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Rettung vor der globalen Finanzkrise

Wolfgang Münchaus Buch „Vorbeben“

© Die Berliner Literaturkritik, 26.02.08

 

MÜNCHEN (BLK) – Wolfgang Münchaus Buch „Vorbeben. Was die globale Finanzkrise für uns bedeutet und wie wir uns retten können“ ist im Carl Hanser Verlag erschienen.

Klappentext: Skrupellose Finanz-Zocker haben in grenzenloser Gier mit faulen Krediten spekuliert. Das konnte nicht gut gehen, und es ist nicht gut gegangen. Nun müssen wir alle die Zeche zahlen: Was zunächst den Anschein eines lokalen Erdbebens in den Vereinigten Staaten hatte, ist zum Auslöser einer globalen Finanzkrise geworden, die auch in Deutschland Banken an den Rand des Abgrunds treibt -mit schweren Folgen für uns alle. Eine der Ursachen für diese Blase war die Entwicklung hochmoderner Finanzprodukte. Von vielen Experten als Beispiel modernen Erfindungsgeistes gepriesen, erwiesen sich diese neuartigen Produkte als finanzielle Massenvernichtungswaffen mit einer in der Finanz-Geschichte einzigartigen Zerstörungskraft. Wolfgang Münchau zeigt in diesem Buch, wie es zu dieser Krise kommen konnte, er erklärt umfassend und für jeden verständlich, wie diese hochkomplizierten Instrumente funktionieren, wie sie auf dem Markt eingesetzt werden und warum selbst die nationalen Finanzaufsichten hilflos sind. Vor allem aber gibt er Hinweise und Tipps, wie wir uns als Anleger verhalten sollen, um nicht in den Strudel gerissen zu werden.

Wolfgang Münchau ist Direktor des Wirtschaftsinformationsdienstes „Eurointelligence.com“ und Europa-Kolumnist der britischen „Financial Times“ mit Sitz in Brüssel. Münchau war einer der Gründer der „Financial Times Deutschland“ und deren Chefredakteur von 2001 bis 2003. Zuvor war Münchau über mehrere Jahre hinweg Korrespondent der „Financial Times“ und der Londoner „Times“ in Washington, Brüssel und Frankfurt. (tan/wip)

 

Leseprobe:

© Carl Hanser Verlag©

1 Die Ereignisse bislang

In diesem Kapitel geht es um die Geschichte dieser Blase bis zum November 2007.

1.1 Akt I des Dramas: Die Ruhe vor dem Sturm

Wenn man sich die Geschichte von Blasen und Crashs ansieht, dann ist die Zeit vor dem Crash am unheimlichsten, die Gruselzeit wie in einem Krimi. Nur fühlte sich das für die Menschen, die tatsächlich in dieser Zeit lebten und arbeiteten, anders an. Was wir aus heutiger Sicht ganz klar und nüchtern als eine völlig abartige Blase identifiziert haben, war damals selbst für viele Experten eine normale Marktentwicklung. Wie damals im Jahre 1929 gab es hochrangige Akademiker und Experten, die der Blase eine intellektuelle Rechtfertigung gaben.

Diejenigen, die damals vor einem Crash warnten, wurden als Schwarzmaler verschrien. Und Schwarzmalerei war in der Zeit von 2002 bis Mitte 2007 verpönt. Es war, wie der Chef der Europäischen Zentralbank Jean-Claude Trichet einmal anmerkte, ein Goldenes Zeitalter der Weltwirtschaft. In dieser Phase der Globalisierung profitierte die Weltwirtschaft von niedrigen Verbraucherpreisen, denn die neuen Industrieländer, insbesondere China, warfen immer billigere Produkte auf die Weltmärkte. Diese Situation erlaubte den Zentralbanken, die Zinsen auf ein bislang nie gekanntes Niveau zu senken. Im Jahre 2003 standen die Leitzinsen in den USA bei nur einem Prozent, in Europa bei zwei Prozent. Diese niedrigen Zinsen gaben zunächst der amerikanischen und mit einiger Verzögerung auch der europäischen Wirtschaft erheblichen Aufwind. Die amerikanische Wirtschaft hatte sich binnen kürzester Zeit von der kurzen Rezession im Jahre 2001 und den Terroranschlägen vom 11. September erholt. Vor allem die Finanzmärkte und der Immobilienmarkt erlebten einen ungeahnten Boom.

Während der Jahre 2003 und 2004 lagen die amerikanischen Zinsen unterhalb der Inflationsrate. Ökonomen sagen, die Realzinsen sind negativ, also die Zinsen unter Berücksichtigung der Inflationserwartungen. Das heißt, wer Geld auf der Bank hatte und sparte, erzielte jedes Jahr einen Wertverlust. Wer sich hingegen Geld lieh, erzielte jedes Jahr einen Gewinn, denn die zu zahlenden Zinsen sind geringer als der Wertverlust. Natürlich lagen die effektiven Zinsen, die man als Endverbraucher im Markt erhielt, etwas über der Inflation. Aber die Zinsen waren so tief gesunken, dass es für jeden Amerikaner rationaler war, sich Geld zu leihen als Geld zu sparen. Sie reagierten also völlig logisch auf die Anreize, die man ihnen gegeben hatte, und nach wenigen Jahren erlebte die USA konsequenterweise eine negative Sparquote – zum ersten Mal überhaupt.

Eine Folge der Niedrigzinspolitik war ein Ansteigen von Vermögenspreisen, insbesondere der Immobilienpreise. Alan Greenspan sagte in einem Interview mit der Financial Times, dass es nicht richtig sei, von nur einer Blase zu sprechen, es gab gleich mehrere Blasen gleichzeitig. Eine der ersten und wichtigsten Blasen, die hier entstanden sind, ist die Immobilienblase. Durch die billigen Zinsen wurden die amerikanischen Hypotheken billiger. Anders als in Deutschland können in den USA Besitzer von existierenden Hypotheken diese jederzeit umfinanzieren, das heißt, sie sind in der Lage, ihre alte teure Hypothek abzulösen und durch eine neue billige Hypothek zu ersetzen, wenn die Zinsen fallen. So ist ein bislang unvergleichbarer Immobilienboom eingeleitet worden.

Der Case-Shiller-Index für amerikanische Hauspreise etwa für die Stadt Los Angeles verzeichnete einen Zuwachs der Immobilienpreise von 170 Prozent zwischen den Jahren 2000 und 2006. Eine Immobilie, die ursprünglich 100.000 Dollar kostete, war plötzlich 270.000 Dollar wert. In New York war die Wachstumsrate während dieser Periode 120 Prozent, in der Hauptstadt Washington 140 Prozent und in Miami 180 Prozent. Das heißt, in Miami haben sich die Häuserpreise binnen sechs Jahren fast verdreifacht. Im Vergleich dazu haben sich die Häuserpreise in Deutschland seit dem Wiedervereinigungsboom kaum verändert. Herrschte bei uns 15 Jahre lang Stagnation, so erlebten die USA einen auf Pump finanzierten Hauspreisboom, der größer war als jede Immobilienblase der Vergangenheit.

Warum waren die Zinsen damals so billig? Der Grund lag an den damals geringen Inflationsraten. Die amerikanische Zentralbank Federal Reserve hat die Zinsen so weit gesenkt, wie sie glaubte, dass das mit ihrem Inflationsziel vereinbar war. Jetzt sind die Preise von Häusern oder die Preise von Aktien nicht Bestandteil des Warenkorbs, mit dem die Statistiker die Inflation berechnen. Dieser Warenkorb besteht hauptsächlich aus Gütern, Dienstleistungen und Mieten. Aber gerade die Güterpreise sind in dieser Zeit gefallen. Denn die Welt profitierte von Billigimporten vor allem aus Asien. Und wir alle profitierten in den Jahren vor dem Irakkrieg von billigen Ölpreisen.

Mit der Immobilienblase kam die Hypothekenblase. Es kamen immer abenteuerlichere Hypotheken auf den Markt, Hypotheken mit Startzinsen, die niedriger waren als die Marktzinsen und die natürlich später mit umso höheren Zinsen bezahlt werden müssen, oder Hypotheken, die in ihrer Summe größer sind als der Wert der Immobilie. Vor allem aber kam es zu einer Form der Hypothek, über die sich damals kaum jemand Sorgen machte, die sich später als Auslöser der Krise entpuppen sollte: die Subprime-Hypothek, also die Hypothek an Kunden mit geringer Kreditwürdigkeit. Das Wort Prime bedeutet im Englischen so viel wie „erste Wahl“. So wie „Prime Rib“ als eine der besten Fleischsorten gilt, sind „Prime Credits“ Kredite an Kunden mit hoher Kreditwürdigkeit. Subprime bedeutet demnach Kredite an Kunden, von denen man nicht sicher ist, ob sie zurückzahlen können.

Die Euphorie an den Immobilienmärkten wurde so extrem, dass Banken oder spezielle Makler oftmals Hypotheken blind vergaben, ohne dass der Antragsteller auch nur ein Dokument vorlegen musste. Selbst nachdem die Blase schon längst geplatzt war, hörte man im amerikanischen Radio und Fernsehen immer noch Werbung, in denen Finanzmakler versprachen, Hypotheken ohne jegliche Prüfung innerhalb einer Stunde zu gewähren und innerhalb einer Woche zur Verfügung zu stellen. Man brauchte einfach nur in eine Bank zu spazieren oder einen Makler aufzusuchen, ein Formular auszufüllen, und man erhielt sofort einen Kredit von einer halben Million Dollar, eine Hypothek, die oft nie zurückbezahlt wurde. Die Banken und Makler, die sich auf dieses Spiel einließen, wetteten dabei darauf, dass die Häuserpreise in den USA für immer und ewig hochgehen würden. Im Jargon der Banker sprach man von sogenannten Ninja-Anleihen. Ninja stand für „no income, no job, no assets“, also kein Einkommen, kein Arbeitsplatz, kein Vermögen. Hier wurden also arme und zum Teil ungebildete Menschen regelrecht übers Ohr gehauen. Es kam auch noch ein weiteres politisch brisantes Problem in den USA auf. Ein Großteil dieser Kreditnehmer gehörte ethnischen Minderheiten an.

© Carl Hanser Verlag©

Literaturangaben:
MÜNCHAU, WOLFGANG: Vorbeben. Was die globale Finanzkrise für uns bedeutet und wie wir uns retten können. Carl Hanser Verlag, München 2008. 234 S., 21,90 €.

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