HAMBURG (BLK) – Er kommt mit dem Fahrrad in ein Hamburger Café und wirkt überaus gelassen. Seine langen grauen Haare hat er zu einem Zopf zusammengebunden, die kreisrunde Sonnenbrille erinnert an die 70er Jahre. Damals sorgte Günter Amendt mit seinem Buch „Sexfront“ für Aufsehen. Am 8. Juni wird der Sozialwissenschaftler 70 Jahre alt. Sein Alter ist für ihn kein Thema – wie auch die Sexualität. „Dazu habe er nichts mehr zu sagen, da sollen Jüngere ran, vor allem Frauen“, sagt Amendt. Er habe als Autor das Interesse am Thema Sex verloren.
Schon in den 90er Jahren hat sich Amendt aus der sexualwissenschaftlichen und sexualpolitischen Diskussion zurückgezogen. Schwerpunkt seiner heutigen Arbeit sind Drogengebrauch und -politik. Er selbst hat die Drogen, über die er geschrieben hat, auch konsumiert: „Ich habe fast alles probiert, von LSD bis Ecstasy.“ Seine einzige Sucht, so betont er, sei aber die Nikotinsucht. In Arbeit hat der Soziologe ein weiteres Buch zum Thema Drogen und Globalisierung. Diesmal beschäftigt er sich mit dem Doping-Problem.
Seit gut 35 Jahren lebt der gebürtige Frankfurter in Hamburg. Nach einer kaufmännischen Lehre besuchte er das Hessenkolleg und studierte schließlich in Frankfurt und Gießen. Amendt war Mitglied des Sozialistischen Studentenbundes und zeitweilig dessen Sprecher. 1973 promovierte er mit einer Arbeit über das „Sexualverhalten Jugendlicher in der Drogensubkultur“ zum Dr. phil. 1997 veröffentliche der „Sexfront“-Autor sein zweites Werk, das „Sex- Buch“, mit dem er wegen der offenen Behandlung des Themas im Jugendjargon wieder für Zündstoff sorgte.
Amendt hat auch Hörspiele verfasst und sich intensiv mit Künstlern wie Harry Belafonte und Bob Dylan befasst, dessen neue Platte er gerade besprochen hat. Er arbeitet zudem für das Polit-Magazin „konkret“ und für das Deutschlandradio. „Kreativität hält mich lebendig“, sagt er. Aber auch die Bewegung. Am liebsten fährt er mit dem Fahrrad durch Hamburg und entdeckt dabei immer wieder Neues. An seinem Geburtstag zieht er etwas größere Kreise – bis nach Italien: Dort will er seinen 70. gemeinsam mit Freunden in Mailand feiern. (dpa/mel)