Werbung

Werbung

Werbung

Schäfer zum Zweiten

Georg Haderers zweiter Kriminalroman

© Die Berliner Literaturkritik, 07.10.10

INNSBRUCK (BLK) – Der zweite Fall des Wiener Majors Schäfer ist unter dem Titel „Ohnmachtsspiele“ erschienen. Der Haymon Verlag brachte den Kriminalroman desr österreichischen Autors Georg Haderer ist im August 2010 heraus.

Klappentext: Georg Haderers zweiter Schäfer-Krimi – ein fesselndes Spiel mit Wahn und Wirklichkeit: Nebel, Kälte, Innenpolitik … als ob Major Schäfer nicht schon genug mit seinen Depressionen und Angstzuständen zu kämpfen hätte, treten ihm auch noch der Wiener November und ein reformwütiger Innenminister in die Rippen. Wie soll Schäfer unter diesen Bedingungen arbeiten – zumal in der Gerichtsmedizin neben zwei ertrunkenen Frauen auch noch die mumifizierte Leiche eines Drogensüchtigen liegt. Unfall, Unfall, Überdosis, so soll es in den Ermittlungsakten stehen, wenn es nach dem Polizeipräsidenten geht – nur keine überflüssigen Ermittlungen. Doch dass nicht nur mit dem toten Junkie etwas faul ist, steht für den sturen Schäfer fest. Bei seinen Untersuchungen entdeckt er Zusammenhänge, die auf einen Serientäter schließen lassen, der sich seine Opfer nach dem Schema eines Kartenspiels aussucht. Mit seiner Theorie steht Schäfer innerhalb der Polizei weitgehend alleine da – was ihn aber nicht daran hindert, mit seinen Ermittlungen in die Offensive zu gehen …

Atemberaubende Spannung, rabiate Gesellschaftsanalyse und durchgeknallte Komik – Georg Haderers neuer Krimi zeichnet mit Nachdruck das Bild eines unmenschlichen Systems, das sich nur mehr an Quoten und Machterhalt orientiert.

Der Schriftsteller Georg Haderer wurde 1973 in Kitzbühel/Tirol geboren. Nach einem abgebrochenen Studium und einer vollendeten Schuhmacherlehre arbeitete er als Journalist, Barmann, Landschaftsgärtner, Skilehrer und Werbetexter. „Schäfers Qualen“, sein Debüt und zugleich erster Teil der Reihe rund um Polizeimajor Schäfer, erschien 2009 bei Haymon. Georg Haderer lebt heute in Wien.

Leseprobe:

©Haymon Verlag©

Wie er sich denn zurzeit fühle: eher wie eine Figur auf der Bühne, als Regisseur, als Drehbuchschreiber … oder von allem ein bisschen? Schäfer brauchte ein paar Minuten, um die Frage auf seine Situation zu beziehen. Wie fühlte er sich denn? Dann kam ihm die Phrase in den Sinn, die er zurzeit in der Arbeit wohl am häufigsten zu hören bekam: Bin ich denn der Trottel vom Dienst? Da war sie, die Antwort.

„Gibt es auch Situationen, wo Sie aus dieser Rolle heraustreten? Wo Sie selbstbestimmt agieren?“

Ihm wollte nichts einfallen. Stand es denn wirklich so schlimm um sie alle? Denk nach.

„Vielleicht, wenn ich mir was zu essen mache …“

„Kochen Sie gern?“

„Momentan … nicht wirklich … ich esse, um nicht zu verhungern …“

„Das ist doch kein Leben …“, rutschte es dem Therapeuten heraus.

„Wem sagen Sie das …“

„Das ist kein Vorwurf an Sie, verstehen Sie mich recht … aber so, wie Sie es schildern, wundert mich Ihr Zustand nicht. Ich meine, man ist so gut wie immer irgendwelchen Zwängen ausgesetzt, fühlt sich beizeiten ohnmächtig … doch damit es Ihnen schrittweise besser geht, sollten wir daran arbeiten, Ihnen Ihre Selbstbestimmtheit zu einem gewissen Grad zurückzuerobern …“

„Also doch in den Kindergarten“, erwiderte Schäfer schmunzelnd.

„Das ist eine Option … nur glaube ich, dass es in Ihrer momentanen Situation ein zu großer Umbruch wäre … vorerst finde ich es wichtig, dass Sie sich innerhalb des jetzigen Umfelds Ihre Souveränität zurückerobern … dass Sie sich Strukturen schaffen, in denen sie sich wohlfühlen …“

„Sie wollen, dass ich den Innenminister erschieße?“, witzelte Schäfer.

„Sie weichen aus. Ich meine, dass Sie sich kleine Ziele setzen, um Ordnung in Ihr Leben zu bekommen … fixe Anhaltspunkte, an denen Sie sich aufbauen können …“

„Als da wären …?“

„Ich weiß nicht, was Sie gern tun … suchen Sie sich einen Schachpartner für einen fixen Abend in der Woche, oder machen Sie einen Yogakurs … ich glaube, dass Sie sich zurzeit wie vor einem unbezwingbaren Berg sehen, den Sie dennoch besteigen wollen. Aber Sie rennen sich fest, Sie laufen sich tot … und das meine ich jetzt nicht einmal metaphorisch.“

„Und wo ist der Ausweg?“, fragte Schäfer gereizt, da ihn die klugen Sprüche des Therapeuten zu nerven begannen.

„Es gefällt mir, dass Sie wütend werden“, sagte der Therapeut lächelnd, „das heißt doch, dass Sie sich zumindest von mir nicht alles sagen lassen.“

„Verstehe …“, erwiderte Schäfer und versuchte zu verstehen.

„Man kann auch in der Ebene gehen und ans Ziel kommen“, sagte der Therapeut nach ein paar schweigsamen Minuten. „Man muss nicht immer nach oben stürmen und sich dabei völlig verausgaben, verstehen Sie?“

„Das sagen Sie jemandem, der in Tirol aufgewachsen ist.“

Als Schäfer kurz vor zwei Uhr auf die Straße trat, war er so aufgewühlt, dass er trotz seiner ungeeigneten Kleidung zu laufen begann und erst anhielt, als er sich am Donaukanal auf Höhe des Heizkraftwerks befand. Er ließ sich auf eine Bank fallen und bemühte sich, seine Atmung unter Kontrolle zu bringen. Das war eine Wurzelbehandlung gewesen. So sehr ihn der Therapeut beizeiten nervte, diesmal hatte er einen Nerv freigelegt. Wer war er denn? Seit fast zwanzig Jahren im Dienst. Machte Pi mal Daumen … auf jeden Fall an die tausend Tote, mit denen er zu tun gehabt hatte. Vielleicht auch nur fünfhundert, was änderte das schon, er war einer der besten Ermittler der Mordkommission, er hatte den Richtern Verbrecher angeliefert wie ein Labrador das Stöckchen. Und jetzt wurde er herumbugsiert wie …

„Verpisst euch, ihr verwichsten Arschgesichter“, brüllte er drei Jugendliche an, die vor ihm stehen geblieben waren – wohl um ihn aus Langeweile zu provozieren.

„Schon gut, Alter“, meinte einer von ihnen erschrocken, „wir wollten nur schauen, ob alles in Ordnung ist mit dir.“

„Bestimmt“, erwiderte Schäfer, stand auf und machte sich im Laufschritt auf den Weg zurück ins Kommissariat. Die ängstlichen bis besorgten Blicke einiger Passanten nahm er nicht wahr.

©Haymon Verlag©

Literaturangabe:

HADERER, GEORG: Ohnmachtsspiele. Ein Kriminalroman. Haymon Verlag, Innsbruck 2010. 320 S., 19,90 €.

Weblink

Haymon Verlag


Bookmark and Share

BLK mit Google durchsuchen: