Von Sophia-Caroline Kosel
LEIPZIG (BLK) - Nicht nur Egon Krenz, Günter Schabowski, Christian Führer und Friedrich Schorlemmer haben zur Feder gegriffen. 20 Jahre nach dem Fall der Mauer kommen derzeit dutzende Bücher auf den Markt, die sich mit der DDR und der Wende befassen. Protagonisten des Staates und Bürgerrechtler blicken zurück und nach vorn. Republikflüchtlinge schildern ihre Schicksale. Alltag im Osten wird beschrieben. Viele der Autoren werden zur Leipziger Buchmesse (12.-15. März) erwartet. Unter anderem gibt es Gesprächsrunden in der ehemaligen Leipziger Stasi-Zentrale.
Seine beiläufigen Worte versetzten fast ein ganzes Volk in Freudentaumel: SED-Politbüromitglied Günter Schabowski (80) verkündete am 9. November 1989 die Öffnung der Berliner Mauer. „Wir haben fast alles falsch gemacht - Die letzten Tage der DDR“ (Econ) heißt sein Werk zum Jahrestag. Er gibt Einblicke in das Wirken der DDR-Führungsriege und erklärt, warum der Sozialismus aus seiner Sicht scheiterte. SED-Spitzenfunktionär Egon Krenz (71) beschreibt hingegen sein Leben nach dem Ende der DDR - in den „Gefängnis-Notizen“ (edition ost).
Jüngeren weniger bekannt ist der DDR-Filmminister Horst Pehnert (76), der in „Kino, Künstler und Konflikte“ (Das Neue Berlin) einen Blick auf die damalige Filmproduktion wirft. In Leipzig präsentiert er das Werk zusammen mit dem Schauspieler Jaecki Schwarz. Der Anwalt Friedrich Wolff (Jahrgang 1922), ostweit bekannt aus der Sendereihe „Alles was Recht ist“, schriebt über „Verlorene Prozesse“ (edition ost) vor Gerichten in beiden Teilen Deutschlands. Er verteidigte unter anderen Agent Günter Guillaume, Partei- und Staatschef Erich Honecker sowie DDR-Ministerratsvorsitzenden Hans Modrow.
„Und wir sind dabei gewesen“ (ullstein) heißt der Beitrag des ehemaligen Leipziger Nikolaikirchenpfarrers Christian Führer (65) zum 20. Jahrestag der friedlichen Revolution. Er erinnert sich darin an die Friedensgebete und Demonstrationen. Der Wittenberger Theologe Friedrich Schorlemmer (64), zur Wendezeit auch als Bürgerrechtler aktiv, meint „Wohl dem, der Heimat hat“ (Aufbau). Er reflektiert „Hoffnungen und Schmerzen der Jahre 1968 und 1989“. Reinhard Höppner (60), Vizepräsident der ersten frei gewählten DDR-Volkskammer und 1994 bis 2002 Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zieht Bilanz: Was hätte auf dem Weg zur Einheit besser gelingen können? Sein Buch heißt „Wunder muss man ausprobieren“ (Aufbau).
Zwei Jahrzehnte nach dem Aus für Erich Mielkes Spitzel-Apparat ist das Thema Stasi weiter aktuell. Schriftstellerin Susanne Schädlich erzählt in „Immer wieder Dezember - Der Westen, die Stasi, der Onkel und ich“ (Droemer Knaur) ihre persönliche Geschichte. Klaus Behling und Jan Eik hingegen haben für ihr Buch „Lautloser Terror - Kriminalität in der Stasi“ (Militzke) mit Zeitzeugen gesprochen und Akten ausgewertet. Der Journalist Jürgen Schreiber schildert in „Die Stasi lebt“ (Droemer Knaur) von den Aktivitäten einstiger Stasi-Leute zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall.
Etwa 1,3 Millionen Flüchtlinge und Übersiedler aus der DDR passierten zwischen 1953 und 1990 das Notaufnahmelager Marienfelde als „Tor zum Westen“. Die Historikerin Elke Kimmel hat Akten mit Berichten über die Flüchtlinge studiert - und stellt in „war ihm nicht zuzumuten, länger in der SBZ zu bleiben“ (Metropol) einige Schicksale vor.
FKK, Trabi-Waschen und heimliches Westfernsehen zählen zu den „Vergnügen in der DDR“ (Panama), denen sich Ulrike Häußer und Marcus Merkel widmen. Christoph Buchwald und Klaus Wagenbach geben „100 Gedichte der DDR“ (Wagenbach) heraus. Die Koch- und Backbuchverfasserin Oda Tietz stellt „Die besten Rezepte aus der DDR“ (Weltbild) vor. In „Schön nackt“ (Das Neue Berlin) sind Aktfotos zu sehen, die auf sozialistischem deutschem Boden entstanden.