Von Gisela Mackensen
ZÜRICH (BLK) - Hugo Loetscher zählte zu den bedeutendsten Schriftstellern der deutschsprachigen Schweiz und wurde in einem Atemzug mit Friedrich Dürrenmatt und Max Frisch genannt. Im Alter von 79 Jahren ist er in seiner Heimatstadt Zürich an den Folgen einer schweren Herzoperation gestorben, wie der Diogenes Verlag am Dienstagabend mitteilte. Loetscher galt zugleich als der weltoffenste der Schweizer Autoren. Seit Mitte der 60er Jahre bereiste er regelmäßig Lateinamerika, die USA, Indien und Fernost, ohne die Themen seiner Heimat aus dem Blick zu verlieren. Gastdozenturen führten ihn unter anderem an die Universität München.
Kritiker loben Loetscher, der auch Mitglied der Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung war, als weltläufigen Lokalpatrioten, Humanisten und sanften Moralisten. Sie rühmen seinen Einfallsreichtum, seine Erzählkunst und die Leichtigkeit seines Humors, mit denen er das Zeitgeschehen kommentierte. Seine Figuren sind meistens Außenseiter. Das galt nach Ansicht der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ) auch für den Autor selbst. „Er stellte sich immer ein wenig gegen den Strom - ohne freilich davon ein großes Aufheben zu machen“, schreibt das Blatt. Mit Loetscher verliere die deutschsprachige Literatur „eine eminente Stimme“.
Zu seinem Werk gehören Romane, Erzählungen, Essays, Theaterstücke und Reisereportagen. Sein literarisches Debüt gab er 1960 mit dem Drama „Schichtenwechsel“ am Zürcher Schauspielhaus. 1963 erschien sein erster Roman „Abwässer“. Ab 1969 schrieb Loetscher als freier Autor. Zu seinen bekanntesten Werken gehören der Roman „Der Immune“ (1975), der mit „Die Papiere des Immunen“ (1986) eine Fortsetzung fand. Bekannt wurde Loetscher auch mit „„Herbst in der Großen Orange“ (1982), das er nach einem Aufenthalt an der Universität von Süd- Kalifornien verfasste, „Der Waschküchenschlüssel und andere Helvetica“ (1983) oder „Die Augen des Mandarin“ (1999).
Seine Karriere begonnen hatte Loetscher nach dem Studium der Politischen Wissenschaften, Wirtschaftsgeschichte, Soziologie und Literatur in Zürich und Paris als Literaturkritiker. Er schrieb für die „Weltwoche“ und die „NZZ“, bevor er Redakteur der Schweizer Kulturzeitschrift „Du“ wurde. Von 1986 bis 1989 war er Präsident des Schweizer Schriftstellerverbands. 1992 zeichnete ihn die Schweizerische Schillerstiftung mit dem Großen Schiller-Preis aus. An diesem Freitag kommt sein neues Werk „War meine Zeit meine Zeit“ heraus, eine Art literarische und geografische Lebensbilanz.