MÜNCHEN (BLK) – 2008 erschien „Cool it!“, der skeptische Beitrag zum Klimawandel des Politikwissenschaftlers Bjørn Lomborg, bei der Deutschen Verlags-Anstalt.
Klappentext: „Do good” statt „Feel good”!
Alle reden davon, dass wir die Erderwärmung bekämpfen müssen. Doch mit der grassierenden Klima-Hysterie schaden wir uns nur selbst, warnt Bjørn Lomborg. Anstatt Milliarden in den Klimaschutz zu pumpen, sollten wir uns genau überlegen, welche Probleme sich zum Wohl der Menschheit tatsächlich lösen lassen.
Bjørn Lomborg, ehemaliges Greenpeace-Mitglied, leugnet weder den Klimawandel noch die Tatsache, dass wir ihn selbst verursacht haben. Doch selbst mit einer schnellen und drastischen Reduzierung des CO2-Ausstoßes würden wir die Folgen der Erderwärmung nur um einige Jahre hinauszögern können. Vielen Menschen, vor allem in den Entwicklungsländern, wäre damit jedoch nur wenig geholfen. Lomborg plädiert dafür, das Geld, das zurzeit in den Klimaschutz wandert, effektiver zu investieren: etwa in die Bekämpfung von Epidemien oder in den Hochwasserschutz. Vor allem sollten wir uns darauf besinnen, dass unser oberstes Ziel nicht die Verringerung von Treibhausgasen ist, sondern die Verbesserung der Lebensbedingungen möglichst vieler Menschen. „Do good“ statt „Feel good“!, lautet Lomborgs Appell in seiner scharfsinnigen Streitschrift, die vielen Klima-Apokalyptikern nicht gefallen wird.
Der eloquente und streitbare Autor zählt laut „Time Magazine“ zu den 100 einflussreichsten Menschen der Welt
Eine intelligente Provokation, die lieb gewonnene Gewissheiten in Frage stellt und intensive Debatten nach sich ziehen wird
Bjørn Lomborg, geboren 1965, lehrt an der Copenhagen Business School und ist Direktor des Copenhagen Consensus Center. 2001 wurde er vom World Economic Forum zum „Global Leader for Tomorrow“ ernannt. Der Autor des Bestsellers „The Skeptical Environmentalist“ zählt weltweit zu den einflussreichsten Politikwissenschaftlern. (vol/wip)
Leseprobe:
© Deutsche Verlags-Anstalt ©
Vorwort
Die globale Erwärmung ist in jüngster Zeit als größte Krise in der Geschichte der menschlichen Zivilisation bezeichnet worden. Während ich dies schreibe, erobern entsprechende Artikel die Titelseiten von Time und Newsweek und dominieren die Nachrichten in aller Welt. Angesichts dieses Ausmaßes an ungebremster Verzweiflung mag es vielleicht überraschend -und vielen Menschen sogar unangemessen – erscheinen, wenn jemand ein Buch schreibt, das mit Blick auf die grundsätzlichen Zukunftsfragen der Menschheit einen optimistischen Grundton anschlägt.
Es steht außer Frage, dass die Menschheit in den vergangenen Jahrhunderten für eine erhebliche Zunahme des Kohlendioxidanteils in der Erdatmosphäre gesorgt und zu einer weltweiten Klimaerwärmung beigetragen hat. Fragwürdig dagegen ist, dass die einzig mögliche Antwort auf dieses Problem in Hysterie und überhasteten, überzogenen und zu einem nie gekannten Preis erkauften CO2-Einsparprogrammen zu bestehen scheint. In einer Welt, in der Milliarden von Menschen in Armut leben, in der Millionen an eigentlich heilbaren Krankheiten sterben und in der diese Leben gerettet, das gesellschaftliche Zusammenleben gefestigt und die Umweltbedingungen verbessert werden könnten – und zwar zu einem Bruchteil der Kosten -, ist ein solches Vorgehen besonders bedenklich.
Die Erwärmung der Erde ist ein komplexer Sachverhalt. Niemand – weder Al Gore noch die führenden Wissenschaftler der Welt, am allerwenigsten ich selbst – behauptet, alles darüber zu wissen und alle Lösungen zu kennen. Aber wir müssen auf der Grundlage der verlässlichsten Daten handeln, die wir von den Natur- und Sozialwissenschaften bekommen können. Der Titel dieses Buches steht für zweierlei: Die erste und auch naheliegende Bedeutung ist, dass wir unser Wissen und unsere Ressourcen auf die wirksamste Weise einsetzen müssen, um das Problem der globalen Erwärmung langfristig in den Griff zu bekommen. Die zweite Bedeutung bezieht sich auf den derzeitigen Stil der Diskussion. Gegenwärtig wird jeder, der sich nicht für die radikalsten Lösungen des Problems der globalen Erwärmung einsetzt, wie ein Aussätziger behandelt, als verantwortungslos bezeichnet und für eine potenzielle Marionette der Erdöllobby gehalten. Ich behaupte dagegen, dass dieser Stil nicht die besten Rahmenbedingungen für eine Debatte über ein so schwerwiegendes Problem bietet. Ich glaube außerdem, dass die meisten Debattenteilnehmer gute und ehrbare Absichten hegen. Wir alle wollen uns für eine bessere Welt einsetzen. Wenn wir dieses Ziel erreichen wollen, brauchen wir im Ringen um die besten Lösungsmöglichkeiten allerdings eine gemäßigtere Sprache. Schon in der Vergangenheit haben wir stets gut daran getan, besonnen über die Fragen der Zukunft nachzudenken. Wohldurchdachte Argumente bei der Arbeit an unserer Zukunft waren der Grund für unsere Erfolge in der Vergangenheit. Von dieser Besonnenheit sollten wir auch heute Gebrauch machen.
Wenn es uns gelingt, gelassen zu bleiben, wird unsere Gesellschaft am Ende des 21. Jahrhunderts wahrscheinlich weniger von Tod, Unglück und Elend geprägt und dafür gefestigter sein. Den Menschen wird mehr Wohlstand zuteil werden, sie werden bisher ungekannte Lebenschancen geboten bekommen, und dies in einer sauberen und gesunden Umwelt.
Eisbären: Die heutigen Nachfahren der Kanarienvögel im Kohlenbergwerk?
Unzählige Politiker verkünden, dass sich die globale Erwärmung zum wichtigsten Problem unseres Zeitalters entwickelt hat. Die Europäische Union bezeichnet sie als „eines der bedrohlichsten Probleme, mit denen wir es gegenwärtig zu tun haben“. Der ehemalige britische Premierminister Blair empfindet sie als „wichtigstes Problem“. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat dem Klimawandel sowohl bei den Verhandlungen der G8-Staaten als auch im Rahmen der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2007 höchste Priorität eingeräumt, und der italienische Ministerpräsident Romano Prodi hält den Klimawandel gar für eine echte Bedrohung des Weltfriedens. Bewerber für das Amt des US-Präsidenten, vom Republikaner John McCain bis hin zur Demokratin Hillary Clinton, legen in dieser Frage tiefe Besorgnis an den Tag. Verschiedene Koalitionen von US-Bundesstaaten haben regionale Initiativen ins Leben gerufen, die sich mit dem Klimawandel beschäftigen, und Arnold Schwarzenegger, der republikanische Gouverneur Kaliforniens, hat daran mitgewirkt, dass ein Gesetz verabschiedet wurde, demzufolge die globale Erwärmung im Staat Kalifornien höchste Priorität erhielt. Und natürlich hat Al Gore diese Botschaft in seinen Vorträgen wie auch in dem mit einem Oscar ausgezeichneten Film Eine unbequeme Wahrheit mit großem Nachdruck verkündet. Bei einem Hearing des US-Kongresses zum Klimawandel beobachtete ich im März 2007, während ich selbst noch wartete, bis die Zeit für meine Stellungnahme kam, wie Al Gore seine Thesen vor Politikern vortrug. Mir wurde dabei klar, dass er sich um die Zukunft des Planeten ernstlich große Sorgen macht. Und mit diesen Sorgen ist er nicht allein. Unmengen von Büchern warnen uns, dass wir einen „Siedepunkt“ erreicht haben und einen „Klimakollaps“ erleiden werden. Eines dieser Bücher behauptet sogar, dass wir die „letzte Generation“ sein werden, weil „die Natur sich für den Klimawandel rächen wird“. Experten, die einander zu übertreffen suchen, sprechen sogar davon, dass wir in nur vierzig Jahren in mittelalterliche Verhältnisse zurückfallen und einen Zusammenbruch unserer Gesellschaft erleiden würden, wenn wir unseren Lebensstil nicht massiv und mit drakonischen Maßnahmen verändern.
Die Medien decken uns dementsprechend mit immer noch dramatischer klingenden Geschichten über unser sich stetig verschlimmerndes Klima ein. Die Zeitschrift Time veröffentlichte 2006 einen Sonderbericht über die globale Erwärmung und hämmerte dabei dem Leser schon auf dem Titelbild die furchterregende Botschaft mit repetitiver Strenge ein: „Seien Sie besorgt. Seien Sie sehr besorgt.“ In dem Artikel wurde behauptet, dass das Klima zusammenbreche und dass dies die Menschen sowohl global betreffe (durch das hierdurch ausgelöste Chaos in der Biosphäre) als auch individuell (durch gesundheitliche Folgen wie Hitzschläge, Asthma und ansteckende Krankheiten). Das herzzerreißende Titelbild zeigte einen einsamen Eisbären, der auf einer schmelzenden Eisscholle dahintreibt und vergeblich nach dem nächsten Stück Eis Ausschau hält, das ihm Halt bieten könnte. Time prognostizierte, dass die Eisbären wegen der globalen Erwärmung „nach und nach ertrinken“ und irgendwann einmal aussterben würden.
Übers Eis dahintrottende Eisbären sind wunderschön anzusehen. In Grönland, das staatsrechtlich gesehen zu meinem Heimatland Dänemark gehört, gelten sie als Symbol des Stolzes. Der Verlust dieses Tieres wäre eine Tragödie. Aber die wahre Geschichte des Eisbären ist lehrreich. Auf vielerlei Art schließt sie das umfassendere Problem, das sich mit den Sorgen um den Klimawandel verbindet, mit ein: Sobald man einen kritischen Blick auf die Zahlen und Fakten wirft, fällt die ganze Geschichte in sich zusammen.
Al Gore zeichnet ein ähnliches Bild wie Time und berichtet: „Laut einer neueren wissenschaftlichen Studie sind in jüngster Zeit zahlreiche Eisbären durch Ertrinken ums Leben gekommen. Solche Fälle waren in der Vergangenheit sehr selten.“ Der World Wildlife Fund warnt allen Ernstes davor, dass die Eisbären bis zum Jahr 2012 die Fortpflanzung einstellen und auf diese Weise innerhalb von weniger als einem Jahrzehnt funktionell aussterben könnten. In der markigen WWF-Erklärung heißt es: „Eisbären werden ein abgeschlossenes Kapitel der Naturgeschichte sein, eine Tierart, die unseren Enkelkindern nur noch in Büchern begegnet.“ Die britische Tageszeitung Independent vermerkt, dass der Temperaturanstieg es „mit sich bringt, dass Eisbären in ihrer arktischen Heimat ausgelöscht werden. Man kann sie dann nur noch im Zoo besichtigen“.
Dieses Szenario wurde in den letzten paar Jahren häufig heraufbeschworen. Als Grundlage diente zunächst ein Bericht des World Wildlife Fund aus dem Jahr 2002, später dann der Bericht zur Klimaänderung in den Polargebieten (Arctic Climate Impact Assessment). Beide Berichte stützten sich weitgehend auf die 2001 veröffentlichten Forschungsergebnisse der Expertengruppe für Eisbären der Weltnaturschutzunion (World Conservation Union, IUCN).
In Wirklichkeit stellte diese Expertengruppe aber Folgendes fest: Nur eine oder zwei der zwanzig unterscheidbaren Unterpopulationen von Eisbären sind zurückgegangen. Die Heimat dieser beiden war die Baffin Bay; über die Hälfte der anderen Populationen war stabil, und zwei Unterpopulationen an der Beaufort-See verzeichneten sogar einen Zuwachs. Außerdem wird berichtet, dass die weltweite Eisbärenpopulation aufgrund strengerer Jagdbestimmungen im Lauf der vergangenen Jahrzehnte beträchtlich zugenommen habe: Zählte man in den sechziger Jahren etwa 5000 Exemplare dieser Art, so sind es heute rund 25 000. Die beiden kleiner werdenden Populationen leben, entgegen allen Erwartungen – dieser Zusammenhang wurde übrigens in keinem der jüngeren Berichte in Betracht gezogen –, in Gebieten, in denen es in den vergangenen fünfzig Jahren kälter geworden ist, während die beiden zunehmenden Populationen in Gebieten beheimatet sind, in denen es wärmer wird. Al Gores Bemerkung über ertrinkende Bären suggeriert eine fortdauernde, stetig eskalierende Entwicklung. In Wirklichkeit wurden ein einziges Mal vier tote Bären entdeckt, und zwar unmittelbar nach einem „plötzlichen Sturm“ in einem der Gebiete, in denen eine der zunehmenden Bärenpopulationen ansässig ist.
[…]
Die Argumentation dieses Buches lässt sich folgendermaßen zusammenfassen:
1. Die globale Erwärmung ist eine Tatsache und von Menschen gemacht. Sie wird gegen Ende dieses Jahrhunderts schwerwiegende Auswirkungen auf Menschen und Umwelt haben.
2. Erklärungen zu den weitreichenden, unheilvollen und unmittelbaren Folgen der globalen Erwärmung sind oft maßlos übertrieben, und es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass sie in eine sinnvolle Politik umgemünzt werden.
3. Wir brauchen einfachere, klügere und wirkungsvollere Lösungen für das Problem der globalen Erwärmung. Für exzessive, wenn auch gut gemeinte Bemühungen besteht dagegen weniger Bedarf. Umfassende und sehr teure Beschränkungen des CO2-Ausstoßes, wie sie jetzt vorgenommen werden, erzielen außerdem auf lange Sicht nur eine eher geringe, unbedeutende Wirkung.
4. Viele andere Probleme sind wesentlich wichtiger als die globale Erwärmung. Wir müssen die Perspektiven zurechtrücken. Auf dieser Welt gibt es viele drängende Probleme, zum Beispiel Hunger, Armut und Krankheiten. Wenn wir uns dieser Probleme annehmen, können wir mehr Menschen bei geringeren Kosten und mit sehr viel höheren Erfolgsaussichten helfen, als wenn wir eine drastische Klimapolitik betreiben, für die Billionen von Dollars ausgegeben werden.
Über diese vier Punkte werden sich bestimmt viele Gemüter erhitzen. Wir haben uns so sehr an das gewöhnt, was uns überall gepredigt wird: Der Klimawandel ist nicht nur eine Tatsache, sondern wird zu unvorstellbaren Katastrophen führen, und dagegen anzugehen ist nicht nur billig, sondern auch moralisch richtig. Es ist möglicherweise verständlich, davon auszugehen, dass jeder Mensch, der diese Denkweise infrage stellt, böse Absichten hegen muss. Ich dagegen glaube - mit den allerbesten Absichten -, dass es notwendig ist, unsere Denkweise zumindest auf den Prüfstand zu stellen, bevor wir die größten öffentlichen Ausgaben in der Geschichte der Menschheit beschließen.
Wir müssen uns wieder darauf besinnen, dass unser eigentliches Ziel nicht die Verringerung von Treibhausgasen oder der globalen Erwärmung, sondern die Verbesserung der Lebensqualität und der Umweltbedingungen ist. Wir alle wollen unseren Kindern die Erde in einem guten Zustand hinterlassen. Die radikale Verringerung des Ausstoßes von Treibhausgasen ist nicht unbedingt die beste Methode, um dieses Ziel zu erreichen. Bei Durchsicht der verfügbaren Daten werden wir erkennen, dass dies in Wirklichkeit sogar eine der am wenigsten hilfreichen Vorgehensweisen ist, der Menschheit oder der Umwelt zu dienen.
Ich hoffe, dass dieses Buch dazu beitragen kann, die globale Erwärmung besser zu verstehen, klügere Lösungsstrategien zu entwickeln und den Blick für die wirksamsten Methoden wiederzugewinnen, mit denen sich der Zustand der Welt verbessern lässt - ein Ziel, das wir letztlich alle gemeinsam anstreben.
© Deutsche Verlags-Anstalt ©
Literaturangaben:
LOMBORG, BJØRN: Cool it! Warum wir trotz Klimawandels einen kühlen Kopf bewahren sollten. Übersetzt aus dem Englischen von Werner Roller. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2008. 272 S., 16,95 €.
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