Uwe Friedrichsen erzählt vom „Handauflegen“
Die Trauergemeinde ist betroffen. Natürlich auch, weil der gut aussehende Masseur sein Leben schon in so jungen Jahren lassen musste. Aber in erster Linie haben die TV-Sternchen, Architekten, Politiker und Staatssekretäre Angst, dass der liebe Verblichene ihnen möglicherweise etwas Unerfreuliches hinterlassen haben könnte - Aids zum Beispiel. Denn der sensible Masseur hat bei seinen Londoner Kunden und Freunden offenbar weit mehr als „Handauflegen“ praktiziert. Schauspieler Uwe Friedrichsen erzählt die skurrile Geschichte des britischen Autors Alan Bennett („Die souveräne Leserin“) mit genau der richtigen Mischung aus lustvoller Süffisanz und ironischer Distanz. Auch Erzdiakon Treacher wird immer unruhiger je offenherziger die Bekenntnisse seiner Trauerfeier-Besucher werden - hatte er doch selbst eine Schwäche für den schönen Mann mit den Zauberhänden. Und dann sitzt da noch einer von Treachers geistlichen Vorgesetzten im Kirchenschiff. Ein prickelndes, sehr vergnügliches Hörerlebnis mit überraschendem Ende.
„Das Gegenteil von Tod“ - Erzählungen von Saviano
„Gomorrha“, sein Enthüllungsbuch über die Mafia, hat den italienischen Autor Roberto Saviano in die Öffentlichkeit katapultiert und zur Zielscheibe des organisierten Verbrechens gemacht. In dem Erzählband „Das Gegenteil von Tod“ berichtet Saviano erneut von den Lebensumständen in Süditalien - dieses Mal aber leiser und poetischer. Die 17-jährige Witwe Maria aus Neapel ist die Hauptfigur der Titelgeschichte. Ihr Verlobter Gaetano heuerte lieber beim Militär an, als sich in den Dienst der Camorra zu stellen. Von der „Friedensmission“ in Afghanistan kehrt er aber als grausam verstümmelte Leiche nach Hause zurück. In „Der Ring“ schildert Saviano, wie unschuldige Jugendliche im dunklen Strom des Verbrechens umkommen. Saviano vermengt seine tieftraurigen Schilderungen mit Sarkasmus und Bitterkeit, wie um sie erträglicher zu machen. Der Erzählton von Hörbuchsprecher Heikko Deutschmann ist dafür fast zu locker und emphatisch - der Text hätte mit mehr stimmlicher Distanz und Lakonik noch stärker gewirkt.
Geschwister Pfister erzählen „Die Geierwally“ neu
Die schrillen Geschwister Pfister begegnen der „Geierwally“ mit Respekt und nur zarter, fast liebevoller Ironie. Das deutsch-schweizerische Kabarett-Trio hat ein rundes, stimmiges Hörspiel in schrägem Dialekt aufgenommen. Die Klänge der österreichischen Bläser-Combo Mnozil Brass geben der Geschichte den richtigen Hochgebirgs-Ton. Die Story ist hinlänglich bekannt: Die Stromminger Wally aus Tirol rettet als junges Mädchen einem Geier das Leben und wird fortan von dem dankbaren Tier treu begleitet. Als sie sich unsterblich in den attraktiven Joseph verliebt, kommt es zum Eklat mit ihrem tyrannischen Vater, der sie mit dem wohlhabenden Vinzenz verheiraten möchte. Aber Wally kämpft um ihre Freiheit und für ihre Liebe. Vielfach verfilmt, gibt das Hörspiel der Originalvorlage von Wilhelmine von Hillern aus dem Jahr 1873 seine Ursprünglichkeit zurück und vermeidet Kitsch wo es kann.
Musik und ihre Geschichte lebendig erklärt
Gleich beginnt das Konzert! Auf dem Programm steht Friedrich Smetanas sinfonische Dichtung „Die Moldau“. Vorher nimmt sich der Dirigent des Abends, Jaromir Pospischil, aber noch Zeit. Den Lesern und Hörern von Marko Simsas „Die Moldau“ erzählt er, was es mit Smetanas berühmtem Werk auf sich hat. Dafür packt der Dirigent kurzerhand seinen Rucksack und macht einen Ausflug zum längsten Fluss Tschechiens. Im Böhmerwald lauscht er den Quellen der Moldau, auf der CD ist zu hören, wie die warme und die kalte Quelle plätschern und rauschen. Weiter geht es, und Pospischil hört und beobachtet Jäger und eine Hochzeitsgesellschaft. Er erlebt einen Nymphenreigen, sieht Ritter und Burgen und gefährliche Stromschnellen, bis der Fluss majestätisch durch die Stadt Prag fließt.
Simsa verknüpft Erzählung und Musik sehr geschickt. Fröhliche, sehr stimmungsvolle Illustrationen von Doris Eisenburger machen die Reise zu einem auch bildlich schönen Erlebnis. Am Ende muss sich Dirigent Pospischil beeilen und schnell in seinen Frack schlüpfen - denn das große Konzert beginnt. Nach dem gleichen Konzept lernen Kinder und junge Erwachsene auch Engelbert Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“ kennen. (dpa/beh)
Literaturangaben:
BENNETT, ALAN: Handauflegen. Patmos Audio, Düsseldorf 2009. 158 Min., 19,95 €.
SAVIANO, ROBERTO: Das Gegenteil von Tod. Hörbuch Hamburg 2009. 100 Min., 14,95 €.
VON HILLERN, WILHELMINE: Die Geierwally. Patmos Audio, Düsseldorf 2009. 160 Min., 16,95 €.
SIMSA, MARKO: Die Moldau. Verlag Carl Ueberreuter, Wien 2009. 32 S., 35 Min., 19,95 €.
Weblinks: