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Romy-Roman „Ende einer Nacht“ von Olaf Kraemer

Atmosphärische Traumvision vom Ende einer Diva

© Die Berliner Literaturkritik, 23.09.08

 

Von Ulrike Cordes

Die Schauspielerin ging Millionen Menschen unter die Haut – denn sie war weit mehr als nur eine, wenn auch erlesene, Leinwandschönheit voller Ausdruckskraft. Romy Schneider, die am 23. September 70 Jahre alt geworden wäre, verkörperte ein Stück Zeitgeschehen. Als „Sissy“ Symbol einer durch Nazi- und Kriegsschrecken verloren gegangenen, aber wieder ersehnten kollektiven Unschuld, formulierte sie später, in ihren französischen Jahren unter Regisseuren wie Claude Sautet („Die Dinge des Lebens“, 1970), gesellschaftlichen Aufbruch und weibliche Emanzipationsbestrebungen.

Dabei überlagerten sich, wohl auch in ihrem eigenen Empfinden, Leben und Werk dieser Getriebenen, die das Glück nur selten fand und in den frühen Morgenstunden des Pfingstsonnabend 1982 gesundheitlich, seelisch und finanziell ruiniert in einem Sessel sitzend in Paris verstarb.

Selbstverständlich erscheinen anlässlich des Geburtstages der Unvergessenen neue Biografien, etwa von Jürgen Trimborn („Romy und ihre Familie“, Droemer-Verlag) und Günter Krenn („Romy Schneider. Die Biographie“, Aufbau-Verlag). Olaf Kraemers knappen Roman „Ende einer Nacht - Die letzten Stunden der Romy Schneider“ (Blumenbar-Verlag) darf man eigentlich auch dazu zählen: Das Buch des 49jährigen Münchner Dokumentarfilmers und Autors („High Times. Mein wildes Leben“ über Uschi Obermaier, 2007) geriet zur Melange aus Fakten und Fiktion, die dabei keine neuen Sachinformationen bietet, sondern dem Phänomen Romy voller Empathie in Form einer träumerischen Vision nachspürt. Das gut lesbare, atmosphärehaltige Werk darf als Akt der Liebe des Autors verstanden werden - für alte und neue Schneider-Fans jedoch nicht als Pflicht, sondern als reine Kür.

Der Erzähler bezieht seine Geschichte auf die Tatsache, dass die Aktrice zur Rettung ihrer wirtschaftlichen Situation für einen großen deutschen Verlag ihre Memoiren schreiben wollte: In ihrer letzten Nacht schildert er sie als gealterte, unglückliche Frau, die mittels ihrer Erinnerungen den Kampf des Lebens noch einmal aufnehmen, sich wie Münchhausen selbst aus dem Sumpf ziehen will. In der Stille der Wohnung, in der sie mit ihrem jungen Liebhaber Laurent und ihrer kleinen Tochter Sarah untergekommen ist, sowie auf den menschenleeren Straßen der Seinemetropole gedenkt sie ihrer Filme und Ehemänner, ihrer Eltern und des Mädchenpensionats, Nazizeit und Wirtschaftswunder, Alain Delons und ihres toten Sohns David. Man erlebt eine abgrundtief Einsame, die zeitlebens um Anerkennung und Zuwendung gerungen hat.

Sich selber vermochte sie nicht zu spüren. Am Ende erkennt sie nicht einmal der Apotheker, dessen Medikamente der Süchtigen Linderung verschaffen sollen. Ein Clochard unter den Brücken will ihre Münzen nicht. Der Leser fühlt, dass er trotz eines Anscheins von Klischeehaftigkeit der inneren Wahrheit des Lebens der Romy Schneider nahe gekommen sein könnte.

Literaturangaben:
KRAEMER, OLAF: Ende einer Nacht. Die letzten Stunden der Romy Schneider Blumenbar Verlag, München 2008, 188 S., 17,90 €.

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