Sabine Thieslers dritter Nervenkitzler: „Die Totengräberin“
MÜNCHEN (BLK) – Magda, so heißt „Die Totengräberin“ in Sabine Thieslers neuem Psychothriller, wartet auf ihren Mann in ihrem gemeinsamen Haus in der Toskana. Sie weiß, dass er bei seiner Geliebten ist, sie ist aber nicht bereit, dies weiter hinzunehmen. Als Johannes endlich eintrifft, tötet sie ihn. Doch dann meldet Schwager Lukas seinen Besuch in Italien an – nicht ahnend, in welch tödliche Gefahr er steuert. Nach dem überragenden Erfolg ihrer ersten beiden Krimis „Der Kindersammler“ und „Hexenkind“ hat auch Thieslers dritter Nervenkitzler das Zeug zum Bestseller. Spannung erzeugt die versierte Drehbuchautorin und Stückeschreiberin mit verschiedenen Erzählebenen, treffenden Dialogen und einer überzeugenden Story, die umso unheimlicher ist, als sie von Menschen wie Du und ich handelt.
Stefan Beuses literarische Annäherung an die Wirklichkeit
MÜNCHEN (BLK) – Suggestion ist eine Spezialität des Autors Stefan Beuse: Was sich in seinem Roman „Alles was du siehst“ zunächst wie drei Erzählebenen liest, erweist sich im weiteren Verlauf als eine große und raffiniert verwobene Geschichte über das Wesen der Identität, und letztendlich als Biografie eines der Protagonisten. Auf einer Ebene erzählt Beuse zunächst von einem Ghostwriter, der in ein amerikanisches Städtchen reist, um die Geschichte eines geheimnisvollen Mannes aufzuschreiben. Auf einer anderen Ebene fliehen die Zwillinge Aaron und Lia Singer in eine Hütte am See, in der sie die Natur als bedrohlich kennenlernen. Und auf einer dritten fühlt sich ein junger Mann zu einem Mädchen hingezogen, das er heimlich beobachtet.
Donovan erzählt vom traurigen Erwachsenwerden in der Arbeiterstadt
MÜNCHEN (BLK) – Anne Donovan bleibt sich nach dem Erfolg von „Einmal Buddha und zurück“ treu. Auch ihren Roman „Emily sein oder nicht sein“ siedelt sie in der schottischen Arbeitermetropole Glasgow an. Fiona, die Erzählerin, lebt als junges Mädchen zunächst in der heilen Welt, die wenige Jahre später allerdings aus den Fugen gerät. Fionas Mutter stirbt, die Familie fällt auseinander. Bruder Patrick zieht weg, der Vater verfällt dem Alkohol, die Zwillingsschwestern verwahrlosen und Ersatz-Mutter Fiona ist heillos überfordert mit ihrer Aufgabe und dem Erwachsenwerden. Sie versucht sich als Künstlerin, verliebt sich unglücklich und rebelliert schließlich auch gegen den Vater. Donovan vertraut ihren eher einfach gezeichneten Charakteren: der Bruder ist sanftmütig, kümmernd und schwul, die Tante keck und lesbisch, der Vater ein Trunkenbold. Der Titel verweist auf Emily Brontë, berühmte Autorin der „Sturmhöhe“, die es nach Ansicht Fionas auch geschafft hat, Literatur und Hausarbeit unter einen Hut zu bekommen. Donovan gelingt es zwar, einer traurigen Geschichte humorvolle Passagen abzugewinnen, Tiefe gewinnt ihr Buch dadurch aber nicht.
Mord in den Bergen – eindringliches Drama von Francois Gantheret
MÜNCHEN (BLK) – Um den Hof seiner Eltern zu verkaufen, kehrt Paul nach langer Zeit in sein Heimatdorf in den Savoyer Alpen zurück. Hier musste er damals den Tod seiner Jugendliebe Claire Etcheverry betrauern. Sie war erschlagen worden. Der mysteriöse Mord wurde nie aufgeklärt. Alle Dorfbewohner hatten ein Alibi und schwiegen. Im unbewohnten Chalet der Etcheverrys trifft Pauk auf die Pianistin Béatrice, die der toten Claire erstaunlich ähnlich sieht – sie ist ihre Schwester und wurde erst nach Claires Tod geboren. Klingt ein wenig nach Andrea Maria Schenkels Bestseller „Tannöd“ – und tatsächlich: beide Krimis spielen in den Bergen, die Figuren sind von skurril bis verbittert, und beide Geschichten drehen sich um einen Mord. Anders als Schenkels nüchterner Ton nutzt der französische Psychoanalytiker eine poetische, eindringliche und ausdrucksstarke Sprache. Er bedient sich Zeitsprüngen in Form von Erinnerungen, die er mit dem Geschehen im Bergdorf 30 Jahre später verbindet. Für seinen ersten Roman „Verlorene Körper“ wurde Gantheret mit dem „Prix Ulysse“ ausgezeichnet.
Literaturangaben:
BEUSE, STEFAN: Alles was du siehst. Beck Verlag, München 2009. 175 S.,17,90 €.
DONOVAN, ANNE: Emily sein oder nicht sein. Luchterhand Literaturverlag, München 2009. 351 S., Euro 9 €.
GANTHERET, FRANCOIS: Das Gedächtnis des Wassers. Dtv, München 2009. 178 S. 14,90 €.
THIESLER, SABINE: Die Totengräberin. Heyne Verlag, München 2009. 512 S., 19,95 €.
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