der Prosa sei jedoch ermüdend und erfordere Pausen, meint Hinck weiter und verweist auf das umfangreiche Nachwort, in dem offene Fragen beantwortet werden.

Die „FAZ“ kritisiert das neue „Metzler Lexikon Weltliteratur“. Die Artikel kämen darin ohne „fachsprachlichen Jargon“ aus und seien – statt in einem Telegrammstil gehalten – „lesbare und informative Texte“. Zwar fehlten der Zeitung einige Weltliteraten in dem Lexikon, doch lasse sich über die Auswahl immer streiten.

Der Grazer Autor Klaus Hoffer wurde durch seinen in den achtziger Jahren erschienenen Roman „Bei den Bieresch“ bekannt, schreibt die „FAZ“ und bespricht den Essayband „Die Nähe des Fremden“. Darin schwebe Kafka über allem, „Vonnegut ist eine Hommage gewidmet“ und der Autor schreibe über den „Rückgriff auf Psychologie im Allgemeinen, Psychoanalyse und Gruppendynamik im Besonderen“.

Der großen Fülle von Fachliteratur über den Stierkampf hat Rolf Neuhaus mit „Der Stierkampf. Eine Kulturgeschichte“ ein „stattliches Kompendium“ hinzugefügt, schreibt die „FAZ“. Zwischen „harten Fakten und wirkungsmächtigen Legenden“ gäbe es „unendlich viel mitzuteilen“: Argumente für und gegen die Tauromachie, die Tradition des Stieres als Symbolträger, die Architektur der Arenen und Weiteres. Darüber hinaus sei der Band mit seinen vielen ausführlichen Zitaten eine attraktive Quellensammlung. Neuhaus’ Schilderungen seien „ebenso ausführlich wie elegant“, wobei einige Kapitel, beispielsweise das über „höfische Stierfeste“, von „besonderer Schönheit“ seien, urteilt Rezensent Paul Ingendaay.

„Warum ist Leben aufgetaucht?“ – Um nichts Geringeres als die Antwort auf diese Frage geht es Paul Davies in seinem populärwissenschaftlichen Werk „Der kosmische Volltreffer“, berichtet die „FAZ“. Davies wiege die „kosmologischen Modelle und Theorien“ gegeneinander ab; „klar“ und „ohne technischen Aufwand“ führe er die Entstehung von Universen und Paralleluniversen vor Augen. Angesichts des hohen Anspruchs seines Unterfangens sei es nicht verwunderlich, dass der Versuch, die Tendenz des Universums „in Richtung Leben und Geist“ zu erklären, „sehr spekulativ“ bliebe. Davies’ Werk sei von „mythischer Prägnanz“, und gleichzeitig könne man daraus „einiges über moderne Physik lernen“.

Ein „ökonomisches Horrorkabinett“ führen die beiden Wirtschaftswissenschaftler Michael J. Oliver und Derek H. Aldcroft in „Economic Disasters of the Twentieth Century“ vor Augen, meldet die „FAZ“. Der Weg der ökonomischen Katastrophen führe von der enormen Zerstörungswut der beiden Weltkriege über die Weltwirtschafts-, Finanz- und Ölpreiskrisen bis hin zum Niedergang des Kommunismus sowie hinein in die „die afrikanische Tragödie“. Ob aus den Fehlern der Vergangenheit, die hier aufgedeckt werden, gelernt werde, bezweifeln die Herausgeber nach Einschätzung des Rezensenten Hanno Beck. Insbesondere das Kapitel zum Sozialismus führt den Rezensenten angesichts des „derzeitigen Linksruck[s] in der deutschen Parteienlandschaft“ zu der Empfehlung: „Vielleicht sollte man das ein oder andere Exemplar des Bandes im Bundestag auslegen.“

Wie in der „FAZ“ zu lesen ist, hat das Einführungswerk „Betriebswirtschaftslehre für Bachelor“, herausgegeben unter anderen von Karl Schaufelbühl, den Anspruch „Unternehmen, Unternehmensführung und Unternehmerumfeld in einem dynamischen Management-Modell“ zu verbinden. Das Buch orientiere sich hauptsächlich an der Systemorientierten Managementlehre und wolle durch Reduktion auf das Wesentliche der weitverbreiteten „Konfusion“ und den Kommunikationsschwierigkeiten in wirtschaftlichen Fragen vorbeugen. Rezensent Georg Giersberg bedauert, dass diese Einstellung zu einigen erheblichen Lücken führt: trotz guter Ansätze fehle dem Buch „vor allem Praxisbezug und Vollständigkeit“.

„Frankfurter Rundschau“

Wie die „FR“ berichtet, stellt Abdourahman A. Waberi in seinem satirischen Roman „In den Vereinigten Staaten von Afrika“ die Welt auf den Kopf. Er betreibe „bewusst ein Spiel mit dem politischen Unbewussten“, wenn er die afrikanischen Staaten die Welt dominieren lässt, während in Europa „das totale Elend herrscht“. Der Roman entwerfe kein gesamtes „Staatspanorama“, sondern beschränke sich auf pointierte Fallbeispiele: In der Form eines Bildungsromans werde die Geschichte von Maya erzählt, die nach Europa reist und in Konfrontation mit der Armut ein Schlüsselerlebnis erfährt. An Stellen wie diesen tritt der satirische Duktus hinter ein „konkretes kulturpolitisches Programm“ zurück, schreibt Rezensent Martin Zähringer. Man könne dem Autor diesen Stilbruch aber „locker durchgehen“ lassen: der Roman sei eine „überzeugende Visitenkarte“ für den Autor als „kritischen und subtilen Kenner“ Afrikas.

„Süddeutsche Zeitung“

Die „SZ“ bespricht Kerstin Hensels neuen Gedichtband „Alle Wetter“. Wie schon dem Titel des Werkes zu entnehmen sei, „bedichet“ die Autorin hier „alle Witterungsverhältnisse“, schreibt der Rezensent Tobias Lehmkuhl. „Erstaunliches“ befördern die Gedichte jedoch nicht zu Tage. Betonenswert sei allenfalls der mitunter durchklingende ironische Unterton Hensels, deren „Neigung zum Kalauer“ nicht zu überlesen sei, meint Lehmkuhl.

Christoph Haas rezensiert für die „SZ“ Benno Hurts Roman „Eine Reise ans Meer“. Der Schreibstil des Autors erinnere zuweilen an jenen Walter Kempowskis. Denn Hurt verstehe es – wie auch letzterer –, das „Satirisch-Humoristische“ mit einer latent nostalgisch anmutenden „Rekonstruktion einer verschwundenen Bürgerwelt“ zu verbinden. Bei aller Kunstfertigkeit des Autors sei die Geschichte dann aber doch zu „harmlos“, als dass sie „einen tieferen Eindruck“ beim Leser hinterlassen könne, meint Haas.

Den zwei Neuausgaben des erstmals 1924 erschienenen Romans „Lerche“ des ungarischen Schriftstellers Dezsö Kosztolányi (1885-1936) stellt die „SZ“ vor. Beide Neuübersetzungen seien gleichwertig und werden dem literarischen Gehalt des Buches durchaus gerecht, konstatiert der Rezensent Christoph Bartmann. Kosztolányi erzähle „auf höchst anschauliche Weise“ vom Leben in der ungarischen Provinz. Dabei lasse der Autor „ein subtiles, satirisches Gesellschaftsporträt“, in deren Mitte sich die Hauptfigur „Lerche“ befinde, entstehen. Die „radikal undramatische Erzählübung“ sei in der post-realistischen Moderne anzusiedeln und könne getrost als „ein Stück reiner, nahezu handlungsfreier Literatur“ angesehen werden, bemerkt Bartmann.

Als eine Ansammlung von „Allgemeinplätzen mit moralisierendem Unterton“ bezeichnet Burkhard Müller – Rezensent der „SZ“ – das Buch „Warum die Reichen reicher werden und Ihr Nachbar so aussieht wie Sie“ des Physikers Mark Buchanan. Das größte Verdienst des Autors sei, dass dieser „sagt, was er meint“; dabei komme jedoch „leider sehr wenig heraus“. Allein der „reißerische“ Titel des Buches und die unnötige Einführung des neuartigen Begriffs der „Sozialphysik“ zeugen von der mangelnden Qualität des Werkes. Alles in allem hätte man mit dem „altbewährten Fach der Statistik“ Aufschlussreicheres zu der in dem Buch behandelten Thematik liefern können, resümiert Müller. (mik/tan/win/wip)

Literaturangaben:
BERLIOZ, HECTOR: Memoiren. Aus dem Französischen neu übersetzt von Dagmar Kreher. Herausgegeben und kommentiert von Frank Heidlberger. Bärenreiter-Verlag, Kassel 2007. 680 S., 64 €.
---: ---. Aus dem Französischen übersetzt von Hans Scholz. Herausgegeben und kommentiert von Gunther Braam. Hainholz Verlag, Göttingen 2007. 920 S., 59 €.
BUCHANAN, MARK: Warum die Reichen reicher werden und Ihr Nachbar so aussieht wie Sie. Neue Erkenntnisse aus der Sozialphysik. Aus dem Englischen von Birgit Schöbitz. Campus Verlag, Frankfurt am Main, New York 2008. 262 S., 24,90 €.
DAVIES, PAUL: Der kosmische Volltreffer. Warum wir hier sind und das Universum wie für uns geschaffen ist. Aus dem Englischen von Carl Freytag. Campus Verlag, Frankfurt am Main 2008. 370 S., 24,90 €.
HENSEL, KERSTIN: Alle Wetter. Luchterhand Literaturverlag, München 2008. 120 S., 7 €.
HOFFER, KLAUS: Die Nähe des Fremden. Essays. Literaturverlag Droschl, Graz 2008. 190 S., 43 zum Teil farbige Abbildungen auf Tafeln, 24 €.
HURT, BENNO: Eine Reise ans Meer. Roman. Deutscher Taschenbuch Verlag, München 2008. 178 S., 14 €.
KOEPPEN, WOLFGANG: Nach Russland und anderswohin. Werke, Band 8. Herausgegeben von Walter Erhart. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 455 S., 29,80 €.
KOSZTOLÁNYI, DEZSÖ: Lerche. Roman. Aus dem Ungarischen von Christina Viragh. Nachwort von Peter Esterházy. Manesse Verlag, Zürich 2007. 302 S., 17,90 €.
---: Lerche. Roman. Aus dem Ungarischen von Heinrich Eisterer. Mit einem Nachwort von Ilma Rakusa. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2007. 218 S., 14,80 €.
NEUHAUS, ROLF: Der Stierkampf. Eine Kulturgeschichte. Insel Verlag, Frankfurt am Main / Leipzig 2008. 360 S., 12 €.
OLIVER, MICHAEL J. / ALDCROFT, DEREK H.: Economic Disasters of the Twentieth Century. Edward Elgar, Cheltenham 2007. 361 S., 108,99 €.
RUCKHABERLE, AXEL (Hrsg.): Metzler Lexikon Weltliteratur. 1000 Autoren von der Antike bis zur Gegenwart. 3 Bände. Metzler Verlag, Stuttgart/Weimar 2006. 497, 507 und 483 S., zusammen 129,95 €.
HUGENTOBLER, WALTER / SCHAUFELBÜHL, KARL / BLATTNER, MATTHIAS (Hrsg.): Betriebswirtschaftslehre für Bachelor. Orell Füssli Verlag, Zürich 2007. 980 S., 49,90 €.
WABERI, ABDOURAHMAN A.: In den Vereinigten Staaten von Afrika. Aus dem Französischen von Katja Meintel. Edition Nautilus, Hamburg 2008. 160 S., 16 €.

Presseschau vom 14. März 2008

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