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Schräger Krimihumor

Eine anspielungsreiche und bösartige Liebeserklärung an das Genre und seine Leser

© Die Berliner Literaturkritik, 13.01.11

MÜNCHEN (BLK) – Im Dezember 2010 ist der Kriminalroman „Ein Mordsgeschäft. Mord, Anarchie und verdammt heiße Hosen“ von Colin Bateman im Heyne Verlag erschienen. Der Roman wurde aus dem Englischen von Alexander Wagner übersetzt.

Klappentext: Er ist ein Mann ohne Namen und Eigentümer von Kein Alibi, einem Krimibuchladen in Belfast. Als das Detektivbüro nebenan pleitegeht, wenden sich die Klienten zur Lösung ihrer Fälle verstrauensvoll an ihn – immerhin versteht er etwas von Verbrechen und deren Aufklärung. Außerdem verspricht er sich dadurch zusätzliche Kunden für seine Bücher, ganz abgesehen davon, dass er damit Alison, die hübsche junge Frau aus dem Juwelierladen gegenüber, beeindrucken will. Und so gefährlich wird alles schon nicht sein. Doch da liegt er falsch, denn schon bald befinden sich die beiden mitten in einem haarsträubenden Mordfall.

Colin Bateman, geboren 1962, arbeitete als Journalist, Kolumnist und Drehbuchautor. Inzwischen hat er eine Reihe Romane für Erwachsene, aber auch einige Kinderbücher geschrieben und lebt mit seiner Frau und seinem Sohn  in Bangor, Nordirland. Sein Roman Divorcing Jack wurde 1998 verfilmt.

Leseprobe:

©Heyne Verlag©

Es gibt nicht viele Privatdetektive in Belfast, und so wie es scheint, haben wir jetzt noch einen weniger. Ich weiß das, weil sein Laden direkt neben meinem lag. Sein Name war Malcolm Carlyle, und er wirkte eigentlich recht umgänglich. Ab und zu schaute er auf einen Plausch bei mir herein, wenn das Geschäft gerade mal nicht so brummte. Will heißen, sein Geschäft. Sein Laden nannte sich Private Ermittlungen, große gelbe Buchstaben auf schwarzem Grund. Aber eines Tages sperrte er nicht mehr auf, ich sah ihn nie wieder - und das war der Anfang all meiner Probleme. Er stand nämlich immer noch in den Gelben Seiten, und wenn die Leute ihn nicht an die Strippe bekamen, na ja, dann dachten sie wohl, der Mann muss gut sein, der ist ständig beschäftigt, und vermutlich hat er deswegen seine Nummer ändern lassen und ist jetzt nur noch über Geheimnummer erreichbar. Also bemühten sie sich persönlich hierher, um sich nach dem Stand ihrer Fälle zu erkundigen, fanden seine Tür verschlossen, entdeckten meinen Laden nebenan, und dachten, da muss wohl irgendeine Art Verbindung bestehen. Schließlich kann es ja kaum ein Zufall sein, wenn ein Laden namens Private Ermittlungen direkt neben einem Laden namens Kein Alibi liegt. Also schlenderten sie herein und taten so, als studierten sie die Kriminalromane, während sie mich heimlich hinter meiner Theke musterten. offensichtlich fragten sie sich, ob ich in irgendeiner Verbindung zu dem Privatdetektiv stand, ob es eine Verbindungstür zwischen unseren Geschäften gab und ob ich meine nächtlichen Ermittlungen auf den kalten, dunklen Straßen Belfasts tarnte, indem ich als seriöses Deckmäntelchen einen Buchhandel betrieb. Damit lagen sie natürlich völlig daneben. Bücher zu verkaufen, ist ein viel mörderischeres Geschäft, als man gemeinhin annimmt.

Der erste Kerl, der mich dann tatsächlich ansprach, hieß Robert Geary; er war Angestellter im Amt für Erziehungswesen in Bangor, verheiratet, mit drei Kindern im Alter zwischen neun und zwölf - und Manchester-United-Fan. Nun, jeder von uns hat sein Kreuz zu tragen. Das alles erzählte er mir, während er mit großer Umständlichkeit einen Agatha-Christie-Roman bezahlte, was mir sofort verriet, dass hier etwas ganz anderes im Busch war. Schon seit Jahren hatte kein Mensch mehr was von Agatha Christie gekauft.

„Meine Frau trägt Lederhosen“, erklärte er betont beiläufig.

Ich nickte. Alles eine Geschmackssache.

„Sie ist zweiundvierzig“, fuhr er fort, und ich hob eine besorgte Augenbraue. „Ja, ich weiß, ich mache ihr auch schon alle möglichen Andeutungen, dass sie dafür vielleicht etwas zu alt sein könnte, aber sie kapiert's einfach nicht. Das Problem ist, sie hat mich gebeten, die Hose in die Reinigung zu bringen, zu der wir üblicherweise gehen. Es ist die einzige Reinigung, der sie vertraut, nur leider war ich an dem Morgen spät dran, also hab ich sie in diesen anderen Laden gebracht. Ich weiß nicht, ob Sie den zufällig kennen - nennt sich Blitz-Schnell-Sauber in der Castlereagh Road. Jedenfalls haben die das Ding verschlampt, waren aber sehr kulant und haben mir anstandslos den Neupreis erstattet. Trotzdem hat meine Frau einen Riesentanz veranstaltet und mich mit den unsäglichsten Schimpfworten bombardiert. Dann, ein paar Wochen später, ich war gerade beim Einkaufen, sehe ich genau diese Hose die Royal Avenue runterspazieren. Aber kaum hab ich einen Blick auf das Ding erhascht, war es auch schon wieder in der Menge verschwunden. Also bin ich zurück in die Reinigung und hab denen erklärt, die Hose meiner Frau wäre gerade die Royal Avenue entlangmarschiert. Aber die meinten nur, daran könnten sie auch nichts ändern. Und da ich die Polizei nicht einschalten wollte, weil die mir ohnehin nur den Vogel gezeigt hätten, rief ich Malcolm Carlyle an, den Privatdetektiv, und er hat mir versprochen, er würde zusehen, was er in der Sache unternehmen kann. Dann hab ich länger nichts mehr von ihm gehört, und er ist auch nicht ans Telefon gegangen, also hab ich gedacht, ich komme einfach mal persönlich vorbei. Aber jetzt ist er nicht da.“

„Nein, ist er nicht“, bestätigte ich.

„Trotzdem muss ich das Ding unbedingt zurückkriegen, denn ich weiß genau, eines Tages wird meine Frau zum Einkaufen gehen und dabei dieser Hose begegnen, und dann fließt Blut auf Belfasts Straßen. Ein Teil dieses

Bluts wird von ihr sein, ein Teil von der anderen Frau, aber ein bisschen wird auch von mir sein, worauf ich gut verzichten kann. Ich habe nur noch fünf Jahre bis zu meiner Pensionierung. Städtische Beamte gehen ja oft vorzeitig in Pension. Wir wollen uns ein nettes kleines Häuschen auf Zypern zulegen.“

„Warum besorgen Sie ihr nicht einfach ein neues Paar Hosen?“, erkundigte ich mich.

„Weil das original Designerhosen waren. Ich hab sie in Amerika gekauft, in Texas, in der Nähe von Alamo, wo mein Lieblingsfilm spielt, und es gibt kein weiteres Paar wie dieses in ganz Irland, vermutlich nicht mal in Europa.“

„Verstehe“, erwiderte ich und kassierte währenddessen die 4,50 Pfund für Christie.

©Heyne Verlag©

Literaturangabe:

BATEMAN, COLIN: Ein Mordsgeschäft. Mord, Anarchie und verdammt heiße Hosen. Aus dem Englischen von Alexander Wagner. Heyne Verlag. München. 432 S., 8,99 €.

Weblink:

Heyne Verlag


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