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„Sitting Küchenbull“

Gepfefferte Erinnerungen eines Kochs

© Die Berliner Literaturkritik, 26.01.10

Von Thomas Maier

Vincent Klink, leidenschaftlicher und eigenwilliger Spitzenkoch, ist nicht nur ein Mann von mächtiger Statur. Er ist auch ein wortgewaltiger Kämpfer gegen die industrialisierte Fertigküche und zeitgeistigem Firlefanz auf dem Teller - unter dem Namen „Häuptling Eigener Herd“ hält sich der TV- Koch seine Zeitschrift zur Förderung einer bodenständisch-regionalen Esskultur. Unter dem Titel „Sitting Küchenbull“ hat Klink im Rowohlt Verlag nun seine Erinnerungen herausgebracht. Die Erwartungen an die Autobiografie des literarisch versierten Sternekochs sind hoch. Doch sie werden nur zum Teil erfüllt.

Der „Häuptling“ (Wahlspruch: „Am Herd immer - in die Herde nie“) beginnt furios mit der Schilderungen seines Elternhauses. Klinks Vater - ein Tierarzt - fährt über die schwäbischen Dörfer und wird als Entgelt von den Bäuerinnen mit guter Wurst belohnt. Das hat den kleinen Vincent zutiefst beeindruckt und seine Liebe zur Hausmannskost gestärkt. Zum Erweckungserlebnis für den Jungen wird die in den 1960er Jahren noch recht übliche Hausschlachtung, bei der Oma und Opa eifrig die Metzelsuppe im Kupferkessel rühren.

Die schwäbische Esskultur der Familie Klink bereichert schließlich ein österreichisches Dienstmädchen aus Wien. Dass aber aus dem in der Schule schwächelnden Vincent nach einem Internatsaufenthalt ein Koch wird, ist dem Vater zu verdanken. Dieser, den leiblichen Genüssen sehr zugetan, verschafft dem Filius eine Lehrstelle bei einem Koch-Spezi.

Über diverse Stationen im Badischen und in München wird aus Vincent ein angesehener Koch, der dann in seiner Heimatstadt Schwäbisch Gmünd sein eigenes Restaurant eröffnet. Klink hat die Beschreibung seines Lebenswegs mit zahlreichen Anekdoten gewürzt - und er tut dies mit Humor. Dabei kann er durchaus derb und deftig sein, wie ein ausgewachsener „Küchenbulle“ eben so ist.

Das Buch verliert sich aber zusehends im Nebensächlichen, bis es plötzlich auf Seite 220 abrupt abbricht. Dabei ist der Leser da erst im Jahr 1991 angelangt, als Klink sein Restaurant auf der Stuttgarter „Wielandshöhe“ eröffnet und seine Karriere erst richtig beginnt. Als kritischer Genießer versuche er über den Topfrand und Einheitsbrei hinauszublicken, sind die letzten Worte des „Sitting Küchenbull“.

Ein in der Fast-Food-Kultur letztlich wohl aussichtsloser Kampf - ähnlich wie der, den einst der stolze Sioux-Häuptling Sitting Bull gegen die amerikanischen Truppen geführt hat. Genau darüber hätte man vom philosophierenden Großkoch, der als der Intellektuelle unter Deutschlands Fernsehköchen gilt, gerne mehr erfahren. Aber das Buch hört da auf, wo es richtig interessant wird. Vielleicht plant der Verlag ja einen zweiten Band. Dann bitte darauf warten.

 

Literaturangabe:

KLINK, VINCENT: Sitting Küchenbull. Gepfefferte Erinnerungen eines Kochs. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg 2009, 224 S., 19,90 €.

Weblink:

Rowohlt Verlag


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