Von Ulrike Cordes
HAMBURG (BLK) – Die Außerirdischen kann sie ziemlich genau beschreiben: „Die von den Plejaden sind menschenähnlich. Und die vom Orion sind die Grauen - so wie Spielberg sie in seinen in Filmen zeigt.“ Wiederum andere seien unsichtbar. Shirley MacLaine, Hollywood-Legende („Das Apartment“, 1960, „Zeit der Zärtlichkeit“, 1983), früherer Showtanz-Star sowie New-Age-Aktivistin, ist nach Hamburg gekommen, um ihre Autobiografie „Weiser, nicht leiser!“ vorzustellen. In glitzernder Jacke und mit oft schelmischem Bühnenlächeln sitzt die mit Ovationen begrüßte grazile, rotblonde 74- jährige im voll besetzten Kleinen Saal der Laeiszhalle und beantwortet Fragen des überwiegend weiblichen Publikums. Gemäß MacLaines seit langem bekannten Anschauungen geht es dabei ausschließlich um Spirituelles. Ein ähnlicher Termin soll kommenden Dienstag, 16. September, in der Berliner Heilig-Kreuz-Kirche stattfinden.
Über Sternenwesen und Ufos, Körper-Chakren und nahende Zeitenwende, aber auch über geistige Aspekte bei Obama und Bush und die Macht der Medien äußert sich die Bestsellerautorin mit leicht rauer Stimme wortgewandt und lehrhaft, aber auch gern scherzend. Flugs entsteht zwischen dem Star des Abends und den bürgerlich wirkenden Frauen zwischen 25 und 65 Jahren ein intensives, buntes, manchmal chaotisch verlaufendes Gespräch, dem der Moderator und Übersetzer des Abends, Kulturjournalist Tom R. Schulz, seinen freien Lauf lässt. Die Besucherinnen und die wenigen Männer duzen „Shirley“, beziehen sich auf deren früheren Bücher, reden unbefangen von eigenen Sinnfragen und Sinnsuchen. Schwesterlich, locker und doch fast kultig erscheint die Atmosphäre. Der berühmte Gast mit Wohnsitzen in New Mexico und Kalifornien gilt hier spürbar als spirituelle Autorität.
In religiöser Hinsicht wagt sich MacLaine sogleich weit vor: Die Kirchen beispielsweise hätten ausgedient, antwortet die überzeugte Esoterikerin auf die Frage, ob Gott in uns oder außerhalb von uns sei. Jeder solle sich besser auf das eigene Innenleben konzentrieren, um den Sinn des Lebens zu verstehen, meint sie und formuliert das große Thema dann betont flapsig: „Ich nenne den inneren Gott das höhere Selbst. Hebt eine Hand, wenn Ihr wisst, wovon ich spreche. Nächste Frage!“ Die wahren Verhinderer tieferer Erkenntnis macht die populäre Künstlerin allerdings nicht in Christentum, Judentum oder Islam aus, sondern in den Medien, die angemessene Berichterstattung über Spiritualität unterdrückten: „Dahinter stehen die Interessen von Regierungen. Die wollen, dass die Bevölkerung weiterhin in Angst lebt, damit man sie besser manipulieren kann“, verkündet MacLaine kühn. „Es ist an der Zeit, mit der Angst aufzuhören.“
Dafür empfiehlt die Amerikanerin etwa das Singen von Tonleitern, Beschäftigung mit den Energiezentren im Körper und vor allem Freundlichkeit zu allen Leuten – „auch zu denen, die man zunächst nicht leiden kann“. Ferner sei eine allgemeine Diskussion über diese Themen wichtig: „Mischen Sie sich ein, schreiben Sie Angela Merkel – die ist schließlich Physikerin und wird wissen, worum es geht“, ruft MacLaine ihrem Publikum zu. Nur so sei die Welt überhaupt noch retten. Alten astrologischen Prophezeiungen zufolge, etwa der Maya und von Nostradamus, bilde das Jahr 2012 eine Energieschwelle, auf die man sich meditativ vorbereiten müsse.
Als geschickt vorgetragene Mischung aus Esoterik und psychologischen Allgemeinplätzen, gesellschaftlichem Engagement und gewöhnungsbedürftigen Thesen wie denen von den Sternenwesen, die Menschen entführten und ihnen DNS-verändernde Chips einpflanzten, stellen sich die Botschaften der spürbar belesenen und weit gereisten MacLaine auf den Außenstehenden dar. Das Hinterfragen ihrer Vorstellungen schätzt sie allerdings nicht sehr: „Skepsis ist Ausdruck von Angst“, entgegnet sie in Hamburg den wenigen, die nur ansatzweise Kritisches äußern. Inhaltlich blockt MacLaine im Laufe der zwei Stunden immer wieder ab, um konkrete Einblicke in ihre ganz private Seele zu verhindern. Stattdessen erinnert sie ihr Publikum an eine weitere Grundweisheit: „Wer sich mit Esoterik beschäftigt, sollte auch Humor zeigen. Sonst kriegt man ’ne Meise.“
Literaturangaben:
MACLAINE, SHIRLEY: Weiser, nicht leiser! Der Weg zum neuen Menschsein. Übersetzt aus dem Amerikanischen von Nina Arrowsmith. Allegria, Berlin 2008. 288 S., 19,90 €.
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