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Robert Schumann – der Affizierte

Eine Biografie zum 200. Geburtstags des großen Komponisten

© Die Berliner Literaturkritik, 17.08.10

Von Dorothee Arndt

Das Leben des Komponisten Robert Schumann bewegte sich stets zwischen den gewaltigen Polen von Dichtung, Musik und Wahrheit. Mit einem unglaublichen Eifer müht sich dieser bereits von frühester Kindheit an, um die Übertragung seines groß angelegten Lebensentwurfes ins Tatsächliche. Bildungsstreben und Fleiß zeichnen den Knaben aus, der im Alter von zwölf Jahren seine erste eigene Komposition wagt und mit 15 einen ersten Lebenslauf zu Papier bringt. Aufgewachsen in einer Familie, in der traditionell humanistische Werte und zugleich literarisch-politische Bildung auf dem Tagesplan stehen, erhält er seinen ersten Klavierunterricht als Siebenjähriger bei dem Organisten Johann Gottfried Kuntsch.

Aufgewachsen im sächsischen Zwickau zieht es den jungen Schumann, der noch nicht Recht weiß, wo es ihn einmal hinführen wird – bloß Künstler!, soweit ist er sich sicher – auf Anraten der Mutter zum Jurastudium nach Leipzig. Er erkennt jedoch spätestens am Ende des ersten Studiensemesters, dass Begriffe wie „Universalpoesie“ und „Gesamtkunstwerk“ ihn mehr locken, als alles was das Universitätsleben so auf den Lehrplan stellt. Da spielt er lieber auf dem Flügel Vierhändiges und Walzerstücke seines geliebten Komponisten Schubert und nimmt Unterricht bei dem Klavierpädagogen Friedrich Wieck.

Im Laufe seines von nahezu unersättlichem Schaffensdrang geprägten Lebens wird Robert Schumann den Traum einer Virtuosenkarriere als Pianist früh aufgeben müssen. Der dritte Finger seiner rechten Hand versagt ihm den Dienst und auch die „Cigarrenmechnanik“, wohl eine Schlinge zur Fixierung des Fingers, kann keine Abhilfe schaffen. Aber Schumann hat immer genügend Träume in seinem inneren Garten von Kunst und Ruhm gehegt, dass es auf diesen einen nun wirklich nicht ankam.

Nach Frédéric Chopin und Felix Mendelssohn Bartholdy ist die Reihe jetzt an Robert Schumann gekommen: man gedenkt dem 200. Geburtstag eines großen Komponisten. Vielleicht würde es ihn freuen, dass er in diesem Fall einmal definitiv vor Richard Wagner – dessen 200. Geburtstag erst 2013 ansteht – gewürdigt wird. Pünktlich zum Feste beschert der renommierte Musikwissenschaftler Martin Geck, der sich bereits durch seine Biografien zu Felix Mendelssohn Bartholdy, Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner und Ludwig Van Beethoven, neben einer ganzen Fülle an anderen Musikwissenschaftlichen Schriften einen Namen gemacht hat, seine Schumann-Biografie. Besonders sein Werk „Bach: Leben und Werk“, das dem Autor nicht umsonst 2001 den Gleim-Literatur-Preis einbrachte, ist Liebhabern der klassischen Musik noch in guter Erinnerung.

„Robert Schumann. Mensch und Musiker der Romantik“ hat Geck in zwölf Kapitel unterteilt und zudem 9 Intermezzi eingefädelt. Gemäß der Tradition der Opern-Intermezzi des 18. Jahrhunderts wird in diesen Einschüben die Aufmerksamkeit auf Anderes, in diesem Falle Anderes als die rein biographische Chronologie, gelenkt. Somit erfährt der Leser auf etwas ungewöhnlichem Wege wie Schumann in seinen Kunstfiguren Florestan und Eusebius, sowie Meister Raro (als Hommage an Friedrich Wieck) und Ziala (Clara Wieck) die Gründungsfiguren seines so genannten „Davidsbundes“ aus der Phantasie in die Welt hebt. Denn mit diesen an seiner Seite macht er es sich zur Aufgabe eine „junge, dichterische Zukunft“ vorzubereiten.

Sein erster größerer Erfolg ist die Gründung der Neuen Zeitschrift für Musik (NZfM), die ab dem 3. April 1834 in Druck geht und fortan zweimal wöchentlich bei einer bald stattlichen Auflage von 400 Exemplaren erscheint. Sie soll ein Sprachrohr für die musikalische Romantik werden, wobei Schumann es fertig bringt mit der Zeit nicht nur Kritiken zu drucken, sondern auch Korrespondenzberichte von Paris bis Petersburg, sowie aktuellste Meldungen und Informationen über musikalische Neuerscheinungen zu bringen. Nicht zuletzt versuchte er mit der NFfM Musikerleben und die schöne Literatur einander näher zu bringen.

In seiner Schumann-Biografie schlägt Martin Geck, den, wie er ihn selbst nennt, „mittleren Stil“ ein. Darunter versteht er einen Zusammenschluss aus Werkanalyse und erhellenden biographischen Kontexten. So geht er immer wieder auf die zahlreichen Schumannschen Kompositionen zugrunde liegenden Tonbuchstabenspiele oder die Faszination Schumanns für E. T. A. Hoffmanns literarische Werke ein. Nicht zuletzt stellt Hoffmanns Roman „Lebensansichten des Kater Murr“ eine der wichtigsten Inspirationsquellen für Schumanns Kreisleriana op. 16 - Komposition dar.

Insgesamt ist der Umfang der Biografie jedoch recht mager. Schließlich hungert so mancher Musikliebhaber schon seit längerem auf eine richtig gute Schumann-Biografie. Das sich Martin Geck ausgezeichnet mit der Musik und den Musikschaffenden des 19. Jahrhunderts auskennt, das lässt auch das vorliegende Werk deutlich erkennen. Leider geht jedoch Schumann selbst bei den großzügigen Querverweisen, die allzu häufig leider nur halb verdaut wirken, ein wenig unter. Auch scheint Geck eine gewisse Scheu vor einer richtungsweisenden Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Schumann-Diskursen zu haben. Das Spätwerk bleibt, von dieser Warte aus betrachtet, bedauernswert unangetastet und überhaupt liefert das Verlöschen dieses musikalischen Geistes in einer Pflegeanstalt bei Bonn für Geck scheinbar kaum Grund zur eingängigen Reflexion. Dem durch seine Bach-Biografie im Grunde selbst gesetzten Maßstab, wird er diesmal nicht ganz gerecht.

Als Einstieg in Leben und Werk dieses „Menschen und Musikers der Romantik“ ist das Buch allemal gelungen. Es richtet sich vor allem an Schumann-Laien, unterhält den Leser auf kreativ-verspielte Art und vermeidet es, bewusst die Freude an der Auseinandersetzung mit dem Schumannschen Werk in musikwissenschaftlichem Fachjargon zu ersticken.

Literaturangabe:

GECK, MARTIN: Robert Schumann. Mensch und Musiker der Romantik. Siedler Verlag, Berlin 2010. 320 S., 22,95 €.

Weblink:

Siedler Verlag


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