Von Sophie Werner
BERLIN (BLK) – Dokumentieren, aufdecken, anklagen. Nach dieser Vorgabe richten sich Rolf Hochhuths polarisierende Werke. Als einer der Hauptvertreter des Dokumentartheaters gilt sein Interesse dem politischen Engagement und dessen kritischen Darstellungen. Seine literarischen Werke beschäftigten sich weitestgehend mit dem Dritten Reich und der deutschen Vergangenheitsbewältigung. Die Bühnenrealisierungen seiner dokumentarischen Stücke reflektieren das beispiellose Eintreten gegen ein kollektives Schweigen. Am 1. April wird der deutsche Schriftsteller 80 Jahre alt.
Als Sohn eines Schuhfabrikanten wurde Rolf Hochhuth 1931 in Eschwege bei Kassel geboren. In jungen Jahren erlernte er den Buchhändlerberuf und arbeitete anschließend in mehreren Buchhandlungen. Die Zeit von 1955 bis 1963 stellt seine erste intensive Auseinandersetzung mit Literatur dar. Die Tätigkeiten als Lektor im Bertelsmann– und im Rowohlt-Verlag prägten somit sein literarisches Schaffenswerk.
Hochhuths 1963 uraufgeführtes Drama „Der Stellvertreter – Ein christliches Trauerspiel“ stellt erstmals die Frage von Schuld und Unschuld der Nachkommen der Tätergeneration in den Vordergrund. Anhand des Verhältnisses von Literatur und Wirklichkeit verarbeitet Hochhuth die Deportation von Juden im Oktober 1943.
Die Hauptfigur Papst Pius XII. entzieht sich der christlich-vorbildlichen Verantwortung und rückt somit die kollektive Verdrängung ins Licht. Hochhuth provoziert mit der Frage: Scheitert die Menschheit am Versagen jedes Einzelnen? Dokumentarisches Material wie Akten, Protokolle, Presseberichte, Filmszenen, Fotos und Tonbänder, unterstützt Hochhuths umstrittenste und spektakulärste Inszenierung. Seine Arbeit als Schriftsteller und Dramatiker ist durch dieses typische Verhältnis gekennzeichnet.
Das dokumentarische Interesse des Dramatikers zieht sich durch seine gesamten Werke, wie zum Bespiel in den Dramen „Die Soldaten – Nekrolog auf Genf“ (1965) und „Guerillas“ (1970). Letzteres stellt jedoch eine Zäsur in Hochhuths Schaffen dar. Die Tragödie beschreibt die Forderung nach einem internationalen Luftkriegsrecht zum Schutz der Zivilbevölkerung und den ungeklärten Tod des polnischen Generals und Exil-Präsidenten Wladislaw Sikorski.
Die Fülle des dokumentarischen Materials vermag Hochhuths literarisches Werk in den Hintergrund zu stellen. Dies kennzeichnet das Schaffenswerk des deutschen Dramatikers. Hochhuths Form des Dokumentartheaters soll, mittels des Verhältnisses von Zeitdokumenten und literarischer Hingabe, über die notwendige Stellungnahme aufklären.
Ausdrucksstark und umstritten sind ebenfalls seine veröffentlichten Novellen und Essays. Sie verkörpern den Drang nach politischem Engagement. Für dieses Eintreten, für die Offenlegung der Vergangenheit, wurde Hochhuth mit zahlreichen Preisen geehrt. Er erhielt unter anderem den Förderpreis im Gerhart-Hauptmann-Preis (1962), den Westberliner Preis „Junge Generation“ (1963), den Jacob-Grimm-Preis für Deutsche Sprache (2001) und den Cicero-Preis (2002).